Manfred ZöllmerSPD - EU-Vorgaben für Bankenabwicklungsrecht
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Steuergelder für Pleitebanken – das ist unser politisches Credo, das wir seit der Finanzmarktkrise wie ein Mantra vor uns hertragen und immer wiederholen. Deswegen müssen wir uns in diesem Jahr fragen: Wie sieht eigentlich der Weg vom Mantra zur Realität aus? Wo stehen wir auf diesem Weg?
Der vorliegende Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht ein weiterer wichtiger Baustein, die politische Forderung, die ich eben formuliert habe, Realität werden zu lassen. Mit ihm werden wir eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen in Deutschland an eine Reihe von europarechtlichen Vorgaben anpassen.
Das ist, wie immer, wenn es um Bankenrecht geht, hochkomplex und kompliziert. In den letzten Jahren haben wir in Europa als Konsequenz aus der Bankenkrise eine Bankenunion geschaffen. Sie sieht eine einheitliche Aufsicht der großen Banken durch die EZB vor. Seit dem 4. November 2014 ist dies in Kraft. Das stellt eine völlige Umgestaltung und Vereinheitlichung der Bankenaufsicht für 1 200 Kreditinstitute in Europa dar.
Zusätzlich wurde ein europäischer Bankenfonds beschlossen, der zukünftig im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer Bank verhindern soll, dass wieder Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Zockereien von Banken bluten müssen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch systemrelevante Banken können damit zukünftig in einem geordneten Verfahren abgewickelt werden. Risiko und Haftung gehören in Zukunft auch bei Banken wieder zusammen. Im Insolvenzfall sollen Eigentümer und Gläubiger – und nicht der Steuerzahler – haften. Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus wird ab dem 1. Januar 2016 einsatzbereit sein.
Ich komme nun zur Kritik von Axel Troost, die er hier eben formuliert hat – wie immer bei den Linken nach dem Motto: Zu wenig. Sie besagt: Es ist zu wenig Geld im Topf.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Oder zu spät oder zu früh!)
– Genau! Oder zu spät oder zu früh! Das kann man sich dann aussuchen.
(Heiterkeit bei der SPD – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: „Zu früh“ ist eher selten!)
Der Vergleich, den du hier gezogen hast, trägt nicht. Warum trägt er nicht? Weil wir seit Beginn der Finanzmarktkrise die Rahmenbedingungen, unter denen Banken heute arbeiten, vollkommen geändert haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das ist das Entscheidende. Man muss das einfach mit berücksichtigen, wenn man über diese Situation spricht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir erstens eine Anpassung des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes vornehmen, zweitens das Restrukturierungsfondsgesetz an die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe anpassen und die Verwendung der bisher erhobenen deutschen Bankenabgabe regeln und drittens verschiedene Änderungen im Kreditwesengesetz, im Pfandbriefgesetz, im Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz sowie in weiteren Gesetzen, die ich hier aus Zeitgründen nicht nennen werde, vornehmen. Dies ist nicht sehr sexy, das ist sehr technokratisch, aber es ist sehr notwendig.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus- Peter Flosbach [CDU/CSU])
Wie immer bei einem solchen Gesetz gibt es natürlich auch ein paar vereinzelte Kritikpunkte, mit denen wir uns in dem parlamentarischen Verfahren intensiv beschäftigen werden. Ein wichtiger Teil ist der Aufbau eines einheitlichen europäischen Abwicklungsfonds; davon haben wir gehört. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Mittel aus der deutschen Bankenabgabe, die bisher erhoben wurden – die 2,2 Milliarden Euro, von denen gerade die Rede war –, weiterhin für eine eventuell notwendige Abwicklung eines deutschen Kreditinstituts zur Verfügung stehen sollen. Dies ist aus unserer Sicht im Hinblick auf die Prämisse der Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nachvollziehbar. Aber hier gibt es Wünsche und Diskussionsbeiträge, die darauf abzielen, die Altmittel gegebenenfalls zu einer Beitragsentlastung einzusetzen. Wir werden uns das in Ruhe anschauen und diesen Wunsch prüfen.
Ferner hat uns der Bundesrat gebeten, den vorgesehenen gesetzlichen Nachrang von Gläubigern bestimmter unbesicherter Schuldtitel intensiv zu prüfen. Davon hat auch der Staatssekretär gesprochen. Der Bundesrat befürchtet negative Auswirkungen und einen Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung, die das Insolvenzrecht vorsieht. Auch die Versicherungsunternehmen haben hier ein Problem. Auch das wird bei den Beratungen eine wichtige Rolle spielen.
Wir werden eine sorgfältige rechtliche und ökonomische Prüfung der Vorschläge der Bundesregierung vornehmen, und wir werden auch darauf achten, dass die Kontrollrechte des Parlaments nicht beschnitten werden. Dies gilt für die parlamentarische Kontrolle des Restrukturierungsfonds durch das Finanzmarktgremium.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Bankenregulierung sind wir insgesamt auf einem guten Weg. Unser Mantra beginnt Realität zu werden. Der Steuerzahler – und die Steuerzahlerin natürlich auch – kann sich freuen. Das zeigt das Verhalten der Ratingagenturen. Sie haben realisiert, dass der Gesetzgeber es ernst meint mit der Haftung von Eigentümern und Gläubigern. Die Ratingagenturen gehen nicht mehr von einer Staatsgarantie für große systemrelevante Banken aus; Axel, ganz wichtig. Die Ratings der Banken werden seit einiger Zeit immer schlechter. Das ist nicht so schön für die betroffenen Banken – das muss man wirklich sagen –, aber es zeigt uns, dass wir das Richtige getan haben. Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Gesetzgeberisch haben wir unser Ziel fast erreicht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Das Wort hat Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5234017 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 110 |
Tagesordnungspunkt | EU-Vorgaben für Bankenabwicklungsrecht |