21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Zusatzpunkt 4

Jens ZimmermannSPD - Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Hahn, Sie haben eben meinen Parteivorsitzenden angesprochen. Dazu will ich eines klarstellen: Als Parteivorsitzender der SPD braucht man permanent so ein Rückgrat, und das hat unser Parteivorsitzender auch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans- Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Körperlich!)

Es gibt doch ein Problem in dieser ganzen Debatte. Es wird ein Bohei gemacht, und es wird die Behauptung in den Raum gestellt, es wäre irgendetwas passiert. Es ist aber überhaupt nichts passiert.

(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben es so dargestellt, als würden wir die Listen und die Inhalte nicht zur Kenntnis bekommen. Eines ist doch klar: Auch wir, die SPD – das hat mein Kollege Christian Flisek doch eben auch klargemacht –, wollen wissen, was darin steht. Sie sitzen doch auch im Untersuchungsausschuss. Wir sitzen da doch nicht 15 Stunden nur so zum Spaß herum. Dass überhaupt die Existenz dieser Selektorenlisten dem Parlament zur Kenntnis gekommen ist, liegt doch an unserer gemeinsamen Arbeit in diesem Ausschuss. Deswegen haben wir ein Interesse daran, zu wissen, was in diesen Listen steht.

Aber wir machen uns jetzt – das ist doch der Punkt – Gedanken über ein geeignetes Verfahren, wie wir einerseits die Inhalte erfahren können, um damit arbeiten zu können, andererseits aber nicht irgendwelche Informationen nach außen tragen, die vielleicht auch unsere Interessen in Deutschland schädigen könnten. Wir sind mitten in diesem Prozess. Deshalb sage ich: Es ist überhaupt noch nichts passiert.

Wenn es dazu kommen sollte, dass die Amerikaner komplett Nein sagen, dann müssen wir weiter diskutieren. Wir haben heute im Ausschuss gesagt: Wir geben dem Kanzleramt die zwei Wochen über Pfingsten Zeit, und dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Mir ist aber ein Punkt ganz wichtig: In der Öffentlichkeit wird doch nur der Streit wahrgenommen. Eine Fraktion versucht, schriller als die andere aufzutreten. Aber um was es eigentlich geht, weiß so gut wie keiner.

(Zuruf von der LINKEN: Doch! Spionage!)

Die Menschen draußen müssen doch denken, dass es diese Selektorenliste gibt und jegliche Kommunikation in Deutschland davon betroffen ist. Dass wir über Bad Aibling reden, dass wir über Satellitenkommunikation aus Krisenregionen reden, wird doch in der Diskussion völlig unter den Tisch gekehrt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch, was Sie sagen!)

Denn das würde nicht zur Skandalisierung passen.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Unsinn!)

Das ist doch die Problematik, die wir haben.

Schauen wir uns doch einmal an, wie erfolgreiche Untersuchungsausschüsse in der Vergangenheit gearbeitet haben. Das erinnert mich sehr an die Arbeit, wie sie in unserem Ausschuss erfolgt. Sie ist nämlich meistens sehr kollegial und von dem Interesse geleitet, am Ende wirklich herauszubekommen, was hier eigentlich schiefläuft. Wir müssen versuchen, daran zu arbeiten, und sollten schauen, dass wir uns nicht von diesen Aktuellen Stunden aus dem Konzept bringen lassen, in denen viele Leute reden, die allenfalls sporadisch in diesem Ausschuss sind, die aber hier große Worte machen.

Wir müssen schauen, dass unsere Arbeit peu à peu weitergeht; denn dieser Ausschuss ist bisher unglaublich erfolgreich. Wir haben sehr viel aufgedeckt; wir wissen, in welche Richtung es bei unseren eigenen Diensten geht; wir wissen, dass wir Verbesserungen und Veränderungen bei den rechtlichen Grundlagen brauchen. Das alles sind Erkenntnisse, die bei der Arbeit unseres Ausschusses herausgekommen sind.

Ich kann verstehen, dass die Opposition auf der einen Seite versucht, die Regierung und die sie unterstützenden Fraktionen zu piksen, wo es nur geht. Das ist ihr Recht, das ist ihre Aufgabe. Es ist auf der anderen Seite aber auch klar, dass die Große Koalition und die Regierung, die von ihr unterstützt wird, versuchen, nach Möglichkeit in dieser Situation keine Fehler zu machen.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht sie aber!)

Ich finde, beide Ansinnen sind vollkommen nachvollziehbar. Nur, wir müssen schauen, dass wir unsere gute Sacharbeit im Ausschuss nicht dieser öffentlichen Auseinandersetzung opfern. Das wäre der Sache vollkommen unangemessen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Sache sagen, weil sie uns alle betrifft. Wir leben nicht in einem luftleeren Raum, wo die Diskussion, die wir gerade führen, eine rein akademische Diskussion wäre. Wir erleben es doch gerade selbst als Deutscher Bundestag. Wir wurden einem massiven Cyberangriff ausgesetzt. Das zeigt eindeutig, dass wir uns mit der Sicherheit und vor allem mit der Sicherheit im Internet auseinandersetzen müssen.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja und? Das ist doch selbstverständlich!)

Da gibt es keine einfachen Lösungen. Es wird häufig so dargestellt, als wären Geheimdienste per se erst mal schlecht oder als würden sie nicht im Interesse unseres Landes arbeiten.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir gerade nicht! Das Gegenteil ist der Fall!)

Man muss doch einmal klarstellen, dass wir an dieser Stelle auch ein Interesse haben. Ich sage nicht, dass diese Abwägung einfach ist.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ein Popanz, den Sie aufbauen!)

Aber es ist falsch, so zu tun, als könnte man einfach alle Geheimdienste abschaffen, und alles wäre gut.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

In diesem Sinne kann ich für meine Fraktion nur das Angebot zu einer weiteren ordentlichen Arbeit in unserem Ausschuss aufrechterhalten. Ich glaube, eine solche Arbeit leisten wir auch die meiste Zeit. In einer Viertelstunde geht es, glaube ich, weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Danke, Herr Kollege Zimmermann. – Nächster Redner in der Debatte: Hans-Christian Ströbele für die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114871
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste
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