Volker UllrichCDU/CSU - Bundesverfassungsgerichtsgesetz
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Artikel 94 unseres Grundgesetzes besagt, dass die Richter des Bundesverfassungsgerichts in gleichen Teilen durch den Bundesrat und den Bundestag zu wählen sind. Mit der heutigen Entscheidung gleichen wir die Verfassungspraxis dem Verfassungswortlaut an. Mit dieser Entscheidung wird eine stärkere demokratische Legitimation der Richter des Bundesverfassungsgerichts herbeigeführt. Das ist wichtig und notwendig, weil das Verfassungsgericht ein Verfassungsorgan ist und weil seine Entscheidungen in bestimmten Bereichen selbst Gesetzeskraft bekommen können.
Mit dieser Entscheidung ist aber kein Auftrag zu einer stärkeren politischen Positionierung des Bundesverfassungsgerichts verbunden. Die Grenze verfassungsrechtlicher Rechtsprechung ist die grundrechtssensible gesetzgeberische Wertentscheidung des Parlaments. Das gilt es nach wie vor zu beachten. Natürlich ist die Grenze fließend. Sie muss und sollte aber bestimmbar sein im Interesse beider Verfassungsorgane, nicht nur im Sinne eines gegenseitigen Respekts, sondern im Interesse einer funktionierenden Gewaltenteilung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sosehr das Gericht dem Gesetzgeber verfassungsrechtliche Schranken im Bereich der Grundrechtsinterpretation aufzeigt, so sehr darf auch der Bundestag den Wunsch äußern, dass die reinen politischen Wertentscheidungen respektiert und berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, der Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Einführung einer Frauenquote am Bundesverfassungsgericht ist nicht der richtige Weg.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)
Natürlich gilt der Grundsatz – er hat zu allen Zeiten gegolten und gilt auch zukünftig –: Wir wollen die besten Frauen und Männer an diesem Gericht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es gilt aber auch der Grundsatz: Verfassungsorgane quotiert man nicht, man respektiert sie.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das denn? – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das denn? – Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das denn?)
Am kommenden Samstag feiert unser Grundgesetz den 66. Geburtstag seiner Verabschiedung. Es hat sich im Laufe der Jahre von einem Provisorium zu einer weltweit geachteten Verfassungsordnung entwickelt. Und das Bundesverfassungsgericht hat mit richtungsweisenden Entscheidungen und großartigen Richtern einen sehr entscheidenden Anteil daran, dass diese Verfassungsordnung weltweit respektiert und nachgeahmt wird. Deswegen gilt an dieser Stelle dem Bundesverfassungsgericht auch der Dank für die Unterstützung und die Aufrechterhaltung unserer verfassungsgemäßen Ordnung.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das brauchen wir auch bei den Gesetzen, die Sie verabschieden!)
Meine Damen und Herren, man sagt nach einem geflügelten Wort: Mit 66 Jahren fängt das Leben an.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das war ein Lied! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht, dass Sie das jetzt singen! – Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Das Leben des Verfassungsgerichts fängt jetzt nicht an, sondern es soll in den kommenden Jahren respektvoll und durch Würde getragen weitergehen, damit wir gemeinsam, alle Verfassungsorgane, diese Verfassungsordnung, in der die Würde des Menschen und die Freiheit der Person festgeschrieben sind, respektieren und weiter fortschreiben. Es handelt sich, glaube ich, um die beste Verfassungsidee, die wir haben; wir sollten sie bewahren. In dem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5116268 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Bundesverfassungsgerichtsgesetz |