18.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 112 / Tagesordnungspunkt 17

Heike HänselDIE LINKE - Entwicklungsfinanzierung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Zu später Stunde diskutieren wir jetzt noch ein Entwicklungsthema. Wir haben heute schon mehrfach Entwicklungsfragen diskutiert. Jetzt geht es um die Finanzierung, die ja nicht ganz unwichtig ist.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: So ist es!)

Wir haben es ausdrücklich begrüßt, dass es für die nächsten Jahre mehr Geld für Entwicklung geben soll.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU] und Stefan Rebmann [SPD])

Aber wenn wir uns die Zahlen genau anschauen, stellen wir fest: Die Bundesregierung wird weiterhin stagnieren bei ungefähr 0,4 oder 0,41 Prozent, trotz der Zusagen, die gemacht wurden, nämlich dass jeder Staat mindestens 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für Entwicklung ausgeben soll. Die Bundesregierung wird also in den nächsten Jahren diese international gemachten Zusagen nicht einhalten können und sie wieder einmal brechen. Das finde ich dann im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion, die wir zum Beispiel um Griechenland führen und in der tagtäglich gesagt wird: „Ihr müsst eure internationalen Zusagen einhalten“, doch sehr interessant. Ich finde, die Bundesregierung hat kein Recht, Griechenland hier in irgendeiner Weise zurechtzuweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Fuchtel, Sie haben das ja so toll gesagt: Elmau war ein Riesenerfolg. – In Elmau waren Sie vor allem sehr erfolgreich im Geldausgeben. Dieser zweitägige G-7-Gipfel, dieser Klub der Reichen, der sich da getroffen hat, hat die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nämlich 360 Millionen Euro gekostet.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ein Schnäppchen!)

Wenn man sich anschaut, dass der Entwicklungsetat von diesem Jahr zum nächsten um 830 Millionen Euro aufwächst und die Bundesregierung mit ihrer G-7-Wertegemeinschaft in zwei Tagen fast die Hälfte davon verprasst hat, dann erkennt man, dass Ihre Prioritäten vorne und hinten nicht stimmen. G-7-Gipfel können wir uns sparen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn ich mir dann auch noch anschaue, dass zeitgleich mit der Erhöhung der Entwicklungsgelder auch die Rüstungsausgaben in den nächsten Jahren um ungefähr 8 Milliarden Euro steigen sollen, zusätzliche Milliarden für teure Rüstungsprojekte wie zum Beispiel das Raketenabwehrsystem MEADS ausgegeben werden sollen, eventuell neue europäische Drohnen angeschafft werden sollen und wir auch noch das NATO-Ziel haben, dass wir zukünftig 2 Prozent unseres Bruttonationaleinkommens für Rüstung ausgeben sollen, dann kann ich nur sagen: Sie bewegen sich hier in die völlig falsche Richtung. Wir brauchen keine neue Rüstungsspirale, sondern eine Entwicklungsdividende.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese ist auch bitter nötig; denn wir haben – das wurde ja schon formuliert – viele hehre Ziele. Dieses Jahr werden die Nachhaltigkeitsziele in New York verabschiedet. Wir wollen weltweit die soziale Ungleichheit bekämpfen. Herr Fuchtel, ich hoffe, Sie hören zu; denn der Minister Müller macht sehr viele Ankündigungen. Er will bis 2030 eine Welt ohne Hunger haben. All diese Ankündigungen sind nicht ohne eine Finanzierung umzusetzen. Gleichzeitig brauchen wir mehr Geld für die Klimaanpassungsmaßnahmen usw. Hier reicht Ihr Haushalt vorne und hinten nicht. Wir lehnen es auch ab, dass Sie nicht sagen, wie viel Geld es für die Klimaanpassungsmaßnahmen und wie viel Geld es für Entwicklung gibt. Das kann nicht gegeneinander ausgespielt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss möchte ich noch auf eines hinweisen. Interessant finde ich, dass im Antrag der Koalitionsfraktionen steht, dass Sie den Ländern des Südens empfehlen, funktionierende Steuersysteme aufzubauen, um die soziale Ungleichheit in ihren Ländern bekämpfen zu können. Da frage ich mich: Wieso macht das eigentlich die Bundesregierung nicht auch? Wo sind denn Ihre Reichensteuer, Ihre Vermögensteuer und Ihre gerechte Erbschaftsteuer, die endlich einmal dazu beitragen könnten, dass soziale Ungleichheit bei uns bekämpft wird und wir gleichzeitig mehr Geld haben, um die weltweite soziale Ungleichheit zu bekämpfen?

(Beifall bei der LINKEN)

Noch eine Zahl, dann bin ich auch schon am Ende: Laut FAZ von vor zwei Tagen liegt Deutschland mittlerweile weltweit auf dem dritten Rang, was die Anzahl an wohlhabenden Menschen, an Millionären angeht, die wir im Land haben.

(Peter Stein [CDU/CSU]: Das ist doch keine Schande, oder? – Johannes Selle [CDU/CSU]: Das ist keine Schande!)

Vor uns liegen nur noch die USA und Japan.

(Peter Stein [CDU/CSU]: Das ist keine Schande! Das ist ein Erfolg!)

Deswegen müssen Sie endlich handeln, wenn Sie wirklich genügend Geld für Entwicklung und Klimaschutz haben wollen.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Man muss einen Mantel haben, um ihn zu teilen!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hänsel. – Die nächste Rednerin in der Debatte ist Dr. Bärbel Kofler für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5268119
Wahlperiode 18
Sitzung 112
Tagesordnungspunkt Entwicklungsfinanzierung
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