Richard PitterleDIE LINKE - Bundesverfassungsgerichtsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit meiner Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffe ich mich ab, natürlich nicht als Person, sondern als privilegiertes Mitglied dieses Bundestags, das bisher bereits an der Wahl der Richter am Bundesverfassungsgericht beteiligt war. Künftig sollen, wie wir bereits gehört haben, die Richter vom Plenum des Deutschen Bundestages gewählt werden. Das ist richtig und wichtig. Damit brechen wir mit einer 34 Jahre alten Tradition. Das ist aus meiner Sicht keine reine Formsache. Wenn wir die Richterinnen und Richter im Plenum wählen, wird das vielmehr der Bedeutung dieses Gerichts, das Entscheidungen mit Gesetzeskraft trifft und das auch Entscheidungen des Bundestages revidieren kann, erst wirklich gerecht.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich finde es auch gut, dass dieser Weg über Fraktionsgrenzen hinweg bestritten wird, was sich in einem gemeinsamen Gesetzentwurf aller vier Fraktionen des Bundestages widerspiegelt.
Bei der großen Freude über die Einigkeit, was diesen Schritt angeht, bleibt ein Wermutstropfen. Angesichts der Tatsache, dass nur 5 von 16 Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts weiblich sind, hätten wir uns schon eine verbindliche Quotierung gewünscht, wie es auch im Änderungsantrag der Grünen gefordert wird.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Warum ist mir dieser Punkt wichtig? Jedem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geht ein Abwägungsprozess zwischen der Lebensrealität und den verfassungsrechtlichen Ansätzen voraus. In einen solchen Abwägungsprozess gehen unterschiedliche Sichtweisen ein. Wir wissen: Sichtweisen sind durch Lebenserfahrung geprägt. Wir wissen auch, dass Männer und Frauen unterschiedliche Lebenserfahrungen haben. Ich hätte mir gewünscht, dass diese unterschiedlichen Erfahrungsansätze in diesen Abwägungsprozess Eingang finden.
Die Vertreter der Regierungskoalition müssen sich schon fragen, warum eine Frauenquote, die wir vor einigen Wochen hier ja tatsächlich für DAX-Unternehmen beschlossen haben, ausgerechnet für das höchste Organ der Rechtsprechung nicht gelten soll.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Weil es ein Verfassungsorgan ist!)
Wir sollten auch darüber nachdenken, wie wir unserer Verantwortung für die Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht gerecht werden. Das Bundesverfassungsgericht ist in den letzten Monaten und Jahren in die Rolle eines Ersatzgesetzgebers gedrängt worden. Deswegen sollten wir uns als Ziel vornehmen, hier künftig mehr verfassungskonforme Gesetze zu verabschieden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das machen wir doch!)
Hätten Sie in der Vergangenheit auf uns gehört, dann wäre den Richtern des Bundesverfassungsgerichts viel Arbeit erspart geblieben. Das sage ich jetzt aus aktuellem Anlass. Wenn das Bundesverfassungsgericht im letzten Dezember entschieden hat, dass Teile des Erbschaftsteuergesetzes verfassungswidrig sind, weil eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung der deutschen Oligarchen dadurch stattfindet,
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
dann sollten wir nicht im nächsten Schritt versuchen, diese Privilegien zu erhalten.
(Dr. Matthias Bartke [SPD]: Das gibt es bei Putin!)
So würde das Bundesverfassungsgericht von Arbeit entlastet.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Als Nächste spricht Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5116211 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Bundesverfassungsgerichtsgesetz |