08.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 104 / Tagesordnungspunkt 14

Gabriele FograscherSPD - Tag der Befreiung als Gedenktag

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen 8. Mai heute mit einer Gedenkstunde begonnen und beenden die Plenarsitzung heute mit der Diskussion zum 8. Mai. Auch wenn wir dem Antrag der Linken nicht zustimmen werden – das muss ich leider sagen, Herr Ostermann: ganz ausdrücklich nicht mit der Begründung, die Sie genannt haben; ich werde das nachher ausführen –, gibt er doch Gelegenheit, die Bedeutung dieses Tages nochmals zu beleuchten.

Es hat lange gedauert – Professor Dr. Winkler hat das heute Morgen ausgeführt –, bis der 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“ bezeichnet und begriffen wurde. Es war Richard von Weizsäcker im Jahr 1985, der damals – auch danach nicht unumstritten – diesen Begriff prägte. Gerade in diesem Jahr, zum 70. Jahrestag, gab und gibt es um dieses Datum viele würdige, zum Nachdenken anregende Veranstaltungen: Gedenkveranstaltungen in den KZ-Gedenkstätten oder die Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums in München, die Gedenkstunde heute Morgen oder die Debatte gestern zum Thema „50 Jahre diplomatische Beziehungen zu Israel“.

Ein Gedenktag würde der Herausforderung des Erinnerns und Gedenkens, der aktiven Auseinandersetzung mit aktuellem Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Ausgrenzung, Intoleranz und Vorurteilen nicht gerecht.

Wie bitter notwendig diese aktive Auseinandersetzung auch heute noch ist, zeigt sich ganz aktuell. In dieser Woche wurde die Polizeiliche Kriminalstatistik veröffentlicht. Sie weist erneut Straftaten mit rechtsextremistischem, fremdenfeindlichem, antisemitischem Hintergrund auf erschreckend hohem Niveau aus. Die Vorfälle in Tröglitz, wo ein gewählter Bürgermeister bedroht und angefeindet wird und sein Amt aufgibt, der organisierte Angriff von Neonazis auf eine DGB-Veranstaltung am 1. Mai in Weimar und schließlich die Razzien und das Aufdecken der sogenannten OSS, der „Oldschool Society“, offenbar eine rechte Terrorgruppe – alles Vorfälle der letzten Wochen.

Wichtiger als ein Gedenktag ist es für uns deshalb, Programme, Projekte und Initiativen zu unterstützen, die sich aktiv für Demokratieförderung und Demokratiesteigerung, die sich aktiv für Toleranz, Respekt und ein gutes Miteinander engagieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die gibt es; aber leider manchmal nicht genug im Blick der Öffentlichkeit.

Ich konnte zum Beispiel in der letzten Woche Preisträger des Wettbewerbs „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ auszeichnen. Der Wettbewerb wird jedes Jahr vom Bündnis für Demokratie und Toleranz ausgerichtet und rückt das vielfältige Engagement von Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt. Die Preisträger leisten vor Ort – fantasievoll und kreativ – wertvolle Präventionsarbeit. Für das Familienministerium konnten wir als Koalition das Programm „Demokratie leben!“ weiter finanziell aufstocken. Das Programm des Innenministeriums „Zusammenhalt durch Teilhabe“ leistet gute Arbeit. Die Bundeszentrale für politische Bildung, die politischen Stiftungen: Sie alle leisten – ausgestattet mit Mitteln des Bundes – einen unverzichtbaren Beitrag zur Geschichtsaufarbeitung und zur Demokratiestärkung.

Ich erwarte auch von dem eingesetzten Expertengremium Antisemitismus ganz konkrete Vorschläge, wie wir dem Phänomen des Antisemitismus, des Rechtsextremismus und der Intoleranz noch wirksamer und erfolgreicher entgegentreten können.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Vorschläge der ersten Runde sollten wir jetzt auch einmal umsetzen!)

Politik und Zivilgesellschaft müssen aktiv, wachsam und engagiert die Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie führen, sich für Demokratie einsetzen – und das tagtäglich und nicht nur an einem Gedenktag. Das ist die Lehre, das ist die Verantwortung, die aus dem Gedenken und Erinnern an den 8. Mai, den Tag der Befreiung, für uns und die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland erwächst.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5045386
Wahlperiode 18
Sitzung 104
Tagesordnungspunkt Tag der Befreiung als Gedenktag
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