Rudolf HenkeCDU/CSU - Gesundheitsförderung und Prävention
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ingrid Fischbach, die Parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundesministerium für Gesundheit, hat in ihrer Rede an die mehr als zehnjährige Schwangerschaft und die späte Geburt dieses Gesetzes erinnert. Man könnte jetzt natürlich noch einmal darüber räsonieren, woran es eigentlich gelegen hat, dass es so lange gedauert hat. Man könnte zum Beispiel ein paar vordergründige Erklärungen finden, die mit Wahlterminen und Bundesratsbeschlüssen zu tun haben, gemäß denen zwei Tage vor einer Bundestagswahl der Vermittlungsausschuss angerufen wurde. Auch könnten in diesem Zusammenhang Ergebnisse nordrhein-westfälischer Wahlen genannt werden, die plötzlich Neuwahlen im Bund notwendig gemacht haben. – Man könnte lauter derartige Gründe finden, weswegen etwas der Diskontinuität anheimgefallen ist.
Ich glaube, ehrlich gesagt, dass es deswegen so lange gedauert hat, weil wir zum Teil an falschen Fronten und mit falschen Polarisierungen diskutiert haben. Jetzt endlich haben wir es geschafft, die verschiedenen Seiten, die zur Prävention bzw. Gesundheitsförderung beitragen müssen, zu einem Gemeinschaftswerk zu verbinden. Es ist eine falsche Frontstellung, zu sagen: Bei Prävention oder Gesundheitsförderung handelt es sich entweder um Verhaltensprävention oder Verhältnisprävention.
Es ist falsch, bezüglich der Frage, ob man Krankheiten vermeiden oder Gesundheit fördern soll, eine Front aufzumachen. Auch handelt es sich um eine falsche Frontstellung, lange Debatten über die Fragen zu führen: Ist das eine politische oder eine medizinische Aufgabe? Oder ist es eine Aufgabe der Sozialkassen? Es ist eine Aufgabe aller Bereiche. Weiterhin ist es falsch, die Frage so zu stellen: Müssen wir die Gesellschaft, die Medizin oder die Lebensentwürfe der einzelnen Menschen umbauen? Ja, natürlich, an jedem dieser Themen muss man arbeiten.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das haben wir getan!)
Ich bin froh, dass es jetzt mit diesem Gesetz gelingt, all diese verschiedenen Ansätze in ein konstruktives Miteinander zu bringen. Deswegen glaube ich, dass mit diesem Gesetz die falschen Frontstellungen überwunden werden und dass es dazu beiträgt, in diesem Sinne wirklich modern zu sein. Denn es nimmt seine Begründungen aus der Zukunft und setzt nicht mehr kontinuierlich vergangene Frontstellungen fort.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
In dem Antrag der Grünen steht die richtige Feststellung:
Ja, natürlich setzt das auch Verhaltensveränderungen voraus. Natürlich geht es nicht um die Frage, wer Schuld hat. Man kann nicht sagen: Du bist schuld. Dabei geht es doch nicht um eine Anklage; aber es geht um die Frage, ob man eine Verantwortung für seine eigene Gesundheit hat. Dazu muss man sagen: Wenn man die Verantwortung aller reklamiert, gehört die Aussage „Auch du bist verantwortlich“ dazu.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich meine, es ist schwer zu verstehen, wenn in Ihrem Text steht, dass sich die „Präventionsbemühungen … hauptsächlich an verhaltensbedingten Krankheitsrisiken wie Fehlernährung, Bewegungsmangel oder Suchtmittelmissbrauch orientieren“ würden. Das kann ich nicht verstehen. Vorne sagen Sie: Das sind wichtige Ansatzpunkte. Und hinten kritisieren Sie, dass wir diese wichtigen Ansatzpunkte aufnehmen.
Noch schwieriger finde ich es, Frau Wöllert, wie Sie die Ablehnung des Gesetzes begründen. Sie sagen, dass, statt Kampagnen und Aufklärungsmaßnahmen zu individuellem Gesundheitsverhalten zu initiieren, gesunde Lebensbedingungen in allen Settings geschaffen werden müssen. Was soll diese Alternative? Sie sagen: Statt vorwiegend auf Verhinderung von Krankheiten abzustellen, müssen vermehrt die Einflussfaktoren, die zu mehr Gesundheit führen, untersucht und gefördert werden. – Beides muss man machen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Beides geschieht hier auch, denn wir ergänzen jetzt die bisherige individuelle, am Verhalten orientierte Prävention in den Krankenkassenkursen stärker durch die Lebenswelten, und wir vervierfachen die Mittel, die in die Lebenswelten – in diesen Setting-Ansatz, wie Karl Lauterbach gesagt hat – fließen.
Natürlich kann man sagen: Das müsste noch mehr sein. – Natürlich kann man sagen: In der Gesamtsumme ist das im Jahr der Betrag, den wir an einem Tag für Therapien, Diagnostik und Behandlungsmaßnahmen ausgeben. –
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist mal eine gute Aussage!)
Aber das ändert doch nichts daran, dass dies eine gewaltige zusätzliche Leistung darstellt. Lassen Sie uns auf Grundlage der Berichterstattung in Zukunft darüber diskutieren, ob man die Mittel aufstocken sollte; aber lassen Sie uns jetzt nicht darauf verzichten, diesen Schritt zu tun.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Prävention ist eine Aufgabe, die die Gesellschaft als Ganzes betrifft. Ich bin der Meinung, dass dieses Gesetz dieser Aufgabe gerecht wird. Während des Gesetzgebungsprozesses wurde ein Großteil der Polarisierungen entschärft. Das, was wir zum Impfen vereinbart haben, ist angemessen und sinnvoll; denn die Regelung sollte so verbindlich wie möglich gestaltet sein. Sicherlich wird Erich Irlstorfer in seiner Rede etwas vertiefter darauf eingehen.
Ich möchte auf einen winzigen Punkt der Kritik an dem Bericht des Haushaltsausschusses aufmerksam machen. In der Passage zu den Kostenfolgen der Verträge, die die Krankenkassen in Zukunft mit Betriebsärzten schließen können, geht der Haushaltsausschuss davon aus, dass sich das alles saldiert. Mein Anspruch wäre schon, die Zahl der Impfungen mithilfe der Verträge, die nun ermöglicht werden, zu erhöhen. Ich möchte nicht, dass auf der einen Seite weniger und auf der anderen Seite mehr geimpft wird. Das ist mein einziger Kritikpunkt. Ansonsten bin ich dem Haushaltsausschuss sehr dankbar, dass er sich so profund und tiefgehend mit all den Fragen auseinandergesetzt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will kurz den Hinweis geben, dass wir uns in den Debatten darauf verständigt haben, das Modellprojekt „KV-Impfsurveillance“ des Robert-Koch-Instituts abzuschließen und, wenn es erfolgreich beendet wird, dauerhaft Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Das ist aber eine Entscheidung, die bei der Aufstellung späterer Haushalte zu treffen ist.
In den Berichterstattergesprächen hatten wir eine kleine Kontroverse um die Frage: Wie bindet man die deutsche Ärzteschaft und den Deutschen Pflegerat in den Mitgliederkreis der Nationalen Präventionskonferenz ein? Die Lösung, die hier jetzt gewählt wird, ist folgende: Die Gesundheitsberufe sind über das Präventionsforum vertreten, das von der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung ausgerichtet wird. Zu deren Mitgliedern gehören wiederum zahlreiche ärztliche und pflegerische Organisationen, auch ich als Person.
Kollege Henke, Sie können selbstverständlich weiterreden. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie jetzt auf Kosten der Redezeit Ihres Kollegen Irlstorfer reden.
Keineswegs.
Das ist lieb.
Der Schlusssatz besteht darin: Ich bitte Sie sehr herzlich, dieses moderne, zukunftsgewandte Gesetz mit einer großen Mehrheit hier im Plenum zu verabschieden.
Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Helga Kühn-Mengel für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5267064 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheitsförderung und Prävention |