Marcus WeinbergCDU/CSU - Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Sütterlin-Waack und ich – wir haben gerade noch einmal darüber gesprochen – sind sehr froh, dass diese Debatte – da dankt man den Vorrednern, die dafür gesorgt haben – von der Debattenkultur her einen sehr guten Eindruck gemacht hat. Wir sind uns einig, dass wir über dieses hochemotionale, die Menschen betreffende Thema auch als Deutscher Bundestag, ohne Vorurteile zu bestätigen, ohne intolerant zu sein, debattieren müssen. Wir müssen fragen: Wo wollen wir eigentlich hin? Ich finde, die heutige Debatte ist sehr positiv zu bewerten.
Dieses Thema betrifft die Menschen in ihrer Emotionalität, in ihrer Intimsphäre, in ihrer sexuellen Orientierung. Die Menschen beziehen durchaus wertegebunden ihre Position. Diese muss man nicht teilen; aber ich finde, dass man respektvoll damit umgehen muss. Ich glaube, das haben wir gut und richtig gemacht. Aus schrill und laut muss, auch im Politischen, irgendwann ruhig und respektvoll werden – ich glaube, das ist in dieser Debatte durchaus gelungen –; denn Intoleranz kann man nicht mit Intoleranz bekämpfen oder gar besiegen.
(Johannes Kahrs [SPD]: Ihr seid intolerant!)
Es war eine große Sorge der letzten Tage und Wochen, dass wir hier eine verschärfte Debatte bekommen, in der auch diejenigen, die immer gegen Intoleranz einstehen, auf einmal merken müssen, wie intolerant auch die andere Position sein kann.
Dabei sollte man begrifflich klar sein. Ich finde es äußerst problematisch, Herr Hofreiter, wenn man sagt: Es gibt Menschen, die halten den Fortschritt auf.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, tun Sie!)
Wir sind hier nicht irgendwo bei der Eisenbahn oder sonstigen Dingen, sondern es gibt Menschen, die wertegebundene Politik betreiben. Ein bisschen mehr Respekt davor, dieses zu bewahren, sollte man schon haben!
(Johannes Kahrs [SPD]: Diskriminierung ist kein Wert! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diskriminierung als Wert darzustellen, ist genau das Problem! – Volker Beck [Köln) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis gerade eben war die Debatte noch angemessen!)
Das hat nichts mit modern oder liberal zu tun; das hat etwas damit zu tun, dass wir Prozesse, die die Gesellschaft verändern, politisch aufnehmen müssen, nicht schrill und laut, sondern ruhig und respektvoll, aber auch immer sehen müssen – zum Beispiel auch mit Blick Richtung Grundgesetz –, was zu tun ist. Das Grundgesetz ist jetzt 66 Jahre alt geworden. Wir haben immer sehr wohl überlegt, welche Veränderungsprozesse es widerspiegeln soll, deshalb hat es eine so hohe Akzeptanz.
(Mechthild Rawert [SPD]: Das ist immer der Gesetzgeber gewesen!)
Es geht darum, die kulturhistorisch gewachsene werteorientierte Politik mit den Veränderungsprozessen, die wir erleben, in Einklang zu bringen.
Hier wurden Argentinien, Uruguay, Mexiko und andere Staaten angeführt, daher meine Bitte: Wir führen hier eine deutsche Debatte. Wir sind historisch anders mit dem Thema umgegangen als andere Staaten. Insofern finde ich Vergleiche mit Uruguay und Argentinien äußerst problematisch und den Ansatz mit Irland ebenfalls, Herr Beck.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Slowenien!)
Was wäre denn gewesen, wenn man sich in Irland anders entschieden hätte?
(Mechthild Rawert [SPD]: Hat man aber nicht! „Was wäre, wenn“! – Johannes Kahrs [SPD]: Hätte, hätte, Fahrradkette!)
Welche Debatte hätten Sie dann hier geführt? Ich glaube, wir sollten uns auf die deutsche Debatte konzentrieren; denn die ist wichtig und richtig.
Nun zu den vier wesentlichen Punkten zum Stand der Gleichstellung. Ich finde: Menschen in einer Lebenspartnerschaft wie in einer Ehe
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie’s doch!)
haben sich entschieden, nicht nur freiwillig, sondern rechtlich verbindlich füreinander einzustehen. Es geht darum, füreinander Verantwortung zu übernehmen, in guten wie in schlechten Zeiten. Unser Wertesystem in Deutschland beruht genau auf dieser Verantwortungsübernahme: auf Fürsorge, auf Beistand von Menschen füreinander. Hiervon profitiert die gesamte deutsche Gesellschaft. Es ist daher richtig, dass der Staat eine verbindliche Verantwortungsübernahme von Menschen fördert, unabhängig von der sexuellen Orientierung.
(Beifall des Abg. Dr. Stefan Kaufmann [CDU/ CSU])
Es war auch immer das Ansinnen der Union, vieler in der Union, dafür zu kämpfen. Es darf rechtlich keine Diskriminierungstatbestände mehr geben. Eingetragene Lebenspartnerschaften werden mittlerweile in allen oder fast allen Bereichen – dort, wo es noch Lücken gibt, müssen sie aufgearbeitet werden –, die die Partner untereinander betreffen, materiell-rechtlich gleichgestellt mit der Ehe: im Erbrecht, im Steuerrecht, im Beamtenrecht. Auch in der Union haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder viele dafür eingesetzt. Deswegen will ich etwas – betreffend den Umgang mit der deutschen Geschichte – aufgreifen, was schon gesagt wurde. Dabei geht es – Herr Brunner sprach darüber – um den § 175 StGB. Ich habe übrigens in der Bundeswehr in einem Bataillon mit der Nummer 177 gedient. Eigentlich hätte es Nummer 175 sein müssen. Man hat aber – mit Blick auf die §§ 175 und 176 – gesagt: Nein, es muss Nummer 177 sein. Ich sage das, damit klar ist, was für ein diskriminierender Paragraf der 175 war. Deswegen hat die Bundesrepublik Deutschland, was den Umgang mit Homosexuellen angeht, in ihrer Geschichte einen schwarzen Fleck.
Wir als Bundestag bzw. als Abgeordnete müssen uns dafür einsetzen, dass Homosexuelle, die aufgrund des erst 1994 vollständig abgeschafften § 175 StGB verurteilt wurden, heute endlich rehabilitiert werden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Die bundesdeutsche Gesellschaft hat eine Verpflichtung zur Aufarbeitung bzw. dazu, eine Rehabilitierung durchzusetzen.
Zwischen Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften gibt es, rechtlich gesehen, allerdings zwei Unterschiede, über die wir auch heute diskutiert haben. Der eine betrifft den expliziten Schutz der Ehe durch das Grundgesetz, während es beim zweiten um das Recht geht, nichtleibliche Kinder zu adoptieren.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sieht die Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau. Dies gilt in Europa bzw. Deutschland seit Jahrhunderten und ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal. Nur aus einer Beziehung zwischen Mann und Frau können Kinder erwachsen. Das muss man – auch in dieser Debatte – sagen dürfen. Die Verbindung von Mann und Frau wird vom Grundgesetz geschützt, weil aus ihr Kinder entstehen können. Die Kinder profitieren von der Verbindlichkeit der Beziehung ihrer Eltern. Es ist grundsätzlich im Interesse von Kindern, in einer stabilen Partnerschaft ihrer leiblichen Eltern beiderlei Geschlechts zu leben.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man will doch den Eltern nichts wegnehmen! – Bettina Hagedorn [SPD]: Das geht auch bei Regenbogenfamilien!)
Lassen Sie mich etwas zum Thema Adoption sagen. Auch Frau Sütterlin-Waack ist schon darauf eingegangen. Es gilt, dass der Staat bei der Bewerbung um eine Adoption von Kindern, bei denen die Bewerber nicht die leiblichen Eltern sind, gewisse Vorgaben machen kann. Er kann verlangen – das ist ein Beispiel –, dass der finanzielle Status ein Aufwachsen sichern muss. Deshalb kommen einige Bewerber nicht für eine Adoption infrage. Es gibt einen anderen Ablehnungsgrund: das Alter. Mit 48 Jahren gehöre ich nicht mehr zu denjenigen, die adoptieren dürfen.
Ich finde, dass auch die Rollenkonstellation, was Männer und Frauen angeht, ein Grund sein kann. Die Fragestellung ist, ob man von vornherein die Bewerbung ausschließt. Das ist ein Punkt, über den man sicherlich diskutieren muss. Ich finde es aber schon gerechtfertigt, Herr Beck, dass man sagt: Wir tun viel für eine gute Rollenkonstellation. In Kitas wollten wir mehr Männer. Wir haben Änderungen im Umgangsrecht durchgesetzt. Ich glaube, auch beim Adoptionsrecht sollte gelten: Es ist gut und richtig für Kinder, wenn sie, was die Identifikationsfindung angeht, eine weibliche und eine männliche Rolle kennenlernen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Keine Zwischenfrage mehr!
In der Union gibt es zu diesem Thema eine breite Diskussion. Ich habe bei der letzten Debatte gesagt, dass ich ein wenig stolz darauf bin, dass wir uns – ich greife jetzt das auf, was Johannes Fechner gesagt hat – Mühe geben. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten durchaus darüber diskutieren, was hier zu tun ist. Für eine Volkspartei wie die CDU/CSU ist es aber, glaube ich, gut, über dieses Thema offen, frei und breit zu diskutieren. Das mag man in anderen Fraktionen vielleicht nicht so verstehen. Bei uns ist das so. Darauf sind wir auch stolz. Wir wollen erst dann Veränderungen durchführen, wenn wir nach einer breiten Diskussion sicher sind, wo wir stehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Jetzt hat sich der Kollege Volker Beck zu einer Kurzintervention gemeldet.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5266436 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare |