Johann WadephulCDU/CSU - Bundeswehreinsatz Operation Atalanta
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Piraterie hat sich seit den 1990er-Jahren weltweit ausgeweitet. Neben einer sicher zu berücksichtigenden Dunkelziffer weist im Jahr 1992 die Statistik 74 Piratenüberfälle aus. Im Jahr 2010 waren es bereits 445 Überfälle.
Der Anstieg hat verschiedene Gründe: Die politische Entspannung nach dem Ende des Kalten Krieges führte zu einem Rückgang militärischer Präsenz auf See. Zugleich haben unter dem Begriff der Globalisierung der Handel und die Vernetzung unserer Welt eine ungeahnte Dynamik entfaltet. Piraterie ist nämlich schlicht eine Einnahmequelle. Es geht um den Raub von Gütern und auch um Lösegeld.
Opfer sind in erster Linie Regionen, in denen der Staat sein Gewaltmonopol kaum oder gar nicht mehr durchsetzen kann. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, die EU-geführte Operation Atalanta vor der Küste Somalias durchzuführen. Von den im Jahr 2010 weltweit registrierten 445 Piratenangriffen entfielen 266 auf das Seegebiet vor Somalia. Über 600 Seeleute mit entsetzlichen menschlichen Dramen für sie und ihre Familien wurden Opfer.
Das muss ich den Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, die diese Operation ablehnen und jeden militärischen Einsatz im Seegebiet verunglimpfen und als nicht zu rechtfertigen ansehen, schon sagen:
(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Interessiert die doch gar nicht!)
Allein die Seeleute und ihre Familien, die unter diesen Überfällen gelitten und Traumata davongetragen haben – der finanzielle Schaden ist vielleicht nicht das Schlimmste –, sind den Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten in diesem Seegebiet wert. Das allein ist ein Beitrag zu mehr Humanität, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich kann Ihre Position überhaupt nicht verstehen.
Außerdem gibt es eine zweite wichtige Aufgabe, die in der Debatte schon erwähnt worden ist, auf die Sie aber bisher auch keine Antwort gegeben haben. In Somalia findet in der Tat eine der schwersten humanitären Katastrophen auf der Erde statt. Neben Gewalt – das ist von der Kollegin aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gerade angesprochen worden – prägt Hunger den Alltag der Menschen in Somalia. Ich habe mich ein bisschen darüber gewundert, dass Sie versuchen, irgendwie zu konstruieren, die Bundesregierung würde eine Art Doppelstrategie verfolgen: Sie meinen, dass wir einerseits auf See etwas Gutes machen – das wird Sie hoffentlich dazu veranlassen, gleich dem Antrag zuzustimmen; dazu haben Sie sich leider nicht geäußert –, andererseits aber einen Anteil daran hätten, dass es an Land diese schlimmen Auseinandersetzungen gibt. Ich muss Ihnen sagen: Das kann ich nicht nachvollziehen. Das ist auch falsch. Das weise ich zurück. Wenn Sie hier solche Vorwürfe erheben, dann sollten Sie klipp und klar belegen, welche Waffen von Deutschland nach Somalia geliefert worden sind. Dass es dazu gekommen wäre, ist falsch. Das hat die Bundesregierung nicht erlaubt. Das würden wir auch in keinem Fall unterstützen. Aber wir können doch das Leid in Somalia nicht dadurch verbessern, dass wir jetzt auch noch die Seeoperation beenden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Nein, die Seeoperation ist eine wichtige Voraussetzung, dass sich an Land auch etwas verbessern kann; und das muss dringend geschehen. So wird ein Schuh aus der ganzen Geschichte.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Sie kommen auch nicht an der Tatsache vorbei, dass der Chef des Welternährungsprogramms – das ist nicht der Regierungssprecher der deutschen Bundesregierung –den Atalanta-Einsatz als Säule der Stabilität bezeichnet hat. Das zeigt, wie ich glaube, dass auch hier ein wichtiger Beitrag dazu geleistet wird, dass die Situation an Land besser wird. Das ist unsere Aufgabe, die wir leisten müssen. Wir müssen auf See anfangen. Dass wir das später auf einen schmalen Küstenstreifen ausgedehnt haben, hat dazu beigetragen, dass die Piraterie aktiv bekämpft werden konnte. Mit der großen Unterstützung des Welternährungsprogramms durch Deutschland zeigen wir auch, dass wir etwas machen wollen. Es ist eine gute Sache, die man unterstützen sollte.
Kollege Frei hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Atalanta eine große Bedeutung für den Seehandel hat. Wir sind die drittgrößte Schifffahrtsnation der Welt. Ich möchte dazu sagen: Es geht bei Schifffahrt und Welthandel auf See nicht darum, andere auszubeuten, wie es Ihrer Vorstellung entspringt. Möglicherweise prägt Karl Marx heute noch Ihr Denken. In einer globalisierten Welt ist Seehandel jedoch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass es in Deutschland und in Europa wirtschaftliche Prosperität gibt. Auf internationalen Austausch sind auch die Länder, aus denen wir etwas importieren, angewiesen. Und dass sie sicher an uns liefern können, ist ein Beitrag zu freiem Welthandel und dazu, dass die Menschen, wo auch immer sie auf der Erde leben, einen gerechten Lohn bekommen können. Das sollten Sie nicht von vornherein verunglimpfen. Deswegen ist auch ein Einsatz der Bundeswehr zur Sicherstellung von Seehandelsbeziehungen in der zivilen Schifffahrt gut, richtig und verantwortbar. Sie sollten dem zustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Wolfgang Hellmich von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5115675 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz Operation Atalanta |