19.06.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 113 / Tagesordnungspunkt 33

Christian FlisekSPD - Recht der Syndikusanwälte

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag, nicht nur weil er einer der wenigen Tage ist, an denen Frau Künast als Vorsitzende des Rechtsausschusses ausdrücklich mal einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministers lobt – dafür danke ich Ihnen –,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das streichen wir grün an!)

sondern auch deswegen, weil dieser Tag etwas Gutes für die mehr als 40 000 Syndikusanwälte in Deutschland bringt, für jene Rechtsanwälte, die in Unternehmen, in Verbänden, in der Wirtschaft anwaltlich tätig sind.

Der Bundestag berät heute in erster Lesung einen Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, mit dem wir die aktuell bestehende Rechtsunsicherheit in Bezug auf den berufsrechtlichen und auf den sozialversicherungsrechtlichen Status dieser Berufsgruppe beseitigen wollen. Diese Rechtsunsicherheit – das ist bereits angesprochen und betont worden – ist entstanden durch ein Urteil des Bundessozialgerichtes im Frühjahr letzten Jahres. Dieses Urteil war für die Syndikusanwälte in Deutschland ein Paukenschlag: Von einem auf den anderen Tag wurde eine über viele Jahre gelebte Rechtspraxis infrage gestellt. Das hat viele Sorgen hervorgerufen: Sorgen der Syndikusanwälte, aber auch Sorgen der Arbeitgeber dieser Syndikusanwälte, Sorgen bei den Versorgungswerken, der gesetzlichen Rentenversicherung, aber auch bei den Anwaltskammern und den Verbänden, beispielsweise dem Deutschen Anwaltverein oder dem Bundesverband der Unternehmensjuristen in Deutschland.

Die Politik – der Bundestag, die Koalitionsfraktionen und vor allen Dingen auch das Bundesministerium der Justiz – hat hierauf sehr schnell reagiert. Diese Sorgen wurden aufgegriffen. Wir haben bereits vor Beginn der parlamentarischen Beratungen in einem sehr intensiven Dialog mit allen Beteiligten nach Lösungen gesucht.

Es ging darum, das Berufsrecht und den versicherungsrechtlichen Status von Syndikusanwälten – das betone ich – zügig auf eine verlässliche Grundlage zu stellen und die zum Teil bestehenden existenziellen Sorgen und Unsicherheiten zu beseitigen. Ich finde, das ist auch gelungen.

Ich möchte hier und heute die Gelegenheit nutzen, dem Bundesjustizminister Heiko Maas, aber auch der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Nahles, deren Häusern, den beteiligten Staatssekretären sowie auch den Berichterstattern der Koalitionsfraktionen – überhaupt allen Beteiligten, die sich konstruktiv in diesen Dialog eingebracht haben – dafür herzlich zu danken, dass das so zügig geschehen ist. Nur so ist das überhaupt in dieser Zeit zu bewerkstelligen gewesen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Der Dialog ist noch nicht zu Ende. Wir befinden uns, wie gesagt, erst am Beginn der parlamentarischen Beratungen. Wer sich den Gesetzentwurf anschaut – es ist heute schon, was einige Details angeht, viel Richtiges gesagt worden –, wird feststellen: Syndikusrechtsanwälte haben in Zukunft ein Wahlrecht. Sie können zum Beispiel ihre Tätigkeit auf ihre Arbeit als Syndikusanwälte in einem Unternehmen oder einem Verband beschränken. Wenn sie sich darauf beschränken, regelt dieser Gesetzentwurf klipp und klar ihren berufsrechtlichen sowie ihren versicherungsrechtlichen Status. Sie können auch bei dieser Tätigkeit weitgehende Vertretungsbefugnisse vor Gericht wahrnehmen. Wir haben aber auch darauf geachtet, dass die Rechte und Interessen der niedergelassenen Rechtsanwälte gewahrt bleiben.

Meine Damen und Herren, wer sich den Gesetzentwurf anschaut, wird feststellen, dass der Syndikusanwalt in Zukunft ein Rechtsanwalt eigener Art sein wird. Das zeigt sich auch darin – das ist ebenfalls schon angesprochen worden –, dass ihm beispielsweise einige strafprozessuale Privilegien vorenthalten bleiben. Wenn man etwa über das Beschlagnahmeverbot redet, ist das für jedermann einsichtig und deutlich. Es ist auch sachgerecht; denn wir wollen vermeiden, dass in Zukunft Strafverfolgungsbehörden – etwa durch einen Missbrauch von Syndikusanwälten quasi als Wagenburg in einem Unternehmen – daran gehindert werden, ihre Arbeit zu tun und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Ich sage aber auch deutlich, dass ich mir gewünscht hätte, dass man dabei nicht so „hopp oder top“ vorgegangen wäre, sondern bei den strafprozessualen Regelungen eine differenziertere Betrachtung vorgenommen hätte. Wenn man den Syndikusanwalt als Rechtsanwalt definiert – das tun wir ja –, dann sage ich sehr deutlich: Ich kann mir einen Rechtsanwalt, der noch nicht einmal ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, irgendwie nicht wirklich vorstellen. Das wäre auch etwas, was ich gerne in den parlamentarischen Beratungen auf die Tagesordnung bringen würde. Vielleicht gelingt es uns, bei diesen strafprozessualen Privilegien eine etwas differenziertere Betrachtung hinzubekommen.

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass dieser Gesetzentwurf auch im Hinblick auf die Frage der Haftung eine gute Grundlage dafür sein wird, dass die Versicherungswirtschaft brauchbare Lösungen finden und anbieten wird.

Wer als Syndikusanwalt in Zukunft zusätzlich zu seiner Tätigkeit im Unternehmen noch als niedergelassener Anwalt tätig sein will, der muss zusätzliche Voraussetzungen erfüllen. Ich finde, auch das ist eine absolut sachgerechte Lösung – auch wenn mir klar ist, dass wir zu diesem Punkt noch viele Diskussionen führen werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen, sofern Sie eine große sozialrechtliche Lösung lieber gehabt hätten, Folgendes sagen: Ich finde, das Bundessozialgericht hat ausschließlich für die Syndikusanwälte entschieden. Wir sollten an dieser Stelle – davon bin ich überzeugt – den Ball im Sinne einer schnellen und zügigen Lösung für diese 40 000 Kolleginnen und Kollegen flach halten. Denn eines – das wurde auch in dieser Debatte deutlich – ist klar: Wenn wir das Fass aufmachen und die große Lösung suchen, wäre eine solche Lösung im Sinne dieser Kolleginnen und Kollegen weit weg bzw. nicht so schnell in Sicht. Deswegen: Überlegen Sie sich das noch einmal.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das meinen Sie aber an die CDU!)

Ich denke, dass wir nah beieinander sind; aber in dieser Frage sollten wir noch ein bisschen näher aneinanderrücken.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Flisek. – Die letzte Rednerin in dieser Debatte: Dr. Silke Launert für die CDU/ CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5272229
Wahlperiode 18
Sitzung 113
Tagesordnungspunkt Recht der Syndikusanwälte
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