11.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 109 / Tagesordnungspunkt 9

Helmut NowakCDU/CSU - Rüstungsexportkontrolle

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Grünen fordern in ihrem Antrag strengere Kontrollen und mehr Transparenz. Dabei ist die Genehmigung von Rüstungsexporten schon heute bis ins Detail geregelt und streng überwacht. Für den gesamten Handlungsprozess bestehen bereits strikte Vorgaben. Das gilt insbesondere für Drittländer. Eine Ausfuhr wird nur in Ausnahmefällen gestattet.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 60 Prozent!)

Im weltweiten Vergleich hat Deutschland seit vielen Jahren die restriktivste Praxis in Bezug auf Genehmigungen bis hin zum letztendlichen Verbleib der Rüstungsgüter, also bis zu der Zeit nach der Nutzung.

(Zuruf der Abg. Inge Höger [DIE LINKE])

In ihren Entscheidungen richtet sich die Bundesregierung maßgeblich nach den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern. Diese wurden übrigens im Jahr 2000 – das ist schon mehrfach genannt worden – von der rot-grünen Regierung beschlossen, und das war auch gut so.

Auch die jetzige Koalition bekennt sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich zu diesen Dingen. Die darin enthaltenen Genehmigungskriterien für Exporte sind durch Aufnahme als Ermessensleitlinie bereits verbindlich. Sie bedürfen daher keiner weiteren Einbindung in das Gesetz.

Als rechtliche Basis dienen der Bundesregierung das Außenwirtschaftsgesetz, die Außenwirtschaftsverordnung und das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen. Laut dieser Gesetze bzw. Verordnung wird bei der Ausfuhr aller Rüstungsgüter eine Genehmigung benötigt.

Es wird grundsätzlich keine Genehmigung erteilt, wenn auch nur der „hinreichende Verdacht“ besteht, dass die Bevölkerung des Empfängerlandes interner Repression oder sonstiger Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt ist. Zudem wird das Verfahren bei den Genehmigungsprozessen durch den Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren sowie durch die Prinzipien zur Regelung des Transfers konventioneller Waffen der OSZE geregelt. Der Bundessicherheitsrat trifft die abschließende Entscheidung. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, unterrichtet die Bundesregierung den Deutschen Bundestag und damit die Öffentlichkeit. Dadurch wird Transparenz gegenüber Parlament und Bürgerinnen und Bürgern entsprechend den festgelegten Berichtspflichten sichergestellt.

Bereits im Frühjahr 2014 stufte das Bundesverfassungsgericht die in diesem Zusammenhang durchgeführte Informationspraxis als verfassungsgemäß ein. Daher sehe ich auch hier keine Anknüpfungspunkte für die gestellten Forderungen.

Der Export von Gütern der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland ist somit bereits streng geregelt, reglementiert, und die damit einhergehende Informationspraxis ist rechtlich verankert. Insbesondere eine weitere Verschärfung ist daher an dieser Stelle nicht erforderlich. Zusätzliche Restriktionen brächten die deutsche Sicherheitswirtschaft dagegen in eine durchaus prekäre Lage. Schon jetzt müssen die deutschen Unternehmen fürchten, aus der internationalen Sicherheitskooperation verdrängt zu werden, da sie im globalen Ansehen zunehmend an Verlässlichkeit einbüßen. Bei internationalen Rüstungsmessen werben ausländische Hersteller bei der Präsentation ihrer Produkte inzwischen mit „German free“, was bedeuten soll, dass auf deutsche Bauteile und deutsches Know-how verzichtet wurde. Verzichtet wurde deshalb, weil kein Vertrauen mehr in eine langfristig angelegte Zusammenarbeit besteht. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine wirklich besorgniserregende Entwicklung.

Die deutsche Rüstungsexportpolitik war immer eine Politik der Selbstbeschränkung. Wir setzen damit internationale Standards und gehen mit gutem Beispiel voran. Alles ist genau und transparent geregelt. In präzisen Einzelfallüberlegungen wird etwa erörtert: Wer erhält die Güter? Zu welchem Zweck? Was passiert mit dem Gerät nach der Nutzungsphase? – Glauben Sie, dass das in irgendeinem anderen Land ähnlich gehandhabt wird? Ich zumindest kenne keines.

(Jan van Aken [DIE LINKE]: Dann informieren Sie sich einmal! Das liegt daran, dass Sie keine Ahnung haben!)

Beschränkungen dürfen aber nicht durch immer weitere Verschärfungen dazu führen, dass bei uns ganze Industriebereiche vernichtet werden. Firmen bekämen nicht mehr genügend Aufträge, Zehntausende Angestellte verlören ihren Arbeitsplatz, was gleichzeitig ein Ende von Entwicklung und Produktion von Sicherheitsgütern in Deutschland bedeuten würde, oder die Unternehmen sähen sich gezwungen, ins Ausland abzuwandern. In beiden Fällen gingen damit der dauerhafte Verlust des entsprechenden technischen Know-hows sowie hochqualifizierter Arbeitsplätze einher. Die Folge wäre eine erhebliche Schwächung der außen- und sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit Deutschlands. Wir wären abhängig von Importen und würden somit weniger Kontrolle über unsere eigene nationale Sicherheit besitzen, und dies in einer Zeit, in der Krisen und Kriege mittlerweile direkt vor unserer Haustür stattfinden.

Es ist aber eine Kernaufgabe staatlichen Handelns, die Sicherheit seiner Bürger und die seiner Bündnispartner zu garantieren. Hierzu zählen Frieden und Stabilität im Inland sowie eine wirksame Landesverteidigung. Wir dürfen dabei auch nicht übersehen, dass sich viele NATO-Staaten bei der Sicherung ihrer Länder auch auf deutsche Technologie verlassen. Aber auch viele Staaten, die nicht Mitglied des Nordatlantischen Bündnisses sind, vertrauen bei ihrer Landesverteidigung auf deutsches Know-how. Soll Deutschland den anderen Ländern verwehren, sich dafür einzusetzen, ihre Landesgrenzen auch mit deutscher Technologie zu sichern und das Leben, das Hab und Gut der eigenen Bevölkerung zu schützen?

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, eines ist doch auch klar: Eine noch weitere Beschränkung von Rüstungsexporten bis hin zur totalen Aufgabe, wie sie gefordert wird, würde den weltweiten Handel von Rüstungsgütern in keiner Weise stoppen, nicht einmal quantitativ verändern. Unsere Exporte würden dann lediglich von anderen Ländern übernommen werden, deren Kontrollen und Anforderungen wesentlich geringer ausfallen – von der Berücksichtigung der Menschenrechtslage ganz zu schweigen.

Ich sage, mit zusätzlichen Verschärfungen der Gesetzgebung im Bereich der Rüstungsexportkontrolle erreichen wir keines der von Ihnen gewünschten Ziele. Wir wollen unsere wettbewerbsfähigen Unternehmen und Technologien im Inland fördern. Wir wollen bei der Kontrolle von Rüstungsexporten weltweit Standards setzen und mit gutem Beispiel vorangehen. Wir wollen unseren Bürgern eine wirksame Landesverteidigung garantieren. Wir wollen anderen Ländern dieselbe sichere und stabile Landesverteidigung nicht verwehren. Daher ist es, entgegen Ihrem Ansinnen, dringend notwendig, die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie weiterhin nachhaltig zu stärken. Ihrem Antrag können wir deshalb nicht zustimmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin für die SPD-Fraktion ist die Kollegin Ute Finckh-Krämer.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5229249
Wahlperiode 18
Sitzung 109
Tagesordnungspunkt Rüstungsexportkontrolle
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