Ursula Groden-KranichCDU/CSU - Europäischer Fonds für strategische Investitionen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Antrag kommt der Deutsche Bundestag einmal mehr seiner Verantwortung zur Mitgestaltung der europäischen Politik nach. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen, kurz EFSI, schließt eine Finanzierungslücke in Europa, die nachhaltige und tragfähige Investitionen bisher behindert. Zwar werden in der EU mehr Patente angemeldet und Fachpublikationen veröffentlicht als beispielsweise in den USA, für die Umsetzung und Realisierung dieser Ideen steht jedoch nur ein Zehntel des Kapitals zur Verfügung. Dies ist ein Ergebnis der Expertenanhörung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union von Ende April. Dieses Defizit gehen wir mit dem EFSI an.
Dazu nutzen wir das bei der Europäischen Investitionsbank, EIB, bereits vorhandene Know-how. Ich bin dem Präsidenten der EIB, Herrn Dr. Werner Hoyer, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bank für ihr Engagement bei diesem Projekt sehr dankbar; denn beim EFSI handelt es sich nicht um einen Fonds im klassischen Sinne, sondern quasi um ein Konto bei der EIB, das einen eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Über den EFSI werden eben keine Subventionen ausgereicht, sondern es handelt sich um ein Kapitalmarktinstrument, mit dem Geld privater Anleger gesammelt und in Projekte mit erhöhtem und hohem Risiko investiert werden kann. Daher ist es zwingend, dass die Governance-Struktur des EFSI der besonderen Verantwortung der EIB Rechnung trägt. Es ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, dass die Entscheidungen über Investitionen von den Expertinnen und Experten der EIB und nicht von einem anderen Gremium getroffen werden;
(Beifall bei der CDU/CSU)
denn auch hier gilt der Grundsatz: Wer das Risiko trägt, entscheidet auch.
Ich bin überzeugt, dass sich in der gesamten EU innovative und förderfähige Projekte finden lassen. Die ersten wurden bereits gefunden, und die Finanzierung beginnt.
Aus diesem Grund ist es auch unabdingbar, dass Investitionsentscheidungen losgelöst von regionalen Quoten oder ähnlichen Vorgaben getroffen werden. Alleinige Kriterien müssen Tragfähigkeit, Nachhaltigkeit und Zusätzlichkeit sein.
Der EFSI ist ein Vehikel, mit dem wir eine kurzfristige Finanzierungslücke in Europa angehen wollen. Daher ist es auch ordnungspolitisch richtig, dass der Fonds befristet ist. Die vorgesehene Mid-Term Review beim mehrjährigen Finanzrahmen wird uns Gelegenheit geben, das bis dahin Erreichte zu bewerten und eine Neueinschätzung vorzunehmen. Der Staat ist eben nicht der bessere Unternehmer, und er ist auch nicht die bessere Bank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit der Befristung verfolgen wir eine sehr klare und nachhaltige ordnungspolitische Linie. An diesem Punkt dürfen wir meiner Ansicht nach jedoch nicht stehen bleiben. Die Expertenanhörung im EU-Ausschuss hat auch sehr deutlich gemacht, dass wir uns des Themas Wagniskapitalfinanzierung zeitnah annehmen müssen.
Während vor einiger Zeit das Thema Venture Capital von vielen noch sehr kritisch betrachtet wurde, ist dieses Finanzierungsinstrument heute deutlich positiver besetzt. Langfristig sollte die effektivere Nutzung von Wagniskapital europaweit gestärkt werden, um mittels geänderter Anlagerichtlinien für Kapitalsammelstellen wie zum Beispiel Lebensversicherungen und Pensionsfonds die Finanzierungslücke in Europa dauerhaft privatwirtschaftlich zu schließen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lassen Sie mich noch auf drei Punkte eingehen:
Erstens. Die Effektivität des EFSI wird in großem Maße davon abhängen, wie kleine und mittelständische innovative Unternehmen ihren Zugang zum Fonds finden. Wir brauchen folglich nicht nur einen einfachen, direkten und niederschwelligen Zugang zu dieser neuen Finanzierungsquelle; wir müssen auch aktiv für den EFSI und die Investitionsoffensive werben. Das beginnt in unseren Wahlkreisen und sollte auch Thema bei anstehenden Delegationsreisen von Mitgliedern des Hauses sein.
Zweitens. Durch die Einrichtung des EFSI werden die Obergrenzen des mehrjährigen Finanzrahmens der EU nicht erhöht. Wir schaffen es also – so der Plan –, mit dem gleichen Mittelansatz, ergänzt um privates Kapital, zusätzliche Wachstumsimpulse in Zukunftsbranchen zu setzen. Um mit dem EFSI einen positiven Effekt zu erzielen, dürfen nur die Projekte kofinanziert werden, die es aufgrund ihrer Risikostruktur ohne den EFSI nicht gegeben hätte.
Dritter und letzter Punkt. Die deutsche KfW – das hat Herr Poß schon gesagt – wird sich mit mindestens 8 Milliarden Euro beteiligen. Weitere nationale Förderbanken haben zwischenzeitlich Finanzierungszusagen im Umfang von über 33 Milliarden Euro gemacht. Dieses zusätzliche Engagement stärkt den Effekt des EFSI, stärkt Wachstum und Arbeitsplätze, stärkt den Wirtschafts- und Wissensstandort Europa.
Abschließend noch ein Wort zum Antrag der Fraktion Die Linke.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Guter Antrag!)
Es gibt keinen besseren Beweis dafür, dass Sie weder die Wirkungsweise noch die Systematik des EFSI auch nur ansatzweise verstanden haben, als Ihren heute vorliegenden Antrag.
(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Gar nichts haben sie verstanden!)
Schon allein Ihre Forderung nach einem staatlichen 500-Milliarden-Euro-Programm, finanziert durch Kredite – ausgerechnet der EZB – und durch Steuererhöhungen, zeigt, dass Ihnen weder das Europarecht noch eine echte Investitionstätigkeit sonderlich naheliegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen unterstützen wir die gute, richtige und zukunftsweisende Position der Bundesregierung auf europäischer Ebene. Er ist auch eine wichtige Positionsbestimmung gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament – gerade im Hinblick auf die Trilogverhandlungen. Die EU-Kommission ist aufgerufen, alle noch ausstehenden Arbeiten, die für einen baldigen Start des EFSI notwendig sind, zügig abzuschließen. Dazu gehört für mich insbesondere die Erarbeitung von Grundsätzen zur beihilferechtskonformen Projektauswahl.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur mit einer klaren ordnungspolitischen Ausgestaltung des EFSI, wie sie der Antrag von CDU/CSU und SPD vorsieht, können wir diese Vorhaben zum Erfolg führen. Ich werbe daher um Zustimmung für unseren Antrag.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als Nächster spricht der Kollege Manuel Sarrazin, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5115330 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Europäischer Fonds für strategische Investitionen |