Annette GrothDIE LINKE - Weltweite Lage der Religions- und Glaubensfreiheit
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Die Linke begrüßt alle Bemühungen, sich für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit einzusetzen. Es ist aber schon sehr bemerkenswert, dass zum Thema Religions- und Glaubensfreiheit die Vorlage eines eigenständigen Berichts außerhalb des bestehenden Menschenrechtsberichts beantragt wird. Ich finde es schade, dass zum Beispiel kein Bericht über die Menschenrechtsverletzungen durch transnationale Konzerne oder über die Verletzung der sozialen und kulturellen Menschenrechte durch die Sparpolitik eingefordert wird. Das kann ja aber noch kommen.
(Beifall der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
Die Fraktion Die Linke wird in den laufenden Beratungen anregen, dass die Bundesregierung einen Bericht über die weltweiten Menschenrechtsverletzungen von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern und von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern vorlegt. Ich hoffe, dass Sie unserem Vorschlag dann zustimmen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Fraktion Die Linke wird den vorliegenden Antrag unterstützen, weil es uns, wie gesagt, um die Menschenrechte geht. Und die Religions- und Glaubensfreiheit ist ein Menschenrecht; da gebe ich Herrn Kauder recht.
Wir hoffen, dass der geforderte Bericht der Bundesregierung auch ein ausführliches Einleitungskapitel zur Lage der Religions- und Glaubensfreiheit in Deutschland haben wird; denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei uns ist eine stetige Zunahme von Rassismus feststellbar. An vielen Orten wird teilweise heftig gegen den Bau von Moscheen protestiert. Kommunale Verwaltungen versuchen, durch Bauvorschriften oder vorgeschobene verwaltungstechnische Hindernisse die Errichtung muslimischer Gotteshäuser in den Innenstädten zu verhindern. Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen muslimischen Glaubens ihre Moscheen in Industriegebieten oder städtischen Randlagen bauen müssen, weil angeblich nicht genügend Parkplätze zur Verfügung stehen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Negative Religionsfreiheit bedeutet für unsere Fraktion auch, dass eine konsequente Trennung von Staat und Kirche auch bei uns umgesetzt werden muss.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist nicht hinnehmbar, dass in einigen Bundesländern – ich nenne hier stellvertretend Bayern – atheistisch orientierte Menschen vor Gericht darum kämpfen müssen, dass religiöse Symbole aus öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Gerichten oder kommunalen Gebäuden entfernt werden. Wir erwarten von der deutschen Politik, dass sie die Trennung von Staat und Kirche endlich konsequent umsetzt.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei uns gibt es – man höre und staune – mehr als 120 verschiedene Glaubens- und Philosophierichtungen. Der Staat muss allen Religionsgemeinschaften gegenüber die gleiche Distanz wahren und darf einzelne Konfessionen nicht bevorzugen. Das schließt natürlich nicht aus, dass wir gemeinsam gegen totalitäre, frauenfeindliche und das friedliche Zusammenleben zerstörende Tendenzen vorgehen müssen.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist skandalös, dass Saudi-Arabien und Katar – „Stabilitätsanker der Region“, wie es die Bundesregierung nennt – seit vielen Jahren dschihadistische Gruppen wie den IS unter anderem mit Kriegsgerät unterstützen und gerade einen Krieg mit bislang weit über 2 200 Toten gegen ihr Nachbarland Jemen führen. Wenn an solche Länder trotzdem weiterhin Waffen aus unserem Land geliefert werden, macht sich die Bundesregierung an der Verfolgung und Ermordung von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit direkt mitschuldig.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir erwarten, dass alle Waffenexporte in die gesamte Region sofort gestoppt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vor einigen Wochen habe ich die „Patenschaft“ für den saudischen Blogger Raif Badawi übernommen, der zu 1 000 Stockhieben, zehn Jahren Haft und einer hohen Geldstrafe verurteilt worden ist. Die Verurteilung eines Menschen zu einer barbarischen Strafe von 1 000 Stockschlägen wegen angeblicher Beleidigung des Islams steht einer humanen und an Menschenrechten orientierten Justiz diametral entgegen.
(Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Bundesregierung muss ihre Doppelstandards endlich beenden und Saudi-Arabien mit klaren Worten zu einer Änderung seines Justizsystems und einer deutlichen Verbesserung der Menschenrechtssituation drängen; sonst machen wir uns unglaubwürdig.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Und was ist in Russland?)
Verehrte Damen und Herren, Menschenrechte müssen für alle Menschen gelten. Das heißt, Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe oder Religion muss geahndet werden, egal wo und gegen wen sie sich richtet. Doppelstandards in Bezug auf die Menschenrechtssituation lehnen wir auf das Schärfste ab.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Kollegin Kerstin Griese hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5266768 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Weltweite Lage der Religions- und Glaubensfreiheit |