22.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 107 / Tagesordnungspunkt 32

Matthias BartkeSPD - Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne! Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat im November vergangenen Jahres ihr Konzept zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit vorgelegt. Es liegt in der Natur eines solchen Konzeptes, dass es noch keinen bis ins Detail ausgeführten Plan enthält. Aber eines hat die Bundesarbeitsministerin bereits mit der Veröffentlichung erreicht: Sie hat all jene Menschen, die schon länger als ein Jahr arbeitslos sind, wieder prominent auf die Agenda gesetzt. Auch die beiden Oppositionsparteien haben im Nachgang dazu jeweils einen Antrag zum Thema Langzeitarbeitslosigkeit eingebracht. Ich möchte Ihnen sagen: Ich stimme mit den Inhalten Ihrer Anträge nicht überein, aber ich freue mich, dass auch Sie das Thema auf der Agenda halten. Ministerin Nahles hat Langzeitarbeitslosigkeit wieder ins Bewusstsein der Politik geholt. Das kann man nicht unterschätzen. Schon seit mehreren Jahren ist konstant etwa 1 Million Menschen länger als ein Jahr ohne Job. Das ist 1 Million zu viel.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Am Montag hat die Anhörung zu unserem Konzept und zu den beiden Oppositionsanträgen stattgefunden. Die Einschätzungen der Sachverständigen haben uns in unserem Konzept bestätigt.

(Lachen der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich möchte stellvertretend die Stellungnahme der Arbeiterwohlfahrt zitieren:

Es war einhellige Meinung, dass Vermittlungsbemühungen in den ersten Arbeitsmarkt nicht für alle Arbeitslose eine Lösung bedeuten. Es gibt einen Teil von Langzeitarbeitslosen, für den öffentlich geförderte Beschäftigung eine neue Perspektive eröffnet. Deswegen bekämpfen wir Langzeitarbeitslosigkeit auch mit einem Bündel von Instrumenten, die individuell angepasst sind.

(Beifall bei der SPD)

Welche Schritte machen wir nun also genau? Wir werden flächendeckend Zentren für Aktivierung, Beratung und Chancen einrichten. Das Programm „Perspektive 50plus“ hat uns gezeigt, dass eine intensive Betreuung verbunden mit einer Arbeitsmarkt- und Gesundheitsförderung Erfolge bei der Integration in Arbeit produziert. Künftig soll dieser Ansatz nicht nur für ältere Langzeitarbeitslose, sondern für alle Langzeitarbeitslosen gelten.

Einen weiteren Schritt machen wir mit dem ESF-Programm zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen. Die Gewinnung und Beratung von Arbeitgebern wird hier eine gewichtige Rolle spielen. Damit begegnen wir der relativ geringen Bereitschaft von Betrieben, Langzeitarbeitslose einzustellen, und wir helfen, Vorurteile zu überwinden. Schon im November wurde die Förderrichtlinie veröffentlicht, und auch die Zuwendungsbescheide sind inzwischen alle verschickt. Es kann also losgehen.

Den nächsten Schritt machen wir ebenfalls noch dieses Jahr. Das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gibt Antwort auf die Frage, was wir denen anbieten wollen, die partout keine Beschäftigungsmöglichkeit finden. Mit 100 Prozent Lohnkostenzuschüssen werden wir Arbeitsverhältnisse ermöglichen, die sonst nicht zustande kämen. Auch für dieses Programm liegt die Förderrichtlinie bereits vor. Durch den Nachtragshaushalt haben wir die Verpflichtungsermächtigung für drei Jahre geschaffen. Das war nicht leicht, aber wir haben es geschafft. Danke, liebe Haushälter!

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Danke, liebe Opposition“, wollten Sie sagen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Auch mit der Gesundheitsförderung werden wir einen Schritt tun, der uns weiter nach vorne bringt. 40 Prozent der SGB-II-Leistungsbezieher haben schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen. Trotzdem waren die speziellen gesundheitlichen Bedürfnisse bisher kein elementarer Bestandteil einer Integrationsstrategie. Das werden wir ändern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist am Ende völlig egal, ob die Krankheit Grund oder Folge der Langzeitarbeitslosigkeit war. Wichtig ist nur, dass wir mit Prävention und Gesundheitsversorgung Abhilfe schaffen. Denn eines ist klar: Nur wer gesund ist, kann auch wirklich gut arbeiten.

All diese Schritte wurden in der Anhörung am Montag durch die Sachverständigen ausdrücklich begrüßt.

Dass auch wir zur Finanzierung gern den Passiv-Aktiv-Tausch eingesetzt hätten, ist hinlänglich bekannt.

Die Linke fordert in ihrem Antrag eine Sonderabgabe für Arbeitgeber. Ganz abgesehen davon, dass eine Sonderabgabe in der Form verfassungsrechtlich außerordentlich problematisch ist, ist diese Forderung in ihrer Allgemeinheit auch völlig deplatziert.

Überdies fordern Sie die Einrichtung von 200 000 öffentlich geförderten Stellen für Langzeitarbeitslose. Nach Einschätzung des IAB gibt es in der Tat etwa 100 000 bis 200 000 Langzeitarbeitslose, die nur noch sehr wenig Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Wenn Sie ausschließlich für diese eine öffentlich geförderte Beschäftigung gefordert hätten, dann wäre das zumindest eine in sich konsistente Forderung gewesen. Das machen Sie aber nicht. Nach Ihrem Antrag kommt jeder Einzelne der 1 Million Langzeitarbeitslosen für die Stellen in Betracht. Ich sage Ihnen: Das ist arbeitsmarktpolitischer Nonsens. Damit schaffen Sie Mitnahmeeffekte ohne Ende.

(Beifall bei der SPD)

Aber diejenigen, die solche Arbeitsplätze wirklich nötig hätten, bekommen sie dann nicht.

Die einzige Vorgabe, die Sie in Ihrem Antrag machen, ist: Es soll ein Stundenlohn von mindestens 10 Euro gezahlt werden. – Geht’s noch? Die Entlohnung von öffentlich geförderter Beschäftigung soll deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]:Man kann den gesetzlichen Mindestlohn anheben!)

Oder haben Sie im letzten halben Jahr vergessen, Ihren Antrag an die aktuelle Rechtslage anzupassen?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Aber lassen Sie mich zu einem versöhnlichen Schluss kommen, meine Damen und Herren. Wir mögen die Beratung des Antrags heute abschließen. Ich verspreche Ihnen aber, dass die Langzeitarbeitslosigkeit auch weiterhin ganz oben auf unserer Agenda stehen wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat die Kollegin Sabine Zimmermann für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5120479
Wahlperiode 18
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit
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