Frank SchwabeSPD - Meeresschutz
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! 71 Prozent der Weltfläche sind durch Meere bedeckt. Es ist schon mehrfach gesagt worden: Wir wissen kaum etwas darüber. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum wir uns relativ wenig, wenn wir das einmal in Relation zur Gesamtfläche setzen, mit den Meeren beschäftigen.
Deswegen ist es richtig und gut, dass wir uns heute mit den Meeren beschäftigen. Deswegen ist es gut, dass die Opposition mit Leidenschaft, die in der Debatte auch wichtig ist, hier vorträgt. Natürlich muss die Opposition immer mehr fordern als das, was schon geschieht. Trotzdem kann ich, glaube ich, für alle feststellen: Es gibt wirklich einen Fortschritt. Es ist gut, dass der Meeresschutz Thema auf dem G 7-Gipfel in diesem Jahr ist. Das ist ein Fortschritt. Natürlich muss aus der Beschäftigung mit dem Thema am Ende dann auch konkretes Handeln erwachsen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Klaus-Peter Schulze [CDU/CSU] – Ulli Nissen [SPD]: Machen wir doch auch!)
Wir wissen also kaum etwas über die Meere; aber wir nehmen massiv Einfluss auf sie. Frau Lemke hat dankenswerterweise schon auf den Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen hingewiesen. Er hat gerade ein Gutachten herausgegeben, das sehr lesenswert ist und dazu anregt, sich mit dem Thema weiter zu beschäftigen, konkret: mit den Auswirkungen des Klimawandels, mit der Landwirtschaft, mit den Abwässern, die eingeleitet werden, mit der Überfischung.
Toni Hofreiter hat am Anfang das Richtige gesagt: Es ist natürlich vollkommen absurd, dass wir Fischtrawler, Schiffe aus der Europäischen Union vor die afrikanischen Küsten bringen, dass wir das massiv finanziell unterstützen, dass wir den Menschen die Fischgründe leerfischen. Am Ende kommen die Menschen von dort als Flüchtlinge nach Europa. Das muss dringend aufhören. Das ist eine falsche europäische Politik.
Über das Thema Plastikeinträge wird der Kollege Michael Thews gleich noch etwas sagen.
Es ist hochgradig spannend – damit haben wir uns viel zu wenig beschäftigt –, dass es mittlerweile ganz viel Fantasie beim Abbau und bei der Gewinnung von Rohstoffen in den Meeren, insbesondere in der Tiefsee, gibt; darauf hat der Kollege Zdebel hingewiesen. Ich habe darüber in der Süddeutschen Zeitung gelesen. Wer sich den Artikel noch besorgen kann, sollte das tun. Es ist hochgradig interessant, einmal zu sehen, welche Planungen es da gibt. Alles das, was dort diskutiert wird, hört sich ein bisschen an wie Science-Fiction, ist es aber nicht. Das wird garantiert kommen. Es gibt heute jedenfalls keine vernünftigen Regeln, die dazu führen, dass das Ganze umwelt- und entwicklungspolitisch nachhaltig geschehen kann. Diese Regeln braucht es ganz dringend.
(Beifall des Abg. Marco Bülow [SPD])
Deswegen ist es gut – ich sage es noch einmal –, dass das Thema beim G 7-Gipfel ansteht. Zumindest ein Verhaltenskodex und internationale Standards für den Rohstoffabbau in den Meeren sind vorgesehen.
Wir müssen überall handeln; aber wir können vor allen Dingen da relativ einfach handeln, wo es noch keine wirtschaftlichen Tätigkeiten gibt, wo Unternehmen noch nicht unterwegs sind, und das ist beim Rohstoffabbau in der Tiefsee der Fall. Aber auch um die Frage des Schutzes der Arktis geht es. Greenpeace hat da vollkommen recht und hat wichtige Denkanstöße gegeben. Wir können von der Antarktis lernen. Wir brauchen Schutzgebiete in der Arktis. Es ist gut, dass das im Koalitionsvertrag steht. Es ist gut, dass die Bundeskanzlerin das in einer Rede im letzten Jahr noch einmal untermauert hat.
Es wäre aber auch gut, wenn wir auch da konsequenter handelten, wo es schon wirtschaftliche Tätigkeiten gibt und wo wir die negativen Folgen sehen. Vor ein paar Tagen war der fünfte Jahrestag der „Deepwater Horizon“-Katastrophe. Ich weiß nicht, ob man das noch so richtig präsent hat. Ich muss auch nachdenken: Was war damals? Da war Herr Röttgen Umweltminister, und wir haben uns überschlagen mit Forderungen nach Förderstopps und was weiß ich. So ganz viel ist, ehrlich gesagt, nicht passiert. Mittlerweile gibt es im Golf von Mexiko mehr Ölplattformen als damals, und ich fürchte, dass das alles nicht viel sicherer geworden ist. Auch da müssen wir viel konsequenter werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das gilt aber auch für den europäischen und – das will ich ausdrücklich sagen – den deutschen Zusammenhang. Der Zustand der Nord- und Ostsee ist erbarmungswürdiger, als man das auf den ersten Blick sehen kann. Deswegen ist es richtig, dass es die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie – ein schwieriges Wort – gibt; sie ist schon angesprochen worden. Wir brauchen einen guten Umweltzustand – so steht es da – bis zum Jahr 2020. Deswegen brauchen wir noch in diesem Jahr ein nationales Maßnahmenprogramm.
Die Öffentlichkeitsbeteiligung dazu hat begonnen. Das Umweltministerium ist federführend. Allerdings gehen wir davon aus – das will ich vielleicht für das ganze Haus sagen –, dass sich alle Ministerien, dass sich das gesamte Bundeskabinett konstruktiv an der Erarbeitung der Vorschläge beteiligt.
Das gilt im Übrigen auch für die Frage der Fischereibeschränkung in den Natura-2000-Gebieten. Es ist gut, dass die Bundesrepublik Deutschland relativ schnell solche Gebiete ausgewiesen hat. Es ist aber nicht gut, dass wir weiterhin nicht sagen, wie dieser Schutz ganz konkret aussehen soll. Auch da haben das Umweltministerium und das zuständige Bundesamt für Naturschutz die volle Unterstützung, jedenfalls von uns und am Ende des Prozesses – davon gehen wir aus – von der gesamten Bundesregierung.
Insofern sage ich noch einmal: Es ist gut, dass Schwung in die Debatte über den Meeresschutz gekommen ist. Es muss aber auch zu konkreten Taten kommen. Die heutige Debatte ist dabei zumindest ein kleiner Baustein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Klaus-Peter Schulze [CDU/CSU])
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Dr. Klaus-Peter Schulze, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5045022 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 104 |
Tagesordnungspunkt | Meeresschutz |