11.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 109 / Tagesordnungspunkt 4

Karamba DiabySPD - Arbeitsmarktpolitik für Asylsuchende

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 1 Milliarde Euro zusätzlich vom Bund an die Länder für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen, bis zu 2 000 neue Stellen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für zügige Asylverfahren, Veränderungen im Baurecht, um schnell Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, die Öffnung des Arbeitsmarkts nach drei Monaten für Asylbewerberinnen, Asylbewerber und Geduldete, die Abschaffung der Residenzpflicht, um Asylbewerbern und Geduldeten endlich Bewegungsfreiheit im Lande zu ermöglichen, ein neues Bundesprogramm „Willkommen bei Freunden“ für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, ein reformiertes Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundsatz „Geld- statt Sachleistungen“ – liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Auswahl von bereits erfolgten und begonnenen Maßnahmen macht deutlich: Wir sind längst dabei, uns vom alten Geist der Abschottung und der Abwehr im Asylrecht zu verabschieden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir befinden uns mitten in einer neuen Phase, in der wir die Potenziale der Geflüchteten in den Blick nehmen und ihnen Chancen eröffnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Sie schreiben in Ihrem Antrag:

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)

Ganz ehrlich: Entweder haben Sie nicht besonders gut aufgepasst, was in den letzten Monaten alles auf den Weg gebracht wurde, oder Sie versuchen, das sensible Thema der Asylpolitik für sich zu nutzen. Ich bin der Meinung: Dieses Themenfeld eignet sich nicht für Parteitaktik.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass das Themenfeld „Migration und Asyl“ der Aufklärung, der Argumente und sachlicher Arbeit bedarf. Ich bin dankbar, dass wir nicht die Debatte der 90er-Jahre wiederholen und dass wir aktuell einen parteiübergreifenden Konsens haben.

Herr Diaby, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Pothmer zu?

Nein. Ich möchte gerne mein Konzept erst einmal zu Ende bringen; dann können wir diskutieren.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Man kann ja noch mal nachfragen!)

Ja, wir sind gefordert, aber nicht überfordert. Für die SPD-Fraktion ist klar: Gute Asylpolitik gelingt nur mit einer dauerhaften und substanziellen Beteiligung des Bundes. Wir brauchen weiterhin eine sinnvolle Verantwortungsteilung zwischen Bund und Ländern. Mit großen Erwartungen blicken wir auf die Ergebnisse des heutigen Treffens im Kanzleramt. Es muss den Durchbruch bringen. Aus meiner Sicht brauchen wir endlich eine Öffnung der Integrationskurse, und wir brauchen eine Bleibeperspektive für Auszubildende.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zehn Jahre Integrationskurse in Deutschland, das ist die Erfolgsgeschichte unseres Einwanderungsgesetzes. Sie läuteten den Paradigmenwechsel ein, hin zu einem echten Angebot des Staates. Diese Kurse sind das wichtigste staatlich geförderte Angebot für Einwandernde. Seit der Einführung der Integrationskurse vor zehn Jahren haben sage und schreibe 1 Million Menschen an diesen Kursen teilgenommen. Das ist ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sie alle absolvieren 600 Stunden Deutschunterricht und 60 Stunden Orientierungskurs. Mehr als zwei Drittel schließen den Kurs erfolgreich ab. Es klingt abgedroschen, aber es stimmt: Sprache ist die Eintrittskarte für Teilhabe an Arbeit und gesellschaftlichem Leben. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, wovon ich rede. Daher brauchen wir die Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende und Geduldete.

(Beifall bei der SPD)

Bislang bieten einzelne Bundesländer wie mein Bundesland Sachsen-Anhalt und Berlin unter anderem Sprachkurse für Asylsuchende auf freiwilliger Basis an. Sie sind ein voller Erfolg. Es muss aber klar gesagt werden: Der Spracherwerb darf nicht vom Zufall abhängen oder auf Ehrenamtliche abgewälzt werden.

(Beifall der Abg. Daniela Kolbe [SPD])

Hier muss der Bund seinen Beitrag leisten. Damit ist auch eine substanzielle Entlastung der Länder und Kommunen verbunden. Das verstehe ich unter moderner Integrationspolitik.

Wir müssen Geflüchteten den Aufstieg ermöglichen. Ich meine damit Aufstieg durch Bildung. Wir müssen ihnen Chancen bieten, ihre Fähigkeiten und Talente zu entfalten, sich einzubringen, und ihnen den Weg öffnen, Teil dieser Gesellschaft zu werden. Das ist nicht nur menschenrechtlich geboten, sondern auch volkswirtschaftlich vernünftig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, zu einer fairen und vernünftigen Asylpolitik zählt die Bleibeperspektive für jugendliche Asylsuchende in Ausbildung. Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber fordern zu Recht ein sicheres Aufenthaltsrecht für die jugendlichen Asylsuchenden und Geduldeten, die eine Ausbildung beginnen können. Die Arbeitgeber brauchen hier Rechtssicherheit. Die SPD-Fraktion meint: Wir brauchen für diese Jugendlichen einen sicheren Aufenthaltsstatus für die Dauer der Ausbildung und darüber hinaus für eine anschließende Arbeitssuche. Daneben sollten wir auch über pragmatische Ausnahmen nachdenken. Es ist ein Paradox: Wir reden über Konzepte zur Lösung des Fachkräftemangels und darüber, wie wir Menschen aus Drittstaaten anwerben können. Gleichzeitig aber schieben wir Asylbewerber ab, die mit gesuchten Qualifikationen kommen. Hier brauchen wir pragmatische Lösungen.

(Beifall bei der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen, alle diese Maßnahmen machen deutlich, dass wir uns auf einem guten Weg befinden – hin zu einem Paradigmenwechsel unseres Asylrechtes: weg von Abwehr und hin zu einer modernen Willkommenskultur.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns diesen Weg weitergehen, indem wir die Potenziale der Geflüchteten in den Blick nehmen und ihnen Chancen eröffnen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als letzter Redner in dieser Debatte hat Kai Whittaker von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5227878
Wahlperiode 18
Sitzung 109
Tagesordnungspunkt Arbeitsmarktpolitik für Asylsuchende
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