Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entwicklungen in den letzten Jahren in der Region sind, optimistisch gesehen, ein Beispiel dafür, dass die Europäische Union eine große Anziehungskraft ausstrahlt und wichtige Impulse im Land und in der Region setzt. Ohne die Aussicht, Verhandlungen über einen Beitritt im Falle Serbiens oder eine Assoziierung im Falle des Kosovo aufzunehmen, wäre es nie zum Durchbruch in den Gesprächen zwischen Serbien und Kosovo gekommen. Vor allem Serbien als EU-Beitrittskandidat muss sich jetzt erst recht an den angestrebten Zielen messen lassen und alles in seiner Macht Stehende tun, um eine nachhaltige Stabilisierung im Norden des Kosovo zu unterstützen. Der serbischen Regierung ist auch ganz klar, dass ein Gelingen ihrer Kandidatur wesentlich vom Dialog zwischen Belgrad und Pristina abhängt. Das haben wir ihr klargemacht.
Neben den zahlreichen positiven Entwicklungen muss aber auch ganz klar gesagt werden: Die Lage in der Republik Kosovo ist zwar grundsätzlich ruhig und stabil; allerdings bleibt das Eskalationspotenzial im serbisch dominierten Norden des Kosovo weiterhin hoch. Leider erkennen Serbien und auch fünf EU-Mitgliedsländer die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo nach wie vor nicht an. Das ist sehr verdrießlich. Der Kollege Peter Beyer hat das zu Recht gesagt. Auch der Zwischenfall am 24. Mai erinnert an alte Zeiten im Kosovo. Unbekannte haben eine EULEX-Patrouille beschossen. Es kam zu Schäden an den geschützten Fahrzeugen mit fünf Insassen, darunter im Übrigen auch ein deutscher Polizist. Diese Insassen konnten Gott sei Dank unverletzt das Auto verlassen. Es sind solche Rückschläge, die uns zeigen, wie wichtig eine weitere Präsenz der KFOR- Truppen ist.
Auch die Situation im angrenzenden Mazedonien – darüber wurde ebenfalls schon gesprochen – hat das Potenzial, die gesamte Region zu destabilisieren, da die Bevölkerungsgruppen über die Landesgrenzen hinweg ethnisch eng miteinander verbunden sind. Die schweren Kämpfe nahe der Grenze zum Kosovo im letzten Monat haben gezeigt, dass wir unerwartete Zwischenfälle, die zu einer Anspannung der Lage führen, nicht ausschließen können.
Die internationale Truppenpräsenz von KFOR bleibt deshalb so lange nötig, bis die Sicherheitsorgane Kosovos, gegebenenfalls unterstützt durch die EU-Mission EULEX, im Kosovo ein sicheres und stabiles Umfeld aufrechterhalten können. Wir wissen, dass unsere militärische Unterstützung und unsere sicherheitspolitische Arbeit nur nachhaltig sein können, wenn wirtschaftliche Kooperation und Entwicklungszusammenarbeit den Weg flankieren.
Kosovo leidet zum einen noch immer unter der historischen Unterentwicklung aus der osmanischen Zeit und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aber auch unter den Folgen der ökonomischen Marginalisierung unter dem Milosevic-Regime. Die Wirtschaftsentwicklung kann nicht mit dem überdurchschnittlichen Bevölkerungswachstum mithalten. Die Auswirkungen sind verheerend, und das bekommen auch wir in Deutschland deutlich zu spüren.
Die Flüchtlingswelle aus dem Kosovo hat sich mit 28 000 Asylbewerbern allein Anfang 2015 um das Sechzehnfache im Vergleich zum Vorjahr vergrößert. In einer Zeit, in der Europa Ziel von Hundertausenden notleidenden Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten des Nahen Ostens und Afrikas ist, liegt es auf der Hand, dass Deutschland diese Welle der Einwanderer aus dem Kosovo und aus dem gesamten Balkan nicht auch noch schultern kann. Wir müssen uns verstärkt daranmachen, den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive zu bieten. Bundesminister Dr. Müller hat deshalb bei seiner Reise auf den Balkan betont, dass die Ursachen für die Flucht aus dem Herkunftsland noch intensiver bekämpft werden müssen. Hierfür gibt es bereits Zusagen von über 25 Millionen Euro allein im Jahre 2015.
Wenn wir also über die KFOR-Mission debattieren, ist uns klar, dass dieses Mandat neben unserem entwicklungspolitischen Engagement für die Region ausschlaggebend ist. Es ist viel zu früh, den Kosovo und Serbien auf sich allein zu stellen. Wir müssen die Länder auf ihrem ehrgeizigen Weg in die EU weiter unterstützen. Das KFOR-Mandat muss ein weiteres Mal verlängert werden.
Um auf den Debattenbeitrag von Frau Beck einzugehen: Wir müssen weiterhin für ausreichend Luft im Kosovo sorgen.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5229458 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 109 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR) |