Edelgard Bulmahn - Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag, -geld, -zuschlag
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Von den geschätzten Kollegen und Kolleginnen, die wir bisher haben sprechen hören, haben wir im Detail erfahren, wie der Gesetzentwurf den Vorgaben des Existenzminimumberichts entspricht. Die Erhöhung des Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrages, des Kindergeldes, des Kinderzuschlags und die bessere Unterstützung von Alleinerziehenden sind wirklich ein löbliches Vorgehen.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht für 2014!)
Auch die Milderung der kalten Progression, die dem uns im Januar neben dem Existenzminimumbericht vorgelegten Steuerprogressionsbericht entspricht, ist sehr zu begrüßen.
Sicher wird der eine oder andere sagen: Das ist zu wenig, die Verbesserungen hätten großzügiger sein können, sie sind zu spät gekommen. Es wird gesagt: Wir tun zu wenig für die Familien; Sie haben das gerade noch einmal bestätigt. In gewissen Teilen habe ich für diese Überlegungen durchaus Verständnis. Aber wir müssen bei unseren Überlegungen auch den Grundsatz einer sparsamen Haushaltsführung berücksichtigen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb brauchen wir keine kalte Progression! Warum schaffen Sie sie nicht ab?)
Mit dem im letzten Jahr erreichten Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen, tun wir etwas ganz Entscheidendes für kommende Generationen. Es wurde ein klares Zeichen mit einer nachhaltigen Wirkung gesetzt. Keine neuen Schulden, das bedeutet für die kommenden Generationen, dass wir ihnen Spielräume eröffnen, auch in Zukunft unser Gemeinwesen politisch gestalten zu können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Letztlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfüllen wir mit dem Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden wollen, einen Verfassungsauftrag, den das Bundesverfassungsgericht in mehreren richtungsweisenden Entscheidungen sehr deutlich formuliert hat. Aufgrund dieser Entscheidungen wurde 1996 – man muss sich das vorstellen – der Grundfreibetrag um mehr als das Doppelte erhöht. Seitdem wird er regelmäßig den Bedingungen entsprechend angepasst.
Das Bundesverfassungsgericht hat seinerzeit klargestellt, dass Steuerrecht und Sozialhilferecht aufgrund der Bedeutung und Tragweite des Sozialstaatsprinzips sehr eng miteinander verknüpft sind. Gemäß dieser Entscheidung muss dem Einkommensteuerpflichtigen nach Zahlung von Steuern von seinem erworbenen Einkommen so viel bleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und des Unterhalts seiner Familie bedarf. Die Maßgröße dabei ist das Existenzminimum, das nicht unterschritten werden darf.
Neben dem Sozialstaatsprinzip spielt bei unserem Gesetzesvorhaben auch Artikel 6 Grundgesetz eine entscheidende Rolle. Mit der Erhöhung des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und allen anderen Verbesserungen kommen wir dem Auftrag des Grundgesetzes nach, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Dabei sollten wir auch bedenken, dass heute immer noch mehr als 70 Prozent aller Kinder in Familien leben, die dem Bild entsprechen, das die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes damals gehabt haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mit diesem Gesetz machen wir aber auch einen großen Schritt: Alleinerziehende werden endlich stärker entlastet. Seit 2004 – es wurde schon gesagt – war dieser Freibetrag unverändert. Er wird jetzt um fast 50 Prozent erhöht und ergänzt dadurch, dass für jedes weitere Kind, das zum Haushalt gehört, 240 Euro zusätzliche Entlastung gewährt werden.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Diese Entlastung ist dringend nötig. In der Debatte zur Einbringung des Gesetzes hat die Kollegin Gudrun Zollner richtigerweise darauf hingewiesen, dass seit 2004 das Kindergeld um 23 Prozent erhöht worden ist, während dieser Betrag vollkommen unverändert geblieben ist.
Auch die Anpassung der steuerlichen Tarife an die Ergebnisse des Ersten Steuerprogressionsberichts, der uns im Januar zusammen mit dem Existenzminimumbericht vorgelegt wurde, ist eine notwendige Korrektur.
Alle Maßnahmen, die wir heute hier beschließen können und die zusammen über 5 Milliarden Euro kosten, werden ohne Neuverschuldung durchgeführt werden können. Dies ist das Ergebnis einer soliden Finanz- und Haushaltspolitik der letzten Jahre. Dafür möchte ich dem Finanzminister, aber natürlich auch den Haushaltspolitikern in diesem Hohen Hause ganz besonders herzlich danken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das erfreut das Haushälterherz!)
Wenn wir diese solide Haushaltspolitik in den kommenden Jahren fortsetzen, dann wird es uns auch weiterhin möglich sein, viel zur Verbesserung der Situation von Familien und Kindern zu tun. Der Bund trägt nicht nur mit den heute zu beschließenden Maßnahmen viel dazu bei, dass es Kindern und Familien besser gehen soll, sondern auch durch vielfältige andere Unterstützung. Es wurde von der Ministerin auch deutlich gemacht, dass wir ureigenste Aufgaben der Länder mit Bundesmitteln finanzieren, die uns eigentlich selber guttun würden. Dadurch, dass wir den Ländern so starke Unterstützung geben, bleibt auch zu hoffen, dass dieses Gesetz mit allen seinen Teilen auch die Zustimmung des Bundesrats erhält und nicht das gleiche Schicksal teilt wie der Versuch in der letzten Legislaturperiode, die kalte Progression abzubauen, der damals von den Ländern im Bundesrat leider Gottes abgelehnt wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Es gab halt keine Gegenfinanzierung!)
Abschließend möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken: Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die sachlichen Beratungen in den Ausschüssen, allen Mitarbeitern des Hohen Hauses, der Ministerien, der Fraktionen für die gute Vorbereitung der jeweiligen Sitzungen.
Mit diesem Gesetz verteilen wir keine Wohltaten oder Wahlgeschenke an unsere Bürger, sondern wir erfüllen die Aufträge, die uns unsere Verfassung stellt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Dr. Zimmermann von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5266200 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag, -geld, -zuschlag |