21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Zusatzpunkt 4

Nina WarkenCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich zwar, dass wir hier innerhalb kürzester Zeit zum zweiten Mal über die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses sprechen können. Angesichts des Spektakels, das etwa der Kollege Korte hier veranstaltet hat,

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Unwürdig!)

wäre ich aber doch lieber drüben geblieben und hätte mit der Ausschussarbeit weitergemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Nur Spektakel! – Jan Korte [DIE LINKE]: Bitte schön! Warum nicht? Noch können Sie gehen! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie jetzt einfach auf, zu reden!)

Grundsätzlich kann man aber sagen: Der Ausschuss macht seine Arbeit, und er macht sie gut. Wir sind im Moment inmitten eines Prozesses, nämlich im Prozess der Aufklärung. Und da wir eben noch mitten in der Aufklärung sind, verstehe ich so manch schrillen Ton, der derzeit angeschlagen wird, nicht. Wenn man wirkliche Aufklärung will, ist so etwas unseriös und bestenfalls effekthascherisch.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Flisek [SPD] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie einmal auf, Sigmar Gabriel zu bashen!)

Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, um einige grundsätzliche Dinge festzustellen. Beginnen möchte ich mit der Diskussion um das Thema No-Spy-Abkommen, die ein wahres Musterbeispiel für die in den letzten Tagen überhitzte Debatte ist. Von einer „Nebelkerze im Wahlkampf 2013“ wurde da gesprochen oder gar von „Lüge“ oder „absichtlicher Täuschung“.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manipulation!)

Dementgegen hat allerdings der heutige Bundesaußenminister noch im Februar 2014 das No-Spy-Abkommen zu einem Thema seiner Gespräche in den USA gemacht.

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Dies geschah sicherlich nicht, um der Union im Wahlkampf nachträglich zu helfen. Das muss wohl auch die Opposition einsehen.

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Fakt ist: Bereits 2013 sind konkrete Entwürfe mit den Amerikanern ausgetauscht worden. Es gab ernsthafte Verhandlungen über eine Vereinbarung zwischen den Diensten. Das will in der derzeitigen Stimmung aber offensichtlich niemand wissen.

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Die Wahrheit tut weh!)

Ich kann den Kolleginnen und Kollegen jedoch das Aktenstudium sehr empfehlen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Stattdessen betreibt man Legendenbildung und versucht, die Reputation einzelner Personen zu beschädigen. So etwas halte ich für unredlich. Die Art und Weise, wie dieses Thema diskutiert wird, ist für die Debatte insgesamt symptomatisch. Sie ist von Vorwürfen, voreiligen Schlussfolgerungen und tendenziösen Wertungen geprägt.

Meine Damen und Herren, Nachrichtendienste bewegen sich naturgemäß in einem sehr sensiblen Bereich. Weil es hierbei um existenzielle Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik und ihrer Bürgerinnen und Bürger geht, heißt es bei vielen Entscheidungen, sorgfältig abzuwägen – mit Augenmaß und ohne Hysterie.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Abzuwägen ist etwa zwischen dem Interesse der parlamentarischen Gremien, die Selektoren einzusehen, auf der einen Seite und dem Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik andererseits.

Die Bundesregierung ist einerseits völkerrechtlich verpflichtet, den Partner vor Offenlegung von geheimen Unterlagen um Zustimmung zu ersuchen. Dieses Vorgehen erwarten wir umgekehrt ja auch von unseren Partnern. Zum anderen ist die Bundesregierung auch verpflichtet, den grundrechtlich garantierten Auftrag des Untersuchungsausschusses zu unterstützen. Diese Aspekte muss die Bundesregierung abwägen und schließlich eine verantwortungsvolle Entscheidung am Maßstab des deutschen Verfassungsrechts treffen. Laut und populistisch zu sein, das ist einfach. Politische Verantwortung zu tragen, das ist schwerer.

(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das trifft den Nagel auf den Kopf!)

Meines Erachtens sind bei der Entscheidungsfindung mehrere Aspekte zu berücksichtigen:

Erstens. Deutschland ist nicht isoliert in der Welt, und wir sollten es tunlichst vermeiden, uns im Bereich nachrichtendienstlicher Zusammenarbeit zu isolieren. Wir brauchen die Zusammenarbeit mit befreundeten Diensten, auch zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit müssen auch wir ein verlässlicher Partner sein und uns an Vereinbarungen und völkerrechtliche Verpflichtungen halten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Europarecht zum Beispiel!)

Zweitens. Unsere Nachrichtendienste müssen arbeitsfähig sein. Dafür brauchen sie innerhalb von Recht und Gesetz gewisse Möglichkeiten. Nur so können sie ihren Aufgaben gut und effektiv nachkommen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Dazu gehört auch, dass gewisse Vorgänge im Rahmen der Arbeit der Nachrichtendienste vertraulich sind. Die Bundesregierung, aber auch wir als Parlament müssen gewährleisten, dass Dinge, die der Geheimhaltung unterliegen,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kontrolliert werden!)

auch vertraulich behandelt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Staatswohl ist der Bundesregierung und dem Parlament gleichermaßen anvertraut.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das!)

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, dass es mir wirklich Sorgen bereitet, wie unverantwortlich zurzeit mit eigentlich geheimen Akten umgegangen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Da muss man sich in der Tat Sorgen machen!)

Es steht doch außer Frage: Wenn weiterhin immer wieder Dokumente aus nichtöffentlichen Sitzungen an die Öffentlichkeit gelangen, dann wird das dazu führen, dass unsere Verbündeten künftig die für unsere Sicherheit so wichtige Zulieferung von Informationen einschränken. Was hier gerade geschieht, ist grob fahrlässig und unverantwortlich. So beschädigt man Vertrauen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Man hört heute echt die witzigsten Reden! Unfassbar!)

Drittens. Wir als Untersuchungsausschuss haben den Anspruch, unserem Antrag vollumfänglich nachzukommen und gründlich aufzuklären. Dabei wollen wir uns natürlich auch ein Bild über die unzulässigen Selektoren, die die NSA dem BND übermittelt hat, machen können. Unsere Aufgabe dabei ist es, zu bewerten, inwieweit Suchbegriffe deutschen Interessen zuwiderlaufen oder gar gegen deutsches Recht verstoßen. Bei der Frage, wie wir das hinbekommen, gibt es für uns als CDU/CSU nicht entweder Schwarz oder Weiß.

(Karin Binder [DIE LINKE]: Es gibt nur Schwarz!)

Wir können uns durchaus Wege vorstellen, die allen Belangen gerecht werden und uns als Untersuchungsausschuss schließlich die Möglichkeit einer Bewertung der Listen geben. Ein Weg könnte zum Beispiel das Treptow-Verfahren sein, ein anderer die Benennung eines Ermittlungsbeauftragten.

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass die Bundesregierung all diese Aspekte in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt und zeitnah gemeinsam mit uns als Parlament einen gangbaren Weg finden wird, der gleichermaßen den Sicherheitsinteressen unseres Landes und unserer Partner und unserem Aufklärungsinteresse als Parlament gerecht wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Ende möchte ich an unser aller Verantwortungsbewusstsein appellieren. Lassen Sie uns vom parteipolitischen Gezänk wegkommen. Wir sollten uns weiterhin der seriösen Sachaufklärung widmen. Die CDU/CSU-Fraktion wird dies tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Flisek [SPD] – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr gute Rede! Ausgezeichnet!)

Danke, Frau Kollegin Warken. – Die letzte Rednerin in dieser Debatte: Andrea Lindholz für die CDU/CSU- Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114965
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste
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