Karsten MöringCDU/CSU - Meeresschutz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ende Mai haben wir den Europäischen Tag der Meere, eingeführt im Jahr 2008, Bekanntheitsgrad minimal. Trotzdem macht ein solcher Tag Sinn; denn er dient dazu, uns die entscheidende Bedeutung der Ozeane für unser tägliches Leben in Erinnerung zu rufen und in der Öffentlichkeit stärker ins Bewusstsein zu heben.
Eins ist völlig klar: Der Meeresschutz ist auch für unsere Fraktion, die CDU/CSU, ein wichtiges Anliegen. Wir haben mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und ihrer Umsetzung in nationales Recht schon einen Meilenstein erreicht. Und wenn Herr Hofreiter immer wieder betont, es gehe nicht um Beschlüsse, sondern Umsetzung sei das Thema,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie werden gerade verklagt, weil Sie nicht umsetzen!)
sage ich: Dem stimmen wir auch zu. Ich werde gleich darauf zurückkommen und Ihnen erläutern, was wir dabei alles berücksichtigen müssen. Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie jedenfalls wollen wir einen guten Umweltzustand der europäischen Meere bis 2020 erreichen. Dafür sind eine ganze Reihe verschiedener Schritte notwendig.
In ihren Anträgen allerdings wiederholt die Opposition eigentlich nur Punkte, bei denen die Politik der Bundesregierung bereits Akzente gesetzt hat und die auf dem Weg sind. Die überstürzte Art der Einbringung dieser Anträge – unter Absetzung anderer Punkte, die für diese Woche vorgesehen waren – lässt mich eher vermuten, dass Sie versuchen wollen, im Windschatten des G 7- Gipfels noch schnell ein bisschen mediale Aufmerksamkeit zu erringen und sich als Gralshüter des Meeresschutzes darzustellen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Gegensatz zu Ihnen geht es uns um Inhalte!)
Das sind Sie nicht; denn Ihr Anliegen ist kein anderes als unseres.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wäre es!)
Wir haben im Umweltausschuss am 20. Mai ein Fachgespräch zu diesem Thema. Es wäre sinnvoll gewesen, diese Anträge dort einzubringen. Nun gut; wir werden die Überweisung, wenn wir nachher darüber beschließen, mittragen, um dann im Umweltausschuss intensiver darüber zu diskutieren.
Intakte Weltmeere und Küsten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind von überragender Bedeutung für die ganze Menschheit. Sie sind Lebensraum für zahlreiche Arten von Fischen und anderen Tieren, sie sind Rohstoffquelle, sie sind Erholungsraum für die Menschen, und sie haben eine nicht unerhebliche Bedeutung für das Weltklima. Sie sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt: Der Klimawandel führt zur Erwärmung der Weltmeere. Die Einträge aus der Atmosphäre und aus den Flüssen führen zu Versauerung. Das Problem der Überfischung wurde eben schon angesprochen. Es gibt einen zunehmenden Schiffsverkehr mit seinen Folgewirkungen. Es findet eine immense Verschmutzung der Ozeane statt.
Es gibt aber auch Belastungen, die vom Land her kommen. Die Meere werden durch den Eintrag von Nitrat, Stickstoff und Phosphor, vor allem aus der Landwirtschaft, belastet, aber auch von Pflanzenschutzmittelresten, von Tierarzneimitteln und von Bioziden. Diese Stoffeinträge müssen gesenkt werden. Die in Arbeit befindliche Düngeverordnung wird dazu einen Beitrag leisten. Sie ist zugleich aber auch ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, dass wir die verschiedenen Güter, um die es dabei geht, gegeneinander abwägen; denn die Festlegung von Werten in der Düngeverordnung, welche auch immer das sein mögen, beeinflusst zum Beispiel unsere Landwirtschaft ganz massiv. Trotzdem ist es notwendig.
Die Landwirtschaft ist aber nicht der alleinige Belastungsfaktor vom Land her. Vielmehr haben wir es auch mit dem Eintrag von Chemikalien, vor allen Dingen aber mit Arzneimittelrückständen wie Antibiotika und Ähnlichem zu tun. Auch daran müssen wir arbeiten. Das ist ein extrem schwieriges Themenfeld, wenn es um die konkrete Ausgestaltung geht. Dazu gibt es noch keine Lösungen.
Selbst das, was wir im Offshorebereich zugunsten des Klimas und zugunsten unserer Energiewende machen, nämlich der Bau von Offshorewindanlagen, ist unter dem Gesichtspunkt des Meeresschutzes nicht unproblematisch. Es gibt wieder ein wunderbares Beispiel, das belegt, dass wir es hier mit Zielkonflikten zu tun haben, die wir miteinander austarieren und für die wir Lösungen finden müssen.
Der Bau von Offshorewindanlagen führt zu Lärmbelastungen, vielleicht auch der Betrieb. Wie es sich mit Infraschall verhält, darüber wird diskutiert. Dazu liegen uns noch keine stichhaltigen Erkenntnisse vor. Es sieht bislang so aus, als wäre dieser Schall für die Menschen kein Problem, wohl aber für bestimmte Tierarten. Auch dort müssen wir abwägen, was wir wollen, ob das eine oder das andere bzw., wenn beides, in welcher Kombination. Sicher ist, dass wir solche Anlagen nur bauen dürfen, wenn sie der Seeanlagenverordnung entsprechen; diese legt ja fest, dass die Meeresumwelt nicht gefährdet werden darf. Was das konkret heißt und welche Belastungen, die von solchen Anlagen ausgehen, wir akzeptieren, ist diskussionswürdig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Abfallpolitik der Bundesregierung leistet schon erhebliche Beiträge zur Reduzierung der landseitigen Meeresverschmutzung. Herr Hofreiter hat eben das Stichwort „Plastikmüll“ erwähnt. Der Plastiktütenverbrauch in Deutschland liegt weit unter dem europäischen Durchschnitt. Was die Verwendung von mehrfach nutzbaren Plastiktüten angeht, liegen wir weit über dem Durchschnitt in Europa. Das kann man sicherlich verstärken. Aber dass hier sozusagen der schlechteste Teil der Welt liegt, trifft nun wirklich nicht zu. Das Forschungsministerium hat im Februar 2015 mit zehn EU-Staaten ein Forschungsprogramm zum Thema Mikroplastik aufgelegt. Aus den dort gewonnenen Erkenntnissen haben wir dann Konsequenzen zu ziehen, was wir tun können, um die Müllbelastung aus diesem Bereich zu reduzieren.
Die Bekämpfung der Meeresvermüllung findet auch auf regionaler Ebene statt. Wir haben seit 2014 einen regionalen Aktionsplan. Hier haben sich die Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee zusammengeschlossen, um dafür zu sorgen, dass deutlich weniger Abfall in diese Meeresbereiche gebracht wird, und zum Teil sogar Müll aus den Meeren, soweit es technisch und mit vertretbarem Aufwand möglich ist, zu entfernen. Die Zahlen sind ja erschreckend. Jährlich gibt es 6,4 Millionen Tonnen neue Plastikabfälle im Meer. Wenn man das umrechnet, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass 13 000 Plastikmüllteile auf einen Quadratkilometer entfallen. Da diese Teile in der Tat zerfallen, nimmt ihre Zahl schon alleine deswegen ständig zu.
Wir müssen uns aber davor hüten, einseitig bestimmte Bereiche zu Sündenböcken zu machen, die Schifffahrt beispielsweise. Wir dürfen sie nicht so belasten, dass es zu Verlagerungen auf andere Verkehrsträger, also wieder auf Landverkehr, kommt. Wir dürfen auch Auflagen nicht so konstruieren, dass beispielsweise die illegale Entsorgung von Müll auf den Weltmeeren wieder zur billigeren Lösung wird. Gerade das wollen wir verhindern. Die Entsorgung soll ja an Land passieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
80 Prozent des Mülls im Meer kommen vom Land her. 80 Prozent! In diesem Bereich haben wir durchaus nationalen Handlungsbedarf, auch wenn wir in Deutschland hier einiges erreicht haben.
Ich komme zum Schluss auf ein Beispiel zu sprechen, das ein wenig verdeutlichen kann, warum es für uns auch auf nationaler Ebene wichtig ist, dass wir unsere eigenen Küsten schützen: Das müssen wir für Flora und Fauna genauso wie für den wichtigen Wirtschaftszweig Tourismus tun.
Herr Hofreiter, Sie sagen, die Küsten, wo keine Menschen sind, sind vermüllt, die Küsten, wo Menschen sind, nicht. Gut, die Tourismusindustrie sorgt dafür, dass der Teil, der von Menschen aufgesucht wird, sauber ist. Das ist nachvollziehbar. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die anderen Teile sauber werden. Darin stimmen wir völlig überein.
Ich bin daher der Bundeskanzlerin außerordentlich dankbar, dass sie dieses Thema zu einem Schwerpunkt der G 7-Gespräche macht. Der Schutz der Ozeane und die drastisch zunehmende Vermüllung der Weltmeere sollen in den Blick genommen werden, insbesondere was den Plastikmüll angeht. Sie haben gerade gesagt, uns helfen keine Appelle oder schönen Worte. Das ist zutreffend. Was aber auf dem G 7-Gipfel besprochen wird, wird nicht in den blauen Dunst hinein gesprochen, sondern es führt in der Nachbearbeitung zu Maßnahmen. Vor allen Dingen – das ist ganz wichtig – macht es keinen Sinn, nur mit kleinen Maßnahmen auf nationaler Ebene zu arbeiten; allein kleinräumig betrachtet sind sie sinnvoll. Wir bekommen dieses Thema nur dann in Griff, wenn wir es in seiner globalen Dimension begreifen.
Deswegen, liebe Vertreterinnen und Vertreter der Opposition: Unterstützen Sie die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung bei diesem Vorhaben. Vielleicht wirken Sie auf den einen oder anderen ein, sich etwas weniger in G 7-Protestcamps in den bayerischen Bergen zu engagieren, aber mehr in den zuständigen Ausschüssen oder bei der Bildung der öffentlichen Meinung. Vielleicht trägt jeder in dem Bereich, auf den er Zugriff hat, seinen Teil dazu bei.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Ziel der deutschen Meeresschutzpolitik ist ein auf dem Ökosystemansatz beruhendes, umfassendes und integriertes Management aller Aktivitäten, um einen guten Zustand zu erreichen. Dafür brauchen wir ein Zusammenwirken aller Politikbereiche.
Ich will abschließen mit einem kurzen Blick auf die Situation des Rheines im Bereich meiner Heimatstadt Köln.
Aber wirklich nur kurz.
Danke, ich mache es sehr schnell. – Im letzten Jahr hat das Fangen eines Fisches Aufsehen erregt: eines Maifisches. Ein Maifisch ist ein Fisch, der zwar im Rhein geboren wird, dann aber auswandert und bis zur Geschlechtsreife im Meer bleibt, dann zurückkommt und Eier ablegt. Das Besondere war, dass wir erstmals einen solchen Fisch gefangen haben, der nicht im Rhein ausgesetzt wurde, sondern der diesen vollständigen Zyklus durchlaufen hat. Das zeigt – zusammen mit der Feststellung, dass wir inzwischen wieder um die 50 verschiedene Fischarten im Rhein haben –, dass wir mit nationalen Maßnahmen bei der Reinhaltung von Flüssen einiges erreichen können. Das sollten wir auch beibehalten.
All denjenigen, die dazu beigetragen haben – das sind auch viele Ehrenamtler –, sollten wir dafür besonders dankbar sein. Sie behalten das Ziel einer guten Wasserqualität im Blick und arbeiten dafür – jeder an seinem Platz –, dass es da auch in Zukunft weiterhin Erfolge gibt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen: Wenn man die Redezeit zu weit überzieht, geht das in der Regel zulasten der nachfolgenden Redner und Rednerinnen. Das machen wir jetzt nicht. Dies ist ein Hinweis für alle, die danach zu Wort kommen, im Zeitrahmen zu bleiben.
Nächster Redner für die Fraktion die Linke ist der Kollege Hubertus Zdebel.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5044928 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 104 |
Tagesordnungspunkt | Meeresschutz |