07.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 103 / Tagesordnungspunkt 11

Waltraud WolffSPD - Richtlinie des Europäischen Parlament

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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst ein Dankeschön an die Rechtspolitiker meiner Fraktion dafür, dass ich als Sozialpolitikerin zu diesem Thema reden darf. Die Mitbestimmung ist ja in weiten Teilen damit befasst.

Nach deutschem Recht ist es so, dass Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten einen Aufsichtsrat bilden müssen; darin müssen ein Drittel Arbeitnehmervertreter sein. Damit stellen wir in Deutschland Mitbestimmung sicher. Bei Betrieben mit über 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss der Aufsichtsrat pari-pari besetzt sein, also zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern.

Aber immer mehr Unternehmen entziehen sich dieser Verpflichtung, indem sie ausländische Rechtsformen nutzen. Inzwischen sind in Deutschland circa 200 000 Beschäftigte davon betroffen. Absolut gesehen mag das ein kleiner Teil sein; aber die Zahl wird immer größer. Sie könnte auch noch deutlich ansteigen, nämlich wenn die Einpersonengesellschaften so kommen, wie in der EU-Richtlinie vorgeschlagen.

Wir sind gegen Scheinfirmen, wir sind gegen Briefkastenfirmen, aber wollen auf europäischer Ebene einer solchen Richtlinie zustimmen? Ich glaube, die heutige Debatte hat gezeigt: Wir alle wollen das nicht.

Die Kommission will diesen Gesellschaften unbeschränkt die Möglichkeit geben, Satzungs- und Verwaltungssitz auf verschiedene Mitgliedstaaten aufzuspalten. Also: Ich nehme 1 Euro Einlage, melde im Internet meine Firma an und wähle meinen Sitz in einem Mitgliedstaat, dessen Wirtschafts- und Sozialsystem die geringsten Anforderungen stellt, Mitbestimmung inbegriffen. Meine Damen und Herren, das wollen wir nicht!

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb stärken wir der Bundesregierung den Rücken. Als Parlament sagen wir, dass diese Richtlinie nur zustimmungswürdig ist, wenn in weiteren Verhandlungen das Verbot der Sitzaufspaltung erreicht wird. Das ist auch in diesem Haus Konsens.

Ich erwarte noch etwas mehr von der Bundesregierung. Ich erwarte, dass sie in den Verhandlungen auch andere Länder davon überzeugt, zu dieser Richtlinie Nein zu sagen; denn jetzt ist es noch möglich, nach altem Recht abzustimmen und eine sogenannte Sperrminorität zu erreichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen keine mitbestimmungsfreien Zonen für Unternehmen mit ausländischer Rechtsform. Ich sage das so deutlich, weil Mitbestimmung in unserem Land ein sehr hohes Gut ist. Das wollen wir nicht preisgeben.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5040539
Wahlperiode 18
Sitzung 103
Tagesordnungspunkt Richtlinie des Europäischen Parlament
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