11.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 109 / Tagesordnungspunkt 10

Ulla Schmidt - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)

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Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Herr Neu, was soll ich dazu sagen? Mir fällt es jetzt wirklich schwer, das, was Sie gesagt haben, einzuordnen.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Man kann auf manche Argumente von Herrn Gehrcke oder von Herrn Dehm normalerweise ja noch reagieren, aber bei Ihnen fällt es mir jetzt wirklich sehr schwer.

Ich möchte Ihnen nur eine Frage stellen – fühlen Sie sich dadurch nicht zu einer Zwischenfrage provoziert, die Sie meinetwegen aber auch stellen können; ich lasse sie zu –:Was ist denn bitte Ihre Alternative zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben? Sie tun so, als ob KFOR ein Kampfeinsatz wäre, der einer Invasion gleichkommt.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das ist es doch auch!)

– Nein, das ist es nicht. KFOR ist eine friedenssichernde Maßnahme. Wir hätten uns als Unionsfraktion gewünscht, dass wir heute sagen können: Das Mandat endet. – Wir hatten sogar zwischendurch eine Entwicklung, in der es danach aussah. Allerdings hat sich der Balkan – der Minister hat es gerade gesagt – leider in eine andere Richtung entwickelt.

Wir haben – ich weiß nicht, ob man darüber berichten darf, aber ich setze das Einverständnis meiner Kollegen voraus – diese Woche im Auswärtigen Ausschuss ausführlich darüber diskutiert. Ich glaube, wir haben in dieser Frage selten so viel Einigkeit gehabt wie in dieser Woche. Denn das, was gerade auf dem Balkan insgesamt passiert – im Kosovo, in Bosnien, aber auch in Mazedonien –, bleibt zehn Jahre hinter einer Entwicklung zurück, die wir eigentlich schon erreicht hatten. Deswegen ist das Mandat weiter notwendig.

Ich würde gerne sagen: Es läuft aus. – Aber wir können es uns jetzt nicht leisten, die Soldaten abzuziehen, weil der Gefährdungsgrad nach wie vor gegeben ist. Es stimmt zwar, dass der Charakter des Mandats sich im Laufe der Zeit etwas verändert hat. Aber heute ist die Lage näher an eine Auseinandersetzung, sowohl politisch als auch im negativsten Fall militärisch, gerückt, als wir es vor fünf Jahren vielleicht noch gedacht haben.

Was Mazedonien angeht, möchte ich dem Minister beipflichten. Ich finde es richtig, dass die EU sich so stark engagiert. Ich glaube, an dieser Stelle sind tatsächlich auch wir gefordert, weil – das möchte ich als etwas Positives werten – beide Seiten in Mazedonien sehr großen Wert auf gute Beziehungen zu ihren Schwesterparteien – damit meine ich nicht CDU/CSU oder SPD, sondern die europäischen Schwesterparteien – legen. Teilweise wird auch versucht, das zu instrumentalisieren.

Was wir als starke Parlamentarier und Parteivertreter dazu beitragen können, ist, glaube ich, die EU-Kommission zu unterstützen, indem wir darauf hinwirken, dass Mazedonien eine Technokratenregierung bekommt und es Neuwahlen unter fairen und rechtmäßigen Bedingungen gibt, um dadurch die Situation etwas abzukühlen. Denn das, was wir vor ein paar Wochen erlebt haben – unabhängig davon, wie das konkret zustande gekommen ist; es gibt viele Verschwörungstheorien und unterschiedliche Ansichten dazu –, war definitiv eine Auseinandersetzung militärischer Art, die entweder durch Terror oder durch so große Verwerfungen innerhalb des Landes entstanden ist, dass man in Mazedonien alarmiert sein muss. Von Aussöhnung ist man sehr weit entfernt.

Deshalb werbe ich dafür, dass wir versuchen, möglichst auf die Bildung einer Allparteienregierung hinzuwirken – ich habe gerade von einer Technokratenregierung gesprochen – oder den Prozess einzuleiten, von dem der Minister gesprochen hat, einen Prozess, der dazu führt, dass wieder Stabilität einkehrt. Die Sorge, die ich bei der Forderung nach Neuwahlen habe, ist, dass es dann wieder zu einem gegenseitigen Aufrüsten im Wahlkampf kommt – das meine ich nicht militärisch, sondern medial und rhetorisch –, von dem man nur schwer wieder herunterkommt.

Hier muss ich – wir diskutieren ja oft über Griechenland – deutlich sagen: Das Verhalten unseres griechischen NATO-Partners ist an dieser Stelle nicht akzeptabel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In einer solchen Phase in dem Namensstreit, in dem die Amerikaner konkrete Lösungsvorschläge gemacht haben – übrigens emotional zulasten der Mazedonier –, jeden Vorschlag immer wieder abzulehnen, halte ich für unverantwortlich. Wenn man mit griechischen Politikern darüber diskutiert, schwingt immer eine Drohung im Raume mit. Sie sagen nämlich: Ihr müsst mit dem Problem dann halt fertig werden, dass die ausländischen Kämpfer, die vom Balkan nach Syrien gezogen sind und jetzt, bestens trainiert und motiviert, aus dem Levante-Kampfgebiet zurückkehren, nicht wieder in den Balkan einsickern; wir können dazu nichts beitragen.

Natürlich muss Griechenland etwas beitragen, und zwar durch Grenzkontrollen und den Austausch der notwendigen nachrichtendienstlichen Informationen, damit es dort nicht zu einem Terroristenverkehr von A nach B kommt. Insofern müssen wir die Griechen wirklich ermahnen. Denn diese Drohung hat der griechische Verteidigungsminister sogar einmal in einer deutschen Zeitung geäußert. Ich hoffe nicht, dass das der Grund ist, dass diese Auseinandersetzung in Mazedonien stattgefunden hat oder Kämpfer eingesickert sind. Es gibt Hinweise darauf, dass es so sein könnte. Ich schließe an dieser Stelle keine einzige Erklärung aus.

Frau Präsidentin, ich werbe für das Mandat und komme zum Schluss meiner Rede.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. Das ist vorbildlich. – Das Wort hat jetzt die Kollegin Marieluise Beck, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5229341
Wahlperiode 18
Sitzung 109
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
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