08.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 104 / Tagesordnungspunkt 18

Ute Finckh-KrämerSPD - Deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010/2013

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf den Tribünen! Ich möchte auf das historische Datum zurückkommen, an dem wir heute über humanitäre Hilfe diskutieren; denn vor 70 Jahren war Europa in großen Teilen zerstört, und nicht zuletzt Deutschland war dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Diese humanitäre Hilfe wurde nach vier humanitären Prinzipien geleistet, die erst später schriftlich fixiert wurden: Menschlichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit.

Wir als Deutsche haben Glück gehabt, dass diese Prinzipien damals schon angewandt wurden, weil nach dem, was von deutschem Boden damals ausgegangen war, sonst nicht viel humanitäre Hilfe in Deutschland angekommen wäre.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU])

Humanitäre Hilfe stand noch nie derart im Zentrum von öffentlichen Debatten wie aktuell. Auch die Bedeutung in der deutschen Politik ist, parallel zum Bedarf, merklich gestiegen. Aber das, was öffentlich sichtbar wird, ist nur die Spitze des Eisbergs. Das meiste, was im Bereich der humanitären Hilfe geleistet wird, geschieht hinter den Kulissen: Ausbildung, Training, Vorbereitung, Strategieentwicklung, Koordination und Planung.

Wir haben inzwischen eine hohe Professionalität der Helferinnen und Helfer. Das ist schon deswegen nötig, weil hier viel falsch gemacht werden kann. Die intensive und konstruktive Zusammenarbeit des Auswärtigen Amtes mit staatlichen und nichtstaatlichen Hilfsorganisationen hat sich in den letzten Jahren entwickelt. Beispielhaft dafür steht der international einmalige Koordinierungskreis für humanitäre Hilfe, zu dem das Auswärtige Amt regelmäßig einlädt und der staatliche und nichtstaatliche Expertinnen und Experten zusammenbringt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer, lieber Tom Koenigs, gelegentlich an diesem Arbeitskreis teilnimmt, spürt, wie gut, zumindest auf der Arbeitsebene, die Zusammenarbeit zwischen BMZ und Auswärtigem Amt funktioniert.

Ich bin auch überzeugt, dass in diesem Arbeitskreis darüber diskutiert wird – es ist damit schon begonnen worden –, wie die Konsequenzen aus der Ebolakrise umgesetzt werden können. Ich persönlich bin mir angesichts dessen, was wir mit der WHO in den letzten Jahren etwa beim Thema Schweinegrippe erlebt haben, noch nicht sicher, ob eine Stärkung der WHO wirklich der richtige Weg wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Humanitäre Hilfe ist eine hochprofessionalisierte zivile Aufgabe, die mit zivilen Kapazitäten fast immer ebenso gut oder besser erfüllt werden kann als mit militärischen Kräften, auch wenn sich – Ausnahmen bestätigen die Regel – gerade zwei Schiffe der Bundesmarine an der Rettung von schiffbrüchigen Flüchtlingen im Mittelmeer beteiligen. Aber wir sind uns hier, glaube ich, alle einig, dass so etwas eine Ausnahme bleiben soll und muss; das steht auch so in der Beschlussempfehlung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die humanitären Prinzipien haben sich also bewährt. Sie müssen gegen kurzfristige innen- oder außenpolitische Interessen verteidigt werden. Das wird – anders als von Inge Höger eben suggeriert – in der Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland ausdrücklich betont – ich zitiere –:

Sie sind notwendig, damit humanitäre Hilfe Konflikte nicht hervorruft oder verschärft, sondern im Idealfall sogar hilft, sie zu deeskalieren. Die humanitären Prinzipien unterscheiden aber auch die humanitäre Hilfe, vor allem die Nothilfe, von der Entwicklungszusammenarbeit, die an politische Bedingungen geknüpft werden kann und darf. Insofern ist es nicht immer möglich, humanitäre Hilfe, Übergangshilfe und Entwicklungszusammenarbeit zusammenzudenken, weil irgendwo der Punkt einsetzt, wo politische Bedingungen gestellt werden können und dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auch den Vorwurf zurückweisen, dass Deutschland in Bezug auf die humanitäre Hilfe in Syrien politische oder strategische Gründe zugrunde gelegt habe,

(Christoph Strässer [SPD]: Unglaublich!)

als es darum ging, wem man helfen will. Deutschland hat zwar Hilfsorganisationen unterstützt – aus den Mitteln des Auswärtigen Amts –, die Zugang zu den Regionen haben, wo die Befreiungsbewegungen tätig sind; aber Deutschland hat über internationale Organisationen, die Zugang zu den von der Regierung kontrollierten Gebieten haben, dort natürlich genauso humanitäre Hilfe geleistet,

(Inge Höger [DIE LINKE]: Sehr spät!)

und das ist auch gut und richtig so.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU] – Christoph Strässer [SPD], an Abgeordnete der LINKEN gewandt: Und da werfen Sie uns vor, dass wir über das Rote Kreuz Assad unterstützen!)

Eine Entschließung soll auf den Bericht aufmerksam machen, sie soll nicht an seine Stelle treten. Deswegen bitte ich um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Ute Finckh-Krämer. – Nächster Redner: Frank Heinrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5044773
Wahlperiode 18
Sitzung 104
Tagesordnungspunkt Deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010/2013
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