Thomas GebhartCDU/CSU - Meeresschutz
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In unseren Meeren schwimmen mehr als 100 Millionen Tonnen Müll. Jahr für Jahr kommen alleine 13 Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen dazu. Im Nordpazifik treibt ein Müllteppich, der so groß ist wie Deutschland und Frankreich zusammen. Wir können und dürfen es nicht zulassen, dass unsere Meere zu einer gigantischen Mülldeponie werden und verkommen. Es ist unsere Aufgabe, die Meere zu schützen. Das ist auch für uns Christdemokraten ein Kernanliegen. Es geht um elementare Lebensgrundlagen, die wir schützen wollen, die wir bewahren wollen, auch für nachfolgende Generationen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Meere zu schützen, ist eine Aufgabe, die nicht ein Land allein, sondern nur alle Länder zusammen erreichen können. Alle müssen ihren Beitrag leisten. Deswegen gehört dieses Thema auf die Tagesordnung der internationalen Politik. Genau dafür hat unsere Bundesregierung gesorgt. Meeresschutz ist ein Schwerpunktthema der G 7-Präsidentschaft. Es soll einen Aktionsplan gegen Meeresvermüllung geben. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich in all ihren Anstrengungen, und wir wünschen unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel viel Erfolg dabei.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, was ist zu tun? Zunächst einmal müssen alle ihren Beitrag in der Art und Weise leisten, dass es funktionierende Abfallwirtschaftssysteme gibt. Deutschland gilt in diesem Bereich international als Vorreiter. Wir haben in der Tat eine funktionierende Abfall- und Kreislaufwirtschaft, eine moderne Kreislaufwirtschaft. Aber auch wir wissen: Wir haben noch Potenziale. Wir können besser werden. Deswegen wollen wir uns weiterentwickeln. Wir wollen, dass in Zukunft noch mehr als heute gilt: Wir machen aus Abfällen wertvolle Rohstoffe. Wir wollen und wir werden die Kreisläufe in Zukunft noch besser schließen, als wir das heute tun.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir setzen dabei vor allem auf ein Prinzip, das wir stärken wollen, nämlich das Prinzip der Produktverantwortung. Was heißt Produktverantwortung? Es war Klaus Töpfer, der damals die Verpackungsverordnung eingeführt hat, in der festgelegt ist, dass jeder, der in Deutschland eine Verpackung an den Markt bringt, dazu verpflichtet ist, diese hinterher zurückzunehmen und nach bestimmten Quoten wiederzuverwerten.
Unternehmen übernehmen Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus eines Produkts. Sie übernehmen auch nach der Nutzungsphase einer Verpackung bzw. eines Produkts Verantwortung. Es entstehen Anreize, Produkte von Anfang an so zu gestalten, dass Abfälle möglichst vermieden werden oder dass sie einfach und günstig zu recyceln sind. Es entstehen Anreize zur Innovation. Es ist ein zutiefst marktwirtschaftliches Prinzip, weil nämlich die Entsorgungskosten Teil des Preises werden und damit Teil des Wettbewerbs. Dieses Prinzip wollen wir ausdehnen, auch über Verpackungen hinaus, auf Erzeugnisse aus Kunststoffen und Metallen. Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass die Grünen in ihrem Antrag diesen Punkt der Union übernommen haben.
Im Zusammenhang mit der Meeresverschmutzung wird viel über die sogenannten Mikrokunststoffe gesprochen. Worum geht es? Es sind feste, kleine Kunststoffpartikel, und es ist uns allen klar: Kunststoffe gehören nicht in das Meer. Wir müssen aber auch feststellen: Es gibt erheblichen Forschungsbedarf. Deswegen ist es gut, dass einige Aktivitäten laufen, und es ist wichtig, dass jetzt unsere Bundesforschungsministerin Johanna Wanka ein europaweites Forschungsprojekt initiiert hat. Es geht darum, mehr Daten zu gewinnen, mehr über die Wirkungsweisen zu erfahren. Das ist der richtige Weg; denn zur Wahrheit gehört: Es gibt Wissenslücken, es gibt Forschungsbedarf, und es ist nicht so, wie die Grünen und die Linken manchmal den Anschein erwecken, als wüssten wir bereits alles.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Woher kommen diese Mikrokunststoffe? Es gibt im Grunde zwei Quellen. Die erste Quelle – das ist der weitaus größere Teil – sind Abfälle, die unsachgemäß entsorgt werden und dann über Umwege im Meer landen. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, braucht es funktionierende Abfallwirtschaftssysteme in allen Ländern; darüber haben wir gesprochen. Der weitaus kleinere Teil sind kleine Kunststoffpartikel als Bestandteil von Produkten, zum Beispiel in Reinigungspasten, in der Kosmetik und vielen anderen Bereichen, die über das Abwasser indirekt in das Meer gelangen.
Hier ist das Ministerium aktiv geworden. Das haben wir auch gefordert. Hier sind Gespräche mit der Kosmetikindustrie mit dem Ziel eines Ausstiegs aus der Verwendung im Gange. Ich möchte an dieser Stelle diese Forderung mit Nachdruck unterstreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Verschmutzung der Meere wird oft vor allem und zuerst mit Kunststofftüten in Verbindung gebracht. Zwar ist der Anteil am Kunststoffverbrauch weniger als 1 Prozent, aber – das muss man ehrlich und offen dazu sagen – das ist zum Teil ein Symbolthema geworden. Allerdings nicht nur das; denn immerhin wurden 2010 in der Europäischen Union 8 Milliarden Tüten weggeworfen. Wenn wir die Situation betrachten und uns fragen, wie der Verbrauch an Kunststofftüten in der Europäischen Union ist, dann ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Im Durchschnitt verbrauchen die EU-Bürger 198 Tüten pro Kopf und Jahr, einige Länder liegen deutlich darüber, andere Länder liegen deutlich darunter, auch Deutschland. Bei uns sind es 71 Tüten pro Kopf und Jahr. Es kommt bei uns hinzu, dass wir ein funktionierendes Abfallwirtschaftssystem haben, das dazu führt, dass diese Tüten am Ende ihres Lebenszyklus flächendeckend erfasst und ordnungsgemäß entsorgt werden, zumindest in der Regel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Europäische Parlament hat jetzt beschlossen, den Verbrauch der Tüten in zwei Schritten zu reduzieren. Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich. Die Mitgliedstaaten sind jetzt aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Auch Deutschland muss Maßnahmen ergreifen. Es ist die Frage: Was werden wir tun?
Ich empfehle, dass wir einen Blick auf den Lebensmitteleinzelhandel werfen. Dort gilt: Die Tüten werden nicht kostenlos an die Verbraucherinnen und Verbraucher abgegeben. Das hat funktioniert, das hat gewirkt, der Verbrauch der Tüten ging zurück. Wir sind der Auffassung, dass das, was im Lebensmitteleinzelhandel gilt, im gesamten Handel gelten sollte, nämlich dass die Tüten nicht mehr kostenlos abgegeben werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich fordere an dieser Stelle das Ministerium auf, tätig zu werden und Gespräche mit dem Handel darüber zu führen.
Wir haben viel vor uns. Es gilt, die Meere zu schützen. Insbesondere auf internationaler Ebene ist dies eine riesige Herausforderung. Aber eines ist klar: Die Grünen und die Linken, deren Anträge uns heute vorliegen, machen es sich zu einfach und übersehen das viele Positive in unserem Land.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Darauf darf jetzt die Kollegin Steffi Lemke, Bündnis 90/Die Grünen, antworten.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5044989 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 104 |
Tagesordnungspunkt | Meeresschutz |