21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Tagesordnungspunkt 5

Sibylle PfeifferCDU/CSU - Regierungserklärung zu Gipfeln Östliche Partnerschaft, G7- sowie EU-CELAC

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was bewegt uns zurzeit? Was bewegt jeden Einzelnen von uns, die Medien und die Öffentlichkeit? Es ist das Flüchtlingsproblem. Es sind die unzähligen Menschen, die sich mit der Aussicht auf eine ungewisse Zukunft ins Mittelmeer stürzen, die unter fürchterlichen Umständen versuchen, nach Europa zu kommen, und zum großen Teil umkommen. Das ist etwas, was uns sehr beschäftigt. Das wird uns auch in Zukunft noch beschäftigen; denn das Thema ist noch nicht zu Ende.

Schnell gerät dabei ein Politikfeld in die Schlagzeilen, das bei den Medien und der Öffentlichkeit sonst nicht unbedingt so viel Beachtung findet, nämlich die Entwicklungspolitik. Plötzlich heißt es: Die haben versagt. Die Öffentlichkeit, sogar die eigenen Kollegen sagen: Ihr habt versagt. Was macht ihr eigentlich? – Ich glaube, es wäre gut, einmal darüber zu reden, was wir machen. Ich glaube, jetzt ist auch der Zeitpunkt, dass uns endlich einmal jemand zuhört, was wir machen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wohl richtig!)

Jemand hat erkannt – es war die Frau Bundeskanzlerin schon im Jahr 2007 in Heiligendamm –, dass Frieden, Stabilität und Sicherheit nicht nur mit Außen- und Wirtschaftspolitik, sondern auch mit nachhaltiger, erfolgreicher Entwicklungspolitik zu erzielen sind. Deshalb haben wir auch dieses Mal in Elmau wieder entwicklungspolitische Themen auf der Tagesordnung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn es heißt: „Was macht ihr Entwicklungspolitiker eigentlich?“, dann muss ich sagen: Wir machen sogar sehr viel, ohne dass Sie es vielleicht alle merken. Wir haben einen Entwicklungsminister, der vor anderthalb Jahren – ich weiß gar nicht, mit welcher Vorausschau er dies getan hat – eine Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen!“ im Haushalt installiert hat. Das ist das, was Sie permanent fordern. Wir machen es bereits.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie machen wir es? Wir versuchen, vor Ort mithilfe von NGOs, vor allem aber mithilfe funktionierender, stabiler Regierungssysteme wirtschaftlichen Erfolg aufzubauen und zu unterstützen. Wir versuchen, rechtsstaatliche Strukturen aufzubauen, damit sich die Menschen in ihrem Lande sicher fühlen können. Wir versuchen mit dem Aufbau von Gesundheitssystemen, die Menschen überhaupt arbeitsfähig zu machen oder auch zu erhalten. All dies sind präventive Maßnahmen – ich könnte Ihnen noch sehr viele weitere nennen, wenn ich nicht schon wieder auf die Uhr schauen müsste –, die wir in diesem Bereich bereits haben und bei denen wir schon seit Jahren tätig sind – zugegebenermaßen mit mehr oder weniger Erfolg.

Wir haben hervorragend arbeitende Länder in Afrika, die wirtschaftlich sehr erfolgreich sind. Von dort kommen die Flüchtlinge aber nicht. Woher kommen sie? Sie kommen von dort, wo wir aufgrund der staatlichen Strukturen, der Bürgerkriegszustände, der Menschenrechtsverletzungen und des Fehlens von Staatlichkeit überhaupt nicht in der Lage sind, Entwicklungszusammenarbeit durchzuführen. Insofern ist es in diesen Ländern schwierig. Es ist nicht nur die Entwicklungspolitik, die dort teilweise nicht weiß, wie man mit diesen Ländern umgeht, sondern es ist auch die Außen- und die Sicherheitspolitik. Was machen wir mit sogenannten Failed States, mit Staaten, in denen wir keinerlei Ansprechpartner haben und keine Regierungen finden, mit denen wir zusammenarbeiten können? In Zukunft müssen wir uns gemeinsam darüber noch mehr Gedanken machen, und genau dort müssen wir nochmals eindeutig über das Thema „vernetzte Sicherheit“ nachdenken und uns überlegen: Was kann Außenpolitik leisten, was kann Verteidigungspolitik leisten, was kann Entwicklungspolitik leisten? Können wir gerade in diesen Staaten, in denen wir diese Katastrophen feststellen und in denen es Bürgerkriege und keine staatlichen Strukturen gibt, in der Summe mit vernetztem Ansatz erfolgreicher arbeiten, als wir es, selbstkritisch genug, zurzeit tun?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ziel des Ganzen muss sein, dass wir uns als Entwicklungspolitiker eigentlich irgendwann einmal selbst abgeschafft haben, weil die Länder in der Lage sind, mit rechtsstaatlichen Strukturen, mit guter Wirtschaft, mit kleinen und mittleren Unternehmen, mit guter Ausbildung und Bildung sowie mit gestärkten Frauen, wie Frau Bundeskanzlerin eben sagte, zum Erfolg geführt zu werden, und wir Partner haben, mit denen wir auf Augenhöhe wirtschaftliche Verhältnisse im gegenseitigen Nutzen haben.

Lassen Sie mich einen Aspekt aufgreifen, da ich glaube, G 7 ist in diesem Zusammenhang eine gute Basis, auf der man diskutieren kann, weil sie fernab irgendwelcher Strukturen ist. Es hat den informellen Charakter, den es eigentlich braucht und der notwendig ist, lieber Herr Gysi. Wir finden auch, dass die UN sicherlich wichtig sind. Aber das eine tun und das andere nicht lassen, ist das eine Thema. Das andere ist, dass wir feststellen müssen: Auch die UN sind nicht allmächtig. Ich erinnere an Syrien oder die Ukraine: Auch dabei sind wir in der UN nicht vorwärtsgekommen.

Etwas fand ich jedoch bemerkenswert, Herr Gysi, wenn ich das zum Abschluss noch sagen darf. Zu Ihrer Einlassung zu G 7 und zu der Veranstaltung an sich sowie letztlich zu der Frage, was dort eigentlich passiert: „Und wir gehen dorthin und demonstrieren“: Ich finde, Sie sollten das tun. Ja, wir können demonstrieren. Sie können demonstrieren. Ich bezweifle, dass Sie persönlich dorthin gehen; aber ich weiß, dass sehr viele Ihrer Kollegen dorthin gehen.

Ich komme aus Hessen, aus der Nähe von Frankfurt. Ich habe erlebt, was in Frankfurt anlässlich der Eröffnung der EZB passiert ist.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Aber das war nicht die Linke!)

Ich weiß noch, wie die – ich möchte nicht „zwielichtig“ sagen – durchaus zu diskutierende Rolle der Linken in diesem Zusammenhang war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Nein!)

Wenn Sie schon jetzt ankündigen, dass Sie dort demonstrieren gehen, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich als demokratisch gewählte Mitglieder sowohl des Bundestages als auch der Landesparlamente, also als Vertreter des Rechtsstaates, genau dem entgegenstellen,

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie aber auch! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Krimineller linker Gewalt!)

was wir jetzt zu erwarten haben: Chaoten und Randalierer. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich erstens von denen distanzieren und dass Sie sich zweitens denen entgegenstellen, damit all das, was wir zurzeit befürchten und was unglaubliche zusätzliche Kosten verursacht, nicht passiert. Das erwarte ich von Ihnen. Ich hoffe, dass ich das in der Zeitung lesen darf.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Kollege Dr. Andreas Nick hat für die CDU/CSU- Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114038
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zu Gipfeln Östliche Partnerschaft, G7- sowie EU-CELAC
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