Thorsten FreiCDU/CSU - Bundeswehreinsatz Operation Atalanta
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Vogler, Atalanta ist wirklich ein voller Erfolg. Wenn Sie fragen, was der Maßstab ist, an dem wir diesen Erfolg messen, dann könnte man sagen: Als die Mission Atalanta im Jahr 2008 begonnen hat, waren jedes Jahr 200 Schiffe Ziel von Überfällen von Piraten. Seit dem Jahr 2012 ist kein einziges Schiff mehr Ziel solcher Überfälle. Im vergangenen Jahr und in diesem Jahr sind nur wenige Schiffe erfolglosen Kaperversuchen ausgesetzt gewesen.
(Dagmar Freitag [SPD]: Erfolglos!)
– Erfolglos, genau. – Das ist der Erfolg der Mission Atalanta.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch die Tatsache – Frau Kollegin Freitag ist vorhin darauf eingegangen –, dass seit 2008 immerhin 179 Schiffe für das Welternährungsprogramm
(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Das ist der Maßstab!)
und 121 Schiffe für AMISOM erfolgreich nach Mogadischu begleitet wurden, damit dort die Bevölkerung ernährt werden konnte, ist ein Erfolg dieser Mission.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich möchte von daher die Gelegenheit nutzen, den Soldatinnen und Soldaten, die fernab der Heimat, getrennt von ihren Familien, lange Monate dort Dienst tun, ganz herzlich für ihren erfolgreichen Einsatz zu danken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, Sie haben den Antrag der Bundesregierung zitiert. Ich will Ihnen eines sagen: Das, was wir dort tun, entspringt zum einen einer humanitären Verpflichtung. Ich finde es zum anderen überhaupt nicht verwerflich, sondern richtig, dass wir am Horn von Afrika auch unsere Interessen schützen und vertreten. Das sind deutsche Interessen, das sind europäische Interessen. Wir haben als drittgrößte Exportnation der Welt ein Interesse an sicheren See- und Handelswegen; darauf ist Frau Kollegin Freitag ebenfalls eingegangen.
Durch diese Seepassage fahren jedes Jahr 4 000 Container- und Handelsschiffe mit einem Warenwert von 4 Billionen Euro. Wenn Sie sich vorstellen, welchen Anteil der Seehandel in Deutschland und auch in Europa am gesamten Wirtschaftsvolumen hat, dann wissen Sie, dass hier viele Zehntausende Arbeitsplätze davon abhängen. Dass wir uns um Sicherheit und Stabilität in der Welt bemühen, auch bei den Seehandelswegen, das ist konsequent, das ist richtig. Das kann man in einem Antrag wie diesem auch so schreiben, liebe Frau Kollegin Vogler.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es ist natürlich vollkommen klar, dass der Grund für die Probleme Somalias und auch für die Probleme mit der Piraterie am Horn von Afrika letztlich in Somalia selbst zu suchen ist. Die Analyse ist durchaus zutreffend. Seit 1991, seit dem Sturz von Siyad Barre, ist das Land in Bürgerkrieg, Chaos und Anarchie versunken.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Und seit 1993 versucht die Bundesregierung, das militärisch zu lösen!)
Traditionelle Strukturen gibt es dort nicht mehr. Die traditionellen Autoritäten wirken nicht mehr. Die Regierungen in Mogadischu haben einen Wirkungskreis, der auf Mogadischu begrenzt ist und nicht in das Land hinausstrahlt. Das sind die Probleme, mit denen wir uns beschäftigen müssen.
Wir wissen natürlich auch, dass in den vergangenen Jahren viel Geld der internationalen Staatengemeinschaft dorthin geflossen ist. Wir wissen um den Einsatz von Soldaten, Polizisten, Entwicklungshelfern und zivilen Helfern. Und wir wissen, dass es durchaus – zugegebenermaßen – bescheidene Erfolge gibt, wenn man etwa an die Regionalisierungsbemühungen bei der Verwaltungsreform denkt und an die neue Regierung, die im Februar vereidigt wurde. Sie ist zwar ein Stück weit eine junge und unerfahrene Regierung in absolut chaotischen Umständen, aber spiegelt die Stammesrealitäten wider. Ja, all das wissen wir. Trotz allem sind die Dschihadisten stark, ist al-Schabab stark.
Trotz der Schläge gegen die Führung von al-Schabab im vergangenen Herbst, trotz der Tatsache, dass sie keine Gebiete mehr selbstständig hält und auf asymmetrisches Vorgehen übergegangen ist, trotz allem sind die Gefahren im Land riesig und enorm. Das kann man sehen, wenn man sich die Anschläge in den vergangenen Monaten in Somalia anschaut: auf Restaurants, Hotels, Politiker, Bürgermeister.
Wenn man sich anschaut, dass die Gefahr droht, dass aus einem lokalen Konflikt ein regionaler wird, wenn man sich vor Augen führt, dass beispielsweise der Anschlag in Kenia auf die Universität in Garissa 140 Todesopfer gefordert hat, oder wenn man sich die Anschläge in Dschibuti, in Äthiopien anschaut, dann wird deutlich, dass hier die Gefahr besteht, dass sich ein Flächenbrand entwickelt. Welche Auswirkungen das hat – darauf sind Sie richtigerweise eingegangen –, können wir an den Flüchtlingsströmen nach Europa und auch nach Deutschland sehen.
Deshalb sind hier drei Dinge ganz wesentlich:
Das Erste: Natürlich muss gegen die Dschihadisten weiter konsequent vorgegangen werden. Jetzt geht es letztlich darum, dass man ihnen Nachschubwege abschneidet, dass man ihre Konsolidierung verhindert und dass man auch die Finanzierungsquellen trockenlegt. Bestandteile dieser sind auch die Piraterie, das Erpressen von Lösegeldern, um Terrorismus zu finanzieren, sowie der Schmuggel. Es müssen also auch Schmugglerrouten unterbrochen werden. All das sind Dinge, die die Mission Atalanta erfolgreich leistet.
Das Zweite – darauf sind Sie eingegangen –: Es geht natürlich auch darum, den Menschen Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Das ist zugegebenermaßen schwierig in einem Land, in dem 3 Millionen Menschen unmittelbar an Hunger leiden, in dem 2011 250 000 Menschen verhungert sind, in dem nur ein Drittel der Kinder und Jugendlichen Zugang zu Bildung hat und in dem 12 Millionen Menschen weniger als 2 Milliarden Dollar Jahresbruttoinlandsprodukt erwirtschaften. Das ist vergleichsweise wenig und viel zu wenig, damit sich das Land gut entwickeln kann.
Das Dritte, worum es geht, ist, dass wir für Stabilität im Land sorgen müssen. Deshalb geht es darum, die erfolgreichen Missionen weiterzuführen. Das betrifft nicht nur Atalanta, sondern auch die EU-Trainingsmission und ist EUCAP NESTOR. Wir führen eben verschiedene Mosaiksteine zusammen, um mitzuhelfen, das Land zu stabilisieren und damit letztlich auch Zukunftsperspektiven zu eröffnen.
Der Weg ist lang, der Einsatz ist gut; er lohnt sich. Deshalb werben wir für die Fortsetzung dieser Mission.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Doris Wagner von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5115614 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz Operation Atalanta |