Elvira Drobinski-WeißSPD - Gesunde Ernährung
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen! Zu dem Gegenwind in Bezug auf die „quengelfreien“ Kassen: Wir haben hier ganz andere Rückmeldungen bekommen. Uns haben Eltern geschrieben: Wunderbar, endlich können wir jetzt auch einmal in aller Ruhe einkaufen gehen, ohne dass unsere Kleinen uns nerven, dass sie etwas haben wollen.
Genauso wie Sie habe auch ich in der letzten Woche Post bekommen, und zwar von der Zuckerwirtschaft. Mit Blick auf die Debatte heute wollte man mich darauf hinweisen, dass auch die Zuckerwirtschaft Initiativen begrüßt, mit denen die Gesundheit verbessert und Übergewicht reduziert wird. Dafür halte man Aufklärung über eine gesunde Lebensweise für wichtig. Außerdem würde man dazu ja auch schon einen Beitrag leisten. – Ja, das glaube ich sofort.
Sorgen bereitet der Zuckerwirtschaft allerdings unser Vorhaben, mit einer Reduktion von Zucker in Lebensmitteln präventiv tätig zu werden. Aha, wie überraschend! Mir bereitet es eher Sorgen, dass wir trotz der zahllosen Aufklärungs- und Informationskampagnen, die es seit Jahren gibt, den Anstieg chronischer Erkrankungen wie Diabetes – gerade auch bei Kindern und Jugendlichen – immer noch nicht gestoppt haben
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und dass es sehr vielen Menschen nach wie vor schwerfällt, sich ausgewogen und gesund zu ernähren, selbst wenn sie wissen, wie es geht, und es auch wollen. Vielleicht fragen Sie sich auch einmal selbst.
Das liegt vor allem daran, dass die Lebensrealität vieler Menschen tagtäglich und beharrlich selbst gegen die besten Vorsätze arbeitet. Das wollen wir ändern. Wir wollen es den Verbraucherinnen und Verbrauchern leichter machen, sich gesund zu ernähren. Wir wollen eben keine Verhaltensvorschriften machen, wie es hier gerade eben schon ausgeführt worden ist, sondern wir wollen die Lebensverhältnisse so gestalten, dass die gesunde Wahl zu einer leichteren Wahl wird. Deswegen fordern wir in unserem Antrag unter anderem auch eine nationale Strategie zur schrittweisen Reduktion von Zucker, Salz und Fetten in Fertiglebensmitteln.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In anderen Ländern sind damit schon beeindruckende Erfolge erzielt worden. Das wurde bereits angesprochen. In Großbritannien beispielsweise hat die Regierung mit der Lebensmittelwirtschaft vereinbart, den Salzgehalt in verschiedenen Lebensmitteln Schritt für Schritt zu senken. Tatsächlich hat sich der Salzgehalt innerhalb einiger Jahre deutlich verringert, und das Risiko der Bevölkerung für Schlaganfälle und Herzerkrankungen ist um 40 Prozent gesunken, und zwar ohne dem Absatz der Unternehmen zu schaden.
In Deutschland hat das Ernährungsministerium vor einigen Jahren schon einen Anfang gemacht. Es hat nämlich mit der Wirtschaft vereinbart, herzschädigende Transfette in Lebensmitteln zu reduzieren. Ergebnis: Der Transfettgehalt in vielen Lebensmitteln ist seitdem gesunken. Es funktioniert also, und es wird auch für Salz und Zucker funktionieren. Wir müssen das Vorhaben nur ehrgeizig genug angehen. Die Zuckerwirtschaft werden wir dafür voraussichtlich nicht gewinnen, aber damit kann ich leben.
Hoffnung macht mir dagegen, dass beispielsweise in Großbritannien die Supermarktkette Tesco angefangen hat, den Zuckergehalt in Kindergetränken zu reduzieren. Dort hat offensichtlich jemand die Zeichen der Zeit erkannt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
In Großbritannien hat man allerdings auch erkannt: Wirklich gut funktioniert das alles langfristig nur, wenn jemand, zum Beispiel ein Ministerium oder eine Behörde, zentral das Zepter in der Hand hält, den Dialog organisiert und für einheitliche Berichte sorgt. Dann sind faire Wettbewerbsbedingungen gegeben; dann machen alle mit.
Natürlich wird es mitunter komplex werden. Natürlich werden wir darauf achten müssen, dass nicht nur ein ungünstiger Nährstoff durch einen anderen ersetzt wird, sondern dass ausgewogenere und vollwertigere Nahrungsmittel das Ziel der Reduktionsstrategie sind. Denn es geht nicht allein um Kalorien, sondern um bessere und trotzdem schmackhafte Lebensmittel.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Natürlich soll es auch weiterhin Schokolade und Limonade geben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber auf vermeintlich gesundes Müsli für Kinder, das in Wahrheit doppelt so süß ist wie Kekse, oder auf eine Fertigsuppe, die allein den täglichen Salzbedarf deckt, können wir alle sicher gut verzichten.
Kurzum: Vor uns liegt eine nicht ganz leichte Aufgabe. Aber ich finde, es ist an der Zeit, sie endlich anzugehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. Damit ist auch die letzte Sorge um die Schokolade genommen. – Jetzt hat die Kollegin Marlene Mortler von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5229073 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 109 |
Tagesordnungspunkt | Gesunde Ernährung |