19.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 113 / Tagesordnungspunkt 31

Wolfgang GunkelSPD - Schutz für Opfer rechter Gewalt

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dem hier vorliegenden Antrag der Linken, der ja sozusagen dreigeteilt ist, ist es meine Aufgabe, zum ersten Teil zu sprechen. Zwei weitere Kollegen meiner Fraktion werden die anderen Teile behandeln. Deshalb stütze ich mich jetzt zunächst auf das, was hier zur Polizei zu sagen ist. Wir haben ja gehört, dass auf die NSU-Untersuchungen Bezug genommen wird, also auf die Untersuchungen zu den Vorfällen, die vor einiger Zeit zu zehn Morden geführt haben und aufs Höchste zu bedauern sind. Das, was daraus geschlossen wird, ist selbstverständlich richtig, auch, dass es da Veränderungen geben muss. Es ist aber die Frage zu stellen, ob man der Polizei strukturellen Rassismus unterstellen kann, weil die Ermittlungen nun leider nicht in die richtige Richtung verlaufen sind.

Ich weise darauf hin, dass mehrere Beamte des bayerischen Landeskriminalamts sehr wohl die Spur des rechtsextremen Verhaltens aufgedeckt haben. Leider ist diese Spur dann nicht weiterverfolgt worden, weil die Mehrheit anderer Auffassung war. So etwas kann passieren. Das ist höchst peinlich. Das hat ja dann auch zu den entsprechenden Ergebnissen geführt. Letztendlich blieb als Konsequenz übrig, dass viele Menschen sehr tief bestürzt waren, dass da vielen Ausländern Unrecht geschehen ist. Auch das muss man ganz einfach konstatieren.

Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen? Ich glaube nicht, dass die Polizei strukturell rassistisch ist und dass diese Ermittlungen nur unter diesem Aspekt geführt wurden, zumal es auch Landesbehörden waren, nämlich die von Bayern, Sachsen und Thüringen, und die entsprechenden Verfassungsschutzämter, die da versagt haben. Die Bundespolizei, um die es ja bei einem Bundespolizeibeauftragten oder bei einer polizeilichen Beschwerdestelle beim Bund geht, ist daran überhaupt nicht beteiligt gewesen.

Aber es ist natürlich richtig: Man muss fragen, ob das im Wesentlichen Sinn macht. Wir haben gerade ein leidenschaftliches Plädoyer dafür gehört. Ich kann mich dieser Frage nicht entziehen. Deswegen will ich auf das zurückkommen, was wesentlich ist.

Uns liegt ein Antrag der Linkspartei vor. Darin wird die Einrichtung einer Beschwerdestelle gefordert, die zwar unabhängig sein, aber die vollen Befugnisse einer Staatsanwaltschaft erhalten soll, also das Recht der Zeugenvernehmung, das Recht auf Akteneinsicht und das Recht auf Beweisführung. Das stößt nach meiner Ansicht an rechtsstaatliche Grenzen. Denn im Rahmen unserer Gewaltenteilung haben wir die Exekutive, die Legislative und die Jurisdiktion, und die Staatsanwaltschaft ist zuständig, wenn es sich um Straftaten handelt, die von Polizeibeamten begangen wurden.

Es ist bekannt, dass viele Bundesländer bei der Staatsanwaltschaft Dezernate unterhalten, die sich ausschließlich mit Beamtendelikten befassen, also auch mit von Polizeibeamten begangenen Straftaten. Es ist keineswegs so, dass da gemauschelt wird oder Ähnliches. Im Gegenteil: Da wird ganz präzise ausermittelt, und die entsprechenden Verurteilungen erfolgen. Es ist für mich nicht tragbar, eine Parallelinstitution zu schaffen, um damit den Nachweis zu führen, dass bei der Polizei irgendetwas falsch läuft. Von daher geht das nach meinem Dafürhalten leider an der Sache vorbei.

Eine andere Frage ist, wie man generell mit diesem Thema umgeht. Ich kann eine gewisse Sympathie nicht verhehlen. Der Wehrbeauftragte des Bundestages ist dafür sicherlich das Maß aller Dinge.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein gutes Vorbild!)

In einem Bundesland gibt es ja schon einen Polizeibeauftragten; darauf möchte ich einmal zu sprechen kommen.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rheinland-Pfalz!)

Rheinland-Pfalz hat seit Juli 2014 einen Polizeibeauftragten.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der sehr erfolgreich arbeitet!)

– Ja, darauf komme ich gleich; warten Sie es ab. – Dieser Polizeibeauftragte war vorher schon Bürgerbeauftragter. Jetzt hat er die Aufgabe, auch Beschwerden von Polizeibeamten entgegenzunehmen. Ich habe mir einmal angesehen, was er bisher gemacht hat. Herr Burgard hat da einen Rechenschaftsbericht vorgelegt. Es gab 35 Beschwerden von Bürgern. Bei diesen Beschwerden ging es im Wesentlichen um rauen Ton und Unhöflichkeit, um überzogene Personen- und Fahrzeugkontrollen und um Rangeleien bei Fußballspielen. Na ja, gut; so etwas ist alltäglich, wenn man sich dorthin begibt.

Die zweite Frage, die auftauchte, lautete: Über was haben sich Polizeibeamte beschwert? Es waren 25 an der Zahl. Sie haben im Wesentlichen Beschwerden über ihre Vorgesetzten geführt; das heißt, sie sind mit ihren Vorgesetzten nicht gut klargekommen. So weit, so gut.

Auf die Frage nach den Vorfällen in Hannover – Frau Mihalic, Sie haben sie ja hier sehr schön erwähnt – hat er geantwortet: Das ist erste Aufgabe der Ermittlungsbehörden. – Genau so ist es.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

– Danke. – Dieser Polizeibeauftragte handelt nach meiner Ansicht insofern völlig korrekt, als er sagt: Wenn es sich um Straftaten handelt, dann ist in erster Linie die Ermittlungsbehörde zuständig, also die Staatsanwaltschaft. – Hinzugefügt hat er aber – auch das muss man erwähnen –: Natürlich untersuchen wir dann, wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, ob es vielleicht Ansatzpunkte gibt, um in der Polizeiarbeit Verbesserungen zu erzielen, bei Aus- und Fortbildung und Ähnlichem.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das sind strukturelle Probleme!)

Dass dies möglich ist, kann ich mir durchaus vorstellen. Dazu bedarf es natürlich auch einiger Initiativen.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Aufgabe nimmt hier aber keiner wahr!)

Insgesamt sage ich: Dieser Antrag ist ein Anstoß dieser Diskussion vonseiten der Linkspartei, den ich ganz gut finde. Was Sie da aufgeschrieben haben, ist aber inhaltlich falsch. Deswegen müssen wir den Antrag leider ablehnen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wieso „leider“? Wenn er falsch ist, wird er abgelehnt – fertig!)

Aber wir werden weiter über dieses Thema diskutieren. Ich habe ja vor einiger Zeit im Innenausschuss gesagt, dass es Aufgabe von uns allen ist, sich darüber Gedanken zu machen. Über dieses Thema werden wir also noch weiter zu diskutieren haben. Heute möchte ich zusammenfassend sagen: So wie es in Ihrem Antrag steht, geht es nicht. Deswegen wird meine Fraktion diesen Antrag ablehnen.

Danke.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5271922
Wahlperiode 18
Sitzung 113
Tagesordnungspunkt Schutz für Opfer rechter Gewalt
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