Helga Kühn-MengelSPD - Gesundheitsförderung und Prävention
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! In der Tat ist Prävention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die ressortübergreifend wahrgenommen werden sollte. Noch kein Präventionsgesetz – ich habe einige Prototypen erlebt – enthielt so viel Ressortübergreifendes wie dieses. Das sollte man einmal würdigen. Es fängt an mit der Verknüpfung mit Frühen Hilfen, mit dem Programm „Soziale Stadt“ des Bau- und Umweltministeriums, mit der Bundesagentur, die ganz ausdrücklich den Auftrag hat, Angebote für Langzeitarbeitslose zu schaffen. Alles kann man verbessern, aber vieles ist mit diesem Gesetz möglich.
Wir haben es gemacht, weil die medizinische Seite der Prävention nur eine Seite ist. Sie ist in Deutschland – bei allen Defiziten, die man da sehen kann – recht gut aufgestellt, auch was die Frage einer Über-, Unter- oder Fehlversorgung anbelangt. Die Lücken, eine Unterversorgung, gibt es in der nichtmedizinischen Prävention; Kollege Professor Lauterbach hat das vor Jahren schon im Sachverständigenrat deutlich gemacht.
Am ständigen Anstieg der Lebenserwartung sind viele Faktoren beteiligt, aber nur zu einem Drittel die Medizin. Der Rest – ich zitiere den Sachverständigenrat, Rosenbrock und Lauterbach, aber auch die WHO – geht auf eine Mischung verschiedener Wirkfaktoren zurück: Lebensverhältnisse, Wohnung, Arbeit, Erholungsverhalten, Bildung, Ernährung usw. Deswegen geht es uns bei vielen unserer Gesetzentwürfe um eine Verbesserung der Lebensumstände. Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir speziell die Menschen erreichen, die geringere Chancen auf einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsangeboten haben. Eine Stärke dieses Gesetzentwurfs ist, dass er das Setting, die Lebenswelt, in den Mittelpunkt rückt. Wir haben schon im Jahr 2000 gesagt, dass wir etwas zur Verbesserung der Chancen bzw. zur Verringerung der Ungleichheit der Chancen des Zugangs zu Gesundheitsangeboten tun müssen. In der Folgezeit ist vieles entstanden; aber mit diesem Gesetzentwurf greifen wir die Prinzipien der WHO explizit auf.
Ich will nicht sagen, dass mit diesem Gesetzentwurf alles optimiert wird, aber doch feststellen, dass mit diesem Gesetzentwurf wichtige Weichenstellungen vorgenommen werden:
Wir gehen auf die Menschen zu, weil wir nicht erwarten können, dass bestimmte Gruppen Kurse besuchen, sich Vorträge anhören oder Flyer lesen. Wir gehen in die Lebenswelt der Menschen hinein, in die Kindergärten, die Schulen und die Betriebe. Zur Lebenswelt zählen aber auch – das ist uns ganz wichtig – Einrichtungen der Behindertenhilfe, Wohnheime für alte Menschen und Pflegeheime. Auch der Bereich der Pflege – das muss gewürdigt werden – wird in diesem Gesetzentwurf berücksichtigt. Das ist richtig,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
– ich lasse keine Pause für Applaus –, weil wir wissen, wie wichtig es ist, dass auch bei alten Menschen Ressourcen zu mobilisieren sind. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist alles schön gesagt, aber praktisch kommt es nicht an!)
Sowohl im Bereich der stationären Pflege als auch im Bereich der ambulanten Pflege können ganz wichtige Ansätze entwickelt werden. Es können Präventionsempfehlungen formuliert werden. Als Beispiel nenne ich die Sturzprophylaxe. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
In diesem Gesetzentwurf geht es nicht nur um die Jüngsten – ihr Schutz nach der Geburt, Impfschutz, Gesundheitsförderung in Kindergarten und Schule, Früherkennung und Kariesprophylaxe sind schon genannt worden –, sondern auch um die Älteren.
Ein wichtiger Punkt ist auch, dass etliche Ministerien einbezogen werden.
Die Kompetenz der Betriebsärztinnen und Betriebsärzte soll besser genutzt werden. Das ist ganz wichtig; denn sie erreichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus fast allen Schichten.
Der Gesetzentwurf sieht auch eine Qualitätssicherung vor, was nicht selbstverständlich ist. Qualitätssicherungsinstrumente müssen aufgebaut werden; denn Qualitätssicherung muss stattfinden. Diese Aufgabe wird der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zugeschrieben, was sehr gut ist. Allerdings haben wir mehrmals gesagt, dass wir die Finanzierung an dieser Stelle nicht für optimal halten.
Der Gesetzentwurf schafft Raum für nationale Präventionsstrategien, zum Beispiel bezogen auf Diabetes. Er beinhaltet sogar die Möglichkeit zu einer Erhöhung der Mittel auf Basis des Präventionsberichts, den die Nationale Präventionskonferenz abgeben muss.
Wir haben oft gesagt, dass die Strukturen nachhaltig verbessert werden müssen.
Dass der Bereich der Selbsthilfe gestärkt wird – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –, ist ganz wichtig; denn zu den gesundheitsfördernden Aspekten gehören eben auch die Information und die Einbeziehung der Betroffenen. Dass die Betroffenen gestärkt werden müssen, wird von vielen Studien belegt.
(Beifall bei der SPD)
Also: Der Gesetzentwurf beinhaltet nicht alles, aber vieles. Vor allem enthält er mehr, als wir anfangs gedacht haben. Nach der Anhörung gab es über zwanzig Änderungsanträge. Sie sind gut aufgenommen und eingearbeitet worden.
Ich kann wie bei mir im Revier nur sagen: Glückauf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Erich Irlstorfer für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5267090 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheitsförderung und Prävention |