Martin PatzeltCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Menschenrechtsverletzungen in Eritrea
Meine sehr verehrten Besucher! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich am Abend mit den beiden jungen Eritreern, mit denen ich unterdessen befreundet bin, am Küchentisch sitze, dann beschreiben sie all das, was meine Vorredner hier beschrieben haben. Das hat auch den Hintergrund, dass sie verzweifelt fragen, wie es ihren Schwestern geht, die irgendwo durch Nordafrika irren, und wie es ihren alten Eltern geht, die sozusagen in Geiselhaft genommen wurden, weil ihre Kinder verschwunden sind. Wenn wir durch Deutschland fahren – ich nehme sie auf meinen Fahrten nach Köln, nach Potsdam, nach Erfurt mit –, entdecken sie überall Gesichter aus Eritrea, ganz schnell. Wenn sie dann miteinander sprechen, dann sprechen sie über ihr Elend, über ihre Heimat und über ihren dringenden Wunsch, in diese Heimat einmal wieder zurückzukönnen. – Das will ich Ihnen so mitteilen, weil das ein Indiz dafür ist, dass es junge Menschen sind, die immer noch Hoffnung auf eine Zukunft ihres Landes haben.
Was machen wir? Ich bin so froh und dankbar, dass es diese Aktuelle Stunde gibt, dass wir immer wieder thematisieren, dass wir Bewusstsein dafür schaffen, auch in der Öffentlichkeit, wie es den Menschen in der Welt geht, wie es den Menschen in Eritrea geht.
Wir haben gerade die Sitzung des Menschenrechtsausschusses unterbrochen, um in dieser Aktuellen Stunde mit über dieses Thema nachzudenken. Oft überfällt uns eine Ohnmacht. Im Menschenrechtsausschuss erleben wir die ganze Not der Welt. Sie wird uns dort – das wurde sehr gut recherchiert, zum Teil geht es dabei um selbst Erlebtes – sehr intensiv beschrieben bzw. vor Augen geführt. Man wird sprachlos. Auch empfindet man Hilflosigkeit und fragt sich: Was sollen wir denn tun?
Vor acht Jahren haben wir die wirtschaftliche Entwicklungshilfe für Eritrea eingestellt. Es war richtig, dass wir sie eingestellt haben. Auch ich bin der Meinung, dass bei einem solch verbrecherischen Regime kein Geld in dieses Land fließen darf. Die sich daran anschließende Frage lautet: Welche Möglichkeiten haben wir denn eigentlich in der Hand, etwas zu tun? Resolutionen und Erklärungen reichen nicht. Wir dürfen aber – da gebe ich meinem Vorredner, Herrn Koenigs, sehr recht – den Dialog nicht abbrechen lassen. Auch wenn nur der kleinste gemeinsame Nenner vorhanden ist, müssen wir ihn führen. Dabei dürfen wir nicht unser Gesicht verlieren und kein falsches Zeugnis ablegen. Auch dürfen wir nicht missdeutet werden können. Diesen Balanceakt können wir durchführen.
Ich bin unserer Regierung sehr dankbar, dass sie diese Politik bzw. diesen Balanceakt – ob bezogen auf Griechenland, Russland oder unsere Einsätze in Afrika bzw. Eritrea – immer wieder praktiziert und diesen schweren Weg geht. Wir müssen klar und deutlich machen, dass wir als Deutsche das, was dort geschieht, nicht fassen können und mit allen Möglichkeiten auf allen Ebenen energisch gegen dieses tiefe menschliche Unrecht protestieren. Andererseits müssen wir die Betreffenden immer wieder mit den Möglichkeiten, die wir zur Verfügung haben, neu locken, drücken und zwingen, damit sie in ihrem Land eine andere Entwicklung indizieren.
Was haben wir für Möglichkeiten in der Hand? Wir haben Geld. Wenn es nach mir ginge, würden wir den gesamten Solidarbeitrag dafür investieren. Das ist ein illusorischer Vorschlag, weil wir dafür niemals eine politische Mehrheit finden würden. Ich will mit einer solch utopischen Forderung aber deutlich machen, dass wir in der Nähe dieser Länder in konzertierter Aktion eine nachhaltige systematische Entwicklungshilfe schaffen müssen, damit sie erkennen, dass Demokratie, wirtschaftliche Entwicklung und vor allen Dingen Bildung die Voraussetzungen dafür sind, dass sich die Verhältnisse in ihren Ländern einmal ändern. Dafür gibt es viel zu wenig Zeugnisse und Beweise. Wir müssen uns, meine ich, auf die Strümpfe machen, um dort, wie gesagt, in konzertierter Aktion – vielleicht mit allen europäischen Staaten zusammen – eine solche projektorientierte nachhaltige Entwicklungshilfe zu leisten. Wir wissen, wie schwer das ist. Schon beim Flüchtlingsgipfel haben wir bemerkt, wie schwer Positionen zusammenzubringen sind. Das ist aber das größte Pfand, das wir in der Hand haben.
Wir können deutlich, offen und unverkrampft zeigen, dass die Menschen freiwillig in unserem Land bleiben wollen, dass sie hier glücklicher sind, ein gesichertes Einkommen haben und sich sozial engagieren. Welch besseren Beweis könnte man in diesen Ländern bzw. Kontinenten dafür erbringen, dass das der richtige Weg ist? Wir sollten das – sozusagen wie einen Infekt – dort hintragen. Das kostet Mühe, Anstrengung und auch Geld.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Ute Finckh-Krämer für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5223177 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 108 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu Menschenrechtsverletzungen in Eritrea |