Cemile GiousoufCDU/CSU - Investitionen in die Wissenschaft
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Grünen-Opposition! Sie wollen mit Ihrem Antrag ein regelrechtes Wissenschaftswunder entfachen.
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Nun tut sich die Wissenschaft mit Wundern im Allgemeinen schwer. Schon im Begriff „Wunder“ steckt der Anspruch, Naturgesetze außer Kraft setzen zu wollen. Es ist aber doch sehr bezeichnend, dass die Opposition sich schon ins Irrationale flüchten muss, um die erfolgreichste Bildungspolitik der letzten zehn Jahre überhaupt toppen zu können. Ein schöneres Kompliment hätten Sie unserer Bildungspolitik gar nicht machen können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])
Ich habe mich über den Antrag aber auch gefreut, weil die in ihm enthaltenen Forderungen gar nicht so schrecklich weit weg von denen der Union sind.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie ja zustimmen!)
Mit Verlaub, lieber Herr Gehring: Fast bin ich geneigt, in Ihrem Antrag einen etwas hölzernen, unbeholfenen, dadurch aber umso liebenswerteren Flirtversuch der Grünen mit der Union zu lesen.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Echt? So ist das gemeint! Das ist die Flucht ins Irrationale!)
Zumindest haben wir alle schon miesepetrigere Anträge von den Grünen gesehen. Wir von der Union sind weiß Gott auch keine schlechte Partie.
Über 60 Milliarden Euro hat der Bund seit 2010 für Bildung und Forschung ausgegeben. Unsere Forschung ist Weltspitze. Unsere Hochschulen sind attraktiv für nationale und internationale Studierende. Das kann sich wirklich sehen lassen.
Im Übrigen können die Grünen ihren Wünsch-dir- was-Rundumschlag nur deswegen halbwegs seriös vorbringen, weil die finanzielle Ausgangslage des Bundes so gut ist wie seit Ewigkeiten nicht mehr.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Sie noch regierten, war noch alles auf Kante genäht. Das hat aber auch einen einfachen Grund. Bei der Union wird eben nicht nur auf die Einnahmeseite geschaut, sondern auch auf die Ausgabenseite. Dabei gilt der Satz: Eine gute Bildungspolitik basiert auf einem soliden Haushalt. Sparen ist fast immer vernünftig, wobei Zukunftsinvestitionen trotzdem oberste Priorität haben.
Seit 2005 investieren wir in die frühkindliche Bildung, in berufliche Bildung, in Stipendien und in die Stärkung von Forschung und Lehre an den Hochschulen sowie in die Hochtechnologie. Aber wir sparen nicht um jeden Preis. Sparen ist für uns kein Selbstzweck. Wir sparen für gute Ziele und Werte. Eine stabile Konjunktur mit entsprechend guten Steuereinnahmen und niedriger Arbeitslosigkeit bringt in der Tat neue finanzielle Spielräume. Diese werden wir auch nutzen.
In den kommenden vier Jahren werden wir weitere 9 Milliarden Euro zusätzlich in gute Bildung und Forschung investieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
So fördern wir neue Ideen, ermöglichen attraktive Jobs und sichern unseren Wohlstand. Das tun wir, ohne auf diese Wunder zu hoffen, lieber Herr Gehring.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun stellen wir uns einmal vor, die Opposition würde die Regierungsverantwortung tragen. Was würde sie mit dem Geld machen? Der vorliegende Antrag beantwortet uns einige dieser Fragen. Die Grünen möchten den Bildungs- und Forschungsetat um mindestens 2,5 Milliarden Euro erhöhen. Das klingt erst einmal ziemlich gut. Aber schauen wir uns doch einmal Ihre Regierungspraxis an.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz toll!)
In Ihrer Regierungszeit haben Sie den BMBF-Haushalt um gerade einmal 1,2 Milliarden Euro erhöht – um 1,2 Milliarden Euro in sieben Jahren. An dieser Stelle wird sehr deutlich, wie bei Ihnen Taten und Worte auseinanderklaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie nur nach Baden-Württemberg gucken! Das ist ein Wissenschaftswunderland!)
Schauen wir uns die Punkte Ihres Antrags der Reihe nach in Ruhe einmal an. Am Anfang fordern Sie ein – ich zitiere – „Modernisierungsprogramm für moderne Infrastrukturen des Wissens“. Ein Antrag ist nicht automatisch dadurch innovativ, dass der Begriff „modern“ häufig vorkommt.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schreiben doch keine Anträge mehr!)
Doch etwas anderes ist an dieser Stelle wichtig: Die Länder sind und bleiben auch nach Inkrafttreten der Änderungen von Artikel 91 b des Grundgesetzes für die Grundfinanzierung ihrer Hochschulen zuständig. Bei dieser Aufgabe werden sie vom Bund bereits in erheblichem Umfang unterstützt. Allein durch die vollständige Übernahme der BAföG-Kosten durch den Bund werden die Länder jedes Jahr um 1,2 Milliarden Euro entlastet,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
die sie gemäß der politischen Vereinbarung insbesondere für Hochschulen einsetzen sollen.
(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Nein, diese Mittel sind eben für die Hochschulen vorgesehen gewesen, Herr Gehring.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für Schulen und Hochschulen!)
Weitere neue Spielräume bei den Ländern entstehen, weil der Bund von 2016 an im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation III den jährlichen Aufwuchs in den Haushalten der außeruniversitären Forschungseinrichtungen allein tragen wird. Die Länder bekommen also langfristig Geld. Diese erheblichen zusätzlichen Mittel müssen aber auch in die Hochschulen investiert werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Investieren Sie doch bitte dort, wo Sie Regierungsverantwortung haben.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir doch!)
Die Modernisierung gönne ich Ihnen von Herzen, sofern sie bei den Studierenden auch ankommt.
Gleiches gilt für die – Zitat – „energetisch-klimaneutralen Referenzbauten“, die Sie laut Ihrem Antrag errichten möchten. Diese sollen zudem den – ich zitiere – „ästhetischen Ansprüchen“ gerecht werden. Damit keine Missverständnisse entstehen: Auch ich bin Fan von schöner Architektur.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Bevor Sie sich aber in der Baukunst vollenden, Herr Gehring, sollten Sie einmal einen kurzen Blick auf die Schultoiletten des Landes Nordrhein-Westfalen werfen. Da lernen Sie Demut.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Wann waren Sie das letzte Mal auf der Schultoilette?)
Lassen Sie die Kommunen mit ihren Nothaushalten nicht allein. Sie können bei dieser Gelegenheit die Ministerpräsidentin gleich mitnehmen. Immerhin hat ja selbst SPD-Chef Gabriel gesagt: Die Genossen sollten dahin gehen, wo es brodelt, stinkt und riecht.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir da tatsächlich häufig!)
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Politik beginnt für uns mit der Betrachtung der Realität. Eine von der Koalition bereits konkret geplante und im Koalitionsvertrag vereinbarte Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll Teil eines noch in Abstimmung befindlichen Gesamtpaketes werden. Da müssen Sie sich noch etwas gedulden. Dafür wird dies – das kann ich Ihnen schon verraten – aber ein großer Wurf werden, ein großer Wurf deshalb, weil wir die gesamte Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses im Blick haben. Wir haben eben keine partielle Wahrnehmung. Zum Gesamtpaket gehört vor allem die von Bundesministerin Johanna Wanka angekündigte gemeinsame Initiative von Bund und Ländern, neue Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, insbesondere durch die Förderung von Tenure-Track-Stellen.
Wenn wir im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen wollen, müssen wir jungen Menschen in unserem Wissenschaftssystem verlässliche Karriereperspektiven bieten. Auch die Länder müssen dabei klare Zusagen für die Erhaltung und Schaffung einer bestimmten Zahl von dauerhaften Professuren geben. Nur dann lässt sich eine systematische und nachhaltige Wirkung des Programms erzielen. Über den Bundesrat sind ja auch die Grünen in diese Verhandlungen involviert.
Zum Schluss komme ich zu Ihrer Forderung nach Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung in Form einer Steuergutschrift für KMUs. Diese wird zwar schon diskutiert, steht aber zumindest in dieser Legislatur nicht auf der Tagesordnung. Es gibt auch keine entsprechende Vereinbarung hierzu im Koalitionsvertrag. Ich finde diese Forderung aber sinnvoll und empfehle meiner Fraktion, diese nicht ad acta zu legen, auch für den Fall, dass aus dem zaghaften Flirt doch einmal ernst werden sollte.
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als Nächster hat Ralph Lenkert, Fraktion Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5267606 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Investitionen in die Wissenschaft |