18.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 112 / Tagesordnungspunkt 5

Christian PetrySPD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa als Stabilitätsgarant, als Garant für Frieden, für Wohlstand, für Sicherheit – das ist unser Ziel für Europa. Das Jahr 2014 und das erste Halbjahr 2015 sehen aber ganz anders aus. Die Krise in der Ukraine, der Krieg in der Ukraine, der Krieg in Syrien und im Irak, das Flüchtlingsdrama, das uns täglich beschäftigt, sind gravierende Ereignisse. Dann kommt noch die Debatte über Griechenland hinzu. Ich sage bewusst „hinzu“; denn im Verhältnis zu den zuerst genannten Ereignissen ist sie ungleich vernachlässigbar. Wenn es um Leben und Tod geht, dann ist das wesentlich bedeutender und hat mehr unsere Beachtung verdient; wobei das Thema Griechenland selbstverständlich auch stark gewichtet werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aktuell überlagert das Thema Griechenland viele andere Themen, auch in der heutigen Debatte. Ich möchte daher nicht viel zu Griechenland sagen, sondern andere Themen zum Schwerpunkt meiner Ausführungen machen. Für mich ist es allerdings selbstverständlich, dass das griechische Volk zu unterstützen ist. Die Menschen in Griechenland müssen im Zentrum unserer Betrachtung stehen, nicht wechselnde Regierungen oder Regierungen, die keine Verhandlungsbereitschaft zeigen oder sie vermissen lassen.

Griechenland gehört eindeutig zu Europa und zur Euro-Zone. Andere Szenarien, wie sie hier genannt wurden, sind zwar kein „Weltuntergang“, wie das manchmal beschrieben wird – der sieht anders aus –, aber sie haben dramatische Folgen insbesondere für das griechische Volk. Deswegen lautet mein Appell: Es muss bis zum Schluss verhandelt werden, um eine Lösung im Sinne des griechischen Volkes zu finden, damit Griechenland in der Euro-Zone bleiben kann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eben haben wir eine Aktion der Grünen, Entschuldigung, der Linken gesehen; die Grünen haben so etwas auch schon öfter gemacht: Transparente hochzuhalten.

(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die waren besser gemalt!)

– Ja, die waren besser gemalt, Herr Sarrazin. – Ein kleiner Tipp: Wenn ihr Transparente hochhaltet, dann haltet sie nicht vor das Gesicht, sonst werden die Bilder nicht so schön. Ihr müsst sie neben das Gesicht halten.

(Rainer Arnold [SPD]: Die genieren sich doch dafür! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Manchmal sind die Transparente schöner als das Gesicht!)

Das muss noch etwas geübt werden.

Wie gesagt: Griechenland gehört zur Euro-Zone.

In Bezug auf die Kriege in der Ukraine, in Syrien und im Irak setzen wir auf die diplomatische Stärke der Bundesregierung, insbesondere von Außenminister Frank- Walter Steinmeier. Damit sind die Ideen der europäischen Sicherheitsarchitektur angesprochen.

Ich möchte zwei weitere Themen, Finanzthemen des EU-Gipfels bzw. der Euro-Gruppe bzw. des Ecofin, hinzufügen. Thomas Oppermann hat es genannt: Es gibt einen Paradigmenwechsel in der Politik der EU. Martin Schulz und Jean-Claude Juncker haben ihn eingeläutet. Die Austerität steht nicht mehr im Vordergrund. Beschäftigung und Wachstum, das soziale Europa – das sind die Ziele, die wir in Europa brauchen. Diese Politik gilt es zu unterstützen. Auch auf den drei genannten Gipfeln, die jetzt stattfinden, sind sie ein zentrales Thema. Das ist die Politik, die wir Sozialdemokraten uns für Europa, für ein soziales Europa vorstellen.

(Beifall bei der SPD)

Die Investitionsoffensive wurde genannt, ebenso ein einheitlicher Binnenmarkt für das Kapital. Frau Merkel, Sie haben das Europäische Semester und die Bedeutung der länderspezifischen Empfehlungen genannt. Das ist natürlich sehr wichtig. Ich schließe daraus, dass die Schwerpunkte, die in den Empfehlungen genannt werden, Bestandteil deutscher Politik sein werden.

Es geht um die Beseitigung des makroökonomischen Ungleichgewichts. Die Instrumentarien hierfür sind: mehr Investitionen, weitere Stärkung der Finanzkraft, insbesondere der kommunalen Finanzkraft, höhere Löhne, gleiche Bezahlung. Dies sind die Ziele, die aus den länderspezifischen Empfehlungen hervorgehen. Diese kann ich nur unterstützen. Ich freue mich, dass dies im Sinne Ihrer Politik, so wie Sie sie heute vorgetragen haben, ist; so habe ich Sie zumindest interpretiert. Das sind auch die Ziele der Sozialdemokratie. Diese sollten wir auf den anstehenden Gipfeln vertreten und unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Geldpolitik und Geldmengenpolitik neu organisieren – auch dies waren Schlagwörter der Regierungserklärung, und dies hat auch Thomas Oppermann zu Recht hier genannt. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass das OMT-Programm – der Aktien- und Anleihenankauf, insbesondere der Anleihenankauf – nicht gegen europäisches Recht verstößt, war richtig. Schon die bloße Ankündigung 2012 hat den Markt nachhaltig beruhigt.

Genannt wurden auch: die weitere Entwicklung in der Euro-Zone, das Gabriel-Macron-Papier, die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, gleiche Ausgangsbedingungen in allen EU-Staaten, Steuerharmonisierung bei der Unternehmensbesteuerung, ein eigenes Budget im Euro-Raum. Dies ist eine Forderung, die wir unterstützen. Sie muss auch eine weitere Konsequenz haben – darauf möchte ich zum Schluss eingehen –: Sie muss in den europäischen Instrumentarien verankert werden.

Es ist eben gesagt worden, dass zunächst im Rahmen der bestehenden Verträge – Frau Merkel, Sie haben dies so ausgedrückt – die weiteren Schritte gegangen werden. Das „Zunächst“ bedeutet: Die Verträge können auch weiterentwickelt werden. Hier ist die politische Forderung, dass wir einen gemeinsamen Kapitalmarkt und eine gemeinsame Geld- und Währungspolitik brauchen. Es müssen die Europäische Zentralbank und die europäischen Einrichtungen in diesem Sinne gestärkt werden, damit sie, was wir brauchen, zu einer echten Europäischen Zentralbank mit Lenkungswirkung für den Euro-Raum werden.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Hierzu braucht es die Bereitschaft, die europäischen Verträge weiterzuentwickeln.

Friede, Humanität für Flüchtlinge, Hilfe für Griechenland, neue Finanzarchitektur, das sind große Herausforderungen für die kommenden Gipfel und für die kommende Zeit. Der Einsatz für die große Vision eines sozialen Europas lohnt sich aber.

In diesem Sinne: Glückauf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Gunther Krichbaum von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5266034
Wahlperiode 18
Sitzung 112
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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