Volker UllrichCDU/CSU - Speicherpflicht und -frist für Verkehrsdaten
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Folgende Frage liegt der heutigen Debatte zugrunde: Wie kann der Staat den Schutz der Bürger gewährleisten und ihre Freiheitsrechte sichern, ohne selbst zu tief in Grundrechte einzugreifen? Dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Speicherpflicht für Verbindungsdaten gelingt diese Balance. Er ist eine geeignete und verhältnismäßige Antwort des wehrhaften und demokratischen Rechtsstaates.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Stimmt nicht!)
Der Staat kann sich seiner Verantwortung nicht entziehen, wenn die Grundlagen und der Grundkonsens unseres Zusammenlebens erschüttert werden – erschüttert durch schwerste Straftaten wie Mord und Totschlag, Kinderpornografie, Terrorismus und organisierte Kriminalität –. Dem Staat obliegt es, diese Straftaten aufzuklären und Täter in einem rechtsstaatlichen Verfahren zur Rechenschaft zu ziehen. Das ist ein wesentlicher Auftrag an ein rechtsstaatliches Gemeinwesen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Debatte darf damit auch nicht auf einen vermeintlichen Gegensatz zwischen Freiheit und Sicherheit verengt werden.
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Freiheit und Sicherheit schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie bedingen sich.
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: So ist es!)
Freiheit bleibt nur bestehen, wenn sie geschützt und verteidigt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich bin daher dem Herrn Bundesjustizminister sehr dankbar, dass er in enger Abstimmung mit dem Bundesminister des Innern einen von Verantwortung getragenen und grundrechtssensiblen Vorschlag in den Bundestag eingebracht hat. Das ist eine klare und begrüßenswerte Haltung zum wehrhaften Rechtsstaat.
Die Forderung nach der Speicherung von Verbindungsdaten als Instrument der Aufklärung und Prävention ist stets von vielen besonnenen Experten und Praktikern im Bereich der inneren Sicherheit aus guten Gründen empfohlen worden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat dies nicht für verfassungswidrig erklärt. Im Gegenteil: Es hat einen klaren Rahmen aufgezeigt, in welchem ein solches Instrument der digitalen Spurensicherung rechtlich möglich ist. Dieser Rahmen wird durch das vorliegende Gesetz eingehalten.
Der Staat, meine Damen und Herren, speichert nicht selbst. Die Speicherpflicht bleibt bei den Anbietern. Im Einzelfall können die Strafverfolgungsbehörden nach richterlichem Beschluss innerhalb kürzester Fristen zur Ermittlung schwerster Straftaten auf Verbindungsdaten zurückgreifen – und auch nur dann. Der Gesetzentwurf stellt den Schutz der Daten gegen unbefugten Zugriff sicher. Daten von Berufsgeheimnisträgern unterliegen einem Verwertungsgebot. Inhalte werden nicht gespeichert. Das ist doch eine gute Zusammenstellung.
Wir wissen aber auch: Mindestspeicherfristen sind kein Allheilmittel. Dem Rechtsstaat sind bewusst und auch zu Recht Grenzen gesetzt. Deswegen ist dieser Gesetzentwurf auch wohlüberlegt. Aber es bleibt auch festzuhalten: Zur Aufklärung schwerster Kriminalität sind digitale Spuren oftmals der einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz. Diesen müssen die Strafverfolgungsbehörden nachgehen dürfen. Es geht darum, dass wir durch die Entdeckung krimineller Strukturen wissen, was Straftäter und Terroristen vorhaben, wie sie sich bewegen. Dadurch verhindern wir neue Anschläge.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es geht also nicht darum, die Befugnisse von Sicherheitsbehörden zu überdehnen. Es geht darum, dass wir ihnen Chancengleichheit geben, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, Sicherheitslücken zu schließen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, bereits jetzt kann auf Daten zurückgegriffen werden, die bei den Anbietern gespeichert sind. Es hängt aber vom Zufall ab, ob diese Daten noch vorhanden sind. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist folgende: Akzeptiert der Rechtsstaat in diesem Bereich eine Zufälligkeit, oder brauchen wir eine rechtsklare und rechtssichere Regelung? Es verwundert, wenn in diesem Zusammenhang nicht Lösungen gesucht werden oder eine verantwortungsvolle Debatte geführt wird, meine Damen und Herren von der Linken und von den Grünen, sondern wenn Sie von Überwachungsstaat, Generalverdacht oder Massenüberwachung sprechen. Es kann Sie niemand daran hindern, sachlich falsch zu liegen. Es kann Sie niemand daran hindern, zugespitzt oder polemisch Ihre Meinung zu äußern.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Euch auch nicht!)
Aber im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf von Massenüberwachung zu sprechen, verbietet sich nicht nur aus Respekt vor historischen Gegebenheiten, sondern es ist schlichtweg alarmierend und unanständig, in einem sensiblen Umfeld ein Klima der Angst zu schüren. So geht man nicht mit Verantwortung um.
(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Unanständig! – Jan Korte [DIE LINKE]: Sie dürfen auch sagen, was Sie wollen! Da müssen wir es auch dürfen!)
Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf ist von einer tiefen Sorge um unsere freiheitliche und demokratische Grundordnung geprägt. Wir haben in den vergangenen Monaten das Strafrecht zum Schutz unserer Kinder und zur stärkeren Bestrafung terroristischer Vorbereitungshandlungen reformiert. Der Bund wird im nächsten Haushaltsjahr viele Hundert neue Stellen bei der Bundespolizei schaffen. In diesem Zusammenhang sind die Bemühungen um Speicherungen von Verbindungsdaten die sachlich gebotene Ergänzung.
Natürlich könnte man sich auch zurücklehnen und bequem den einen oder anderen Applaus einfangen. Bequemlichkeit würde vielleicht auch Kritik ersparen. Aber das wäre kein geeignetes Handeln. Es wäre Preisgabe von Verantwortung. Das ist mit uns nicht zu machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was unterscheidet uns am Ende des Tages?
(Jan Korte [DIE LINKE]: Vieles, in vielen Bereichen!)
Es ist unsere tiefe Sorge um die freiheitlich-demokratische Grundordnung und unsere verantwortliche Haltung zu Freiheit und Sicherheit. Die werden wir uns nicht nehmen lassen. Deswegen werden wir diesen guten Gesetzentwurf in die weiteren Beratungen einbringen und am Ende des Tages auch verabschieden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])
Der Kollege Thomas Jarzombek hat für die CDU/ CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5233672 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 110 |
Tagesordnungspunkt | Speicherpflicht und -frist für Verkehrsdaten |