Ingbert LiebingCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Prognose des IWF
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass wir heute eine solche Debatte führen könnten. Wer hätte 2010 auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise geglaubt, dass wir heute über negative Auswirkungen des Außenhandelsbilanzüberschusses, über einen hohen Beschäftigungsgrad und über einen ausgeglichenen Haushalt sprechen könnten. Davon hätte vor fünf Jahren niemand träumen mögen.
Wenn uns der IWF heute bescheinigt, dass wir gute Ergebnisse erzielt haben, und wir gute Perspektiven aus diesem Bericht herauslesen können, dann ist dies erst einmal auch ein Grund zur Freude. Ich kann nur diejenigen bedauern, die im Zweifelsfall jedes Papier nur nach einer negativen Botschaft durchkämmen. Als ob wir uns in Deutschland nicht auch einmal über gute Nachrichten und über eine gute Situation freuen könnten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Setzen Sie doch einmal die rosarote Brille ab und die Lesebrille auf!)
Das möchte ich ausdrücklich vorwegschicken, und zwar insbesondere im Vergleich zu dem, was wir in den vergangenen fünf Jahren durchgemacht haben.
Diese Freude ist vor allem gut für die Menschen in unserem Land, für die Menschen, die vor Jahren noch arbeitslos waren und jetzt in Lohn und Brot stehen. Das ist gut für die Arbeitnehmer, die inzwischen auch wieder reale Einkommenszuwächse erzielen können. Es ist auch für die nächste Generation gut, dass wir seit dem vergangenen Jahr wieder ausgeglichene Bundeshaushalte beschließen und damit der nächsten Generation keine zusätzlichen Schulden hinterlassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Diese Situation und diese guten Nachrichten fallen aber nicht vom Himmel. Sie sind sicherlich, Frau Andreae, auch Ergebnis von externen Faktoren, die Sie genannt haben, wie einem niedrigen Ölpreis und dem Wechselkurs des Euro. Sie sind aber auch Ergebnis kluger Politik, die wir hier in der Koalition seit Jahren betreiben. Denn wir haben umgesteuert. Wir haben die Ergebnisse guter Konjunktur und Steuermehreinnahmen klug für eine Kurskorrektur genutzt. Wir haben trotz steigender Einnahmen die Ausgaben konstant gehalten. Das wiederum hat Luft geschaffen, umzusteuern, hin zu den Investitionen, die der IWF zu Recht einfordert. Wir tun dies, indem wir jetzt mit dem Nachtragshaushalt und dem Investitionspaket für die Kommunen – Staatssekretär Beckmeyer hat dies bereits erläutert – den Schwerpunkt bei den Investitionen setzen.
Nichts ist für den wirtschaftlichen Erfolg so wichtig wie die öffentlichen Investitionen. Wir müssen unsere Infrastruktur in Ordnung bringen. Das Thema Breitband ist angesprochen worden. Es ist gut, dass mit zusätzlichen 1,1 Milliarden Euro endlich auch auf Bundesebene eine nennenswerte Größenordnung für die Breitbandförderung zur Verfügung steht. Wenn wir über 3 Milliarden Euro in die Infrastruktur geben, davon allein fast 2 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur, dann sind das ebenfalls wichtige Beiträge, die wir morgen beschließen werden.
Investitionen hängen aber nicht nur vom Geld ab. Wir können nur dann investieren, wenn wir auch fertige, baureife Projekte haben. Wir müssen aber feststellen, dass wir hier in Deutschland Defizite haben. Ich möchte ausdrücklich die Situation in meinem Heimatbundesland Schleswig-Holstein ansprechen. Wir könnten noch einmal 3 Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen in Straßen zur Verfügung stellen: In Schleswig-Holstein kann aber nicht ein einziges neues Projekt begonnen werden, weil es keine Baureife gibt. Aber dafür tragen die jeweiligen Landesregierungen über ihre Straßenbauverwaltungen die Verantwortung.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)
Wir haben nicht ein einziges baureifes Projekt. Von diesen Milliarden wird nichts ins Land Schleswig-Holstein hineinfließen – bestenfalls für eine Lärmschutzwand.
Deswegen müssen wir Bund, Länder und Kommunen zusammen betrachten. Da ist es schon ein Armutszeugnis, wenn einzelne Bundesländer bei den Investitionen nicht Schritt halten. Wir tun dies auf Bundesebene. Bayern hat eine Investitionsquote von über 12 Prozent, während wir in Schleswig-Holstein bei gerade einmal 7 Prozent herumkrebsen und im nächsten Jahr unter 7 Prozent rutschen werden.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber den Strom braucht ihr trotzdem!)
Da besteht Nachholbedarf, und deswegen müssen wir dies als eine Einheit betrachten. Wir helfen auf Bundesebene auch den Kommunen, gerade denen, die unter Investitionsschwäche leiden. Mit 3,5 Milliarden Euro legen wir auf die finanzschwächeren Kommunen einen zusätzlichen Schwerpunkt. Deswegen müssen wir den Gesamtzusammenhang bei den Investitionen sehen. Jeder muss seinen Beitrag leisten. Wir tun dies auf Bundesebene, die Länder müssen dies ebenfalls tun. Wir helfen den Kommunen.
Insgesamt steht Deutschland gut da, aber es gibt immer noch Aufgaben, an denen wir zu arbeiten haben. Wir haben keinen Grund zur Selbstzufriedenheit, sondern müssen diese gute Situation nutzen, um Vorsorge für schwierigere Zeiten zu treffen. Dies tun wir mit kluger Politik in der Koalition.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Alexander Ulrich das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5109253 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 105 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Prognose des IWF |