Diether DehmDIE LINKE - Regierungserklärung zum Europäischen Rat
Herr Kollege Oppermann,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Tausendmal probiert, tausendmal ist nix passiert!)
Sie haben sich jetzt über einen Satz aufgeregt, der Ihnen ja nicht so neu sein dürfte:
(Christine Lambrecht [SPD]: Damit wird es nicht besser!)
Wir werfen dem IWF eine kriminelle Politik vor. Ich will Ihnen nur sagen: Vor 35 Jahren hat der Internationale Währungsfonds afrikanischen Staaten Kredite nur unter der Auflage zugestanden, dass sie ihre Felder zur Nahrungsmittelproduktion, also Hirse usw., in Schnittblumenplantagen umwandeln. Die Folge war, dass die Schnittblumenpreise auf ein Drittel gesunken sind, die Folge war Massenhunger. Das mit den Auflagen geht weiter bis jetzt.
Von 183 griechischen Krankenhäusern sind 100 geschlossen worden. Es gab eine Steigerung der Suizidfälle um 40 Prozent. Es gab eine ähnlich massive Steigerung der Zahl der HIV-Infektionen.
Ich will Ihnen dazu nur Folgendes sagen: Es geht im Moment in der Auseinandersetzung mit dem IWF – und das ist kein Fanatismus; diese Zahlen können Sie gerne unfanatisch widerlegen oder akzeptieren – um 1,3 Milliarden Euro, die nach dem Willen des IWF einzig und allein aus Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhungen finanziert werden sollen. In dem Moment, als die griechische Regierung letzte Woche sagte: „Wir wollen den Verteidigungshaushalt kürzen“, ist der IWF abgefahren. Ich sage das, um hier einmal die Wahrheit zu sagen.
Jetzt sage ich Ihnen, was Papst Franziskus gesagt hat
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
und was im Übrigen auch UNO-Sonderbotschafter Professor Jean Ziegler gesagt hat: Diese Art von Wirtschaft tötet. Dieser Politik sind auf den armen Kontinenten Zehntausende von Kindern zum Opfer gefallen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Lieber Herr Oppermann, es gab eine Zeit, in der Sie für Aktionen gegen die Volkszählung geworben haben. Damals hätten Sie das mit uns gemeinsam – da bin ich ganz sicher; aber seitdem muss wohl einiges mit Ihnen geschehen sein – auch als kriminelle Politik bezeichnet; und nicht anderes ist sie. Deswegen werden wir am kommenden Samstag demonstrieren. Sie werden dort überall sehen: Diese Wirtschaft tötet. – Wir müssen Europa also anders machen.
(Abgeordnete der LINKEN erheben sich und halten Spruchbänder hoch)
Ich empfehle Ihnen dringend, diese Spruchbänder sofort wegzunehmen. Ich erinnere an die Vereinbarung, die wir über die Ordnung im Hause haben.
(Christine Lambrecht [SPD]: Das ist ja unfassbar! – Zurufe von der CDU/CSU: Raus!)
Herr Oppermann, wollen Sie erwidern? – Nein, okay. – Und Sie von der Linken nehmen jetzt bitte die Spruchbänder weg.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, an die LINKEN gewandt: Das war jetzt aber mutig! – Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sigmar Gabriel, Bundesminister, an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Das war vor 30 Jahren mal mutig, als wir das gemacht haben! – Volker Kauder [CDU/CSU], an die LINKEN gewandt: Mensch, seid ihr mutig! Ihr gebt ja gleich auf! Lasst euch doch raustragen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Einen Augenblick mal. Wir werden uns heute Mittag im Ältestenrat mit dem Vorgang beschäftigen. Ich erwarte dann nur von den Parlamentarischen Geschäftsführern nicht die Standarderklärung, es handele sich um eine spontane Initiative, die selbstverständlich der Geschäftsführung vorher nicht bekannt gewesen sei.
(Christine Lambrecht [SPD]: Damit lassen wir uns dieses Mal nicht abspeisen! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Außerdem sind das keine Demonstranten! Die packen ja ein, bevor es ernst wird!)
Jetzt hat die Kollegin Katrin Göring-Eckardt das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5263893 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Europäischen Rat |