Gerda HasselfeldtCDU/CSU - Vereinbarte Debatte/ Griechenland
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf Griechenland im Besonderen zu sprechen komme, will ich eines klarstellen: Wir diskutieren seit etwa fünf Jahren über die Staatsschuldenkrise in einigen europäischen Ländern. Die Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Krise, die wir in den letzten fünf Jahren in diesem Haus beschlossen und in Europa auf den Weg gebracht haben, waren erfolgreich.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist die Wahrheit!)
Die Länder Spanien, Portugal und Irland haben ihre Programme erfolgreich abgeschlossen, und Zypern ist auf einem guten Weg. Deshalb müssen wir uns bei solchen Diskussionen schon fragen: Warum ist das so? Es ist nicht so, wie Herr Hofreiter gesagt hat, dass nichts geschehen ist, dass alles nicht erfolgreich war. Gerade in diesen Ländern ist zu spüren – das ist auch nachzulesen –,dass die Programme erfolgreich waren.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)
Warum waren diese Länder erfolgreich? Sie waren es, weil nicht nur die Solidarität in Europa gepflegt wurde, weil nicht nur mit Programmen geholfen wurde, sondern diese Länder auch eigene Anstrengungen unternommen haben. Diese Länder haben sich an die Regeln, die wir uns gemeinsam gegeben haben, gehalten,
(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pkw-Maut!)
sie haben sich an die Vereinbarungen und an die Vorgaben der Troika gehalten, und sie haben eigene Anstrengungen unternommen. Das war das Erfolgsrezept.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pkw-Maut! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CSU braucht nichts über Rechtstreue in der Europäischen Union zu erzählen! Die CSU ist die letzte Partei, die das Recht dazu hat! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Lieber Herr Hofreiter! Unschuldsvermutung! Noch ist nichts entschieden! Vorsicht!)
Die derzeitige Situation in Griechenland ist alles andere als einfach. Diese Situation hat sich niemand gewünscht, aber sie ist nun einmal so, wie sie ist. Die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds haben Griechenland ein ausgesprochen großzügiges Angebot unterbreitet. Griechenland hat dieses Angebot abgelehnt. Es hat die Verhandlungen abgebrochen, sie einseitig aufgekündigt mit der Ankündigung eines Referendums. Natürlich ist es das legitime Recht eines jeden Landes, eines jeden Staates, sein Volk zu befragen; aber monatelang zu verhandeln, keine eigenen Anstrengungen zu unternehmen und immer wieder neue Forderungen an andere zu stellen, um drei Tage vor Auslaufen des Programms alles wieder infrage zu stellen, ist, noch dazu angesichts der Empfehlung, die Kompromissvorschläge, die im Referendum zur Abstimmung stehen, abzulehnen, ein einmaliger Vorgang und ein beispielloser Affront gegen die europäischen Partner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Überall in Europa Porzellan zu zerschlagen
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie die CSU mit der Pkw-Maut!)
und dann die Menschen im eigenen Land auch noch die Scherben zusammenkehren zu lassen, das hat mit Demokratie nichts zu tun. Das ist in höchstem Maße verantwortungslos.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])
Deshalb war es richtig und gut, dass die Finanzminister der Euro-Gruppe einstimmig klargemacht haben: Europas Regeln gelten für alle, und Solidarität kann nur bei Gegenleistung in eigener Verantwortung gewährt werden. Das war das richtige Signal für den Euro, und das war das richtige Signal für ganz Europa. Daran werden wir uns auch künftig messen lassen müssen. Wir haben eine Verantwortung für Europa. In Europa werden Regeln gesetzt und Vereinbarungen geschlossen, an die man sich hält. So verstehen wir Europa.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die griechische Regierung hat immer so getan, als gingen sie die geschlossenen Vereinbarungen nichts an. Sie hat immer gesagt: Wir haben einen eigenen Auftrag der Wähler. Fakt ist: Die Vereinbarungen haben nicht Parteien geschlossen, die Vereinbarungen haben auch nicht Koalitionen geschlossen, sondern die Vereinbarungen wurden von den Staaten geschlossen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Fakt ist auch, dass die griechische Regierung im Februar 2015 der Verlängerung des Programms und damit auch den damals enthaltenen Bedingungen zugestimmt hat. Sie hat aber nichts getan, um diese Bedingungen einzuhalten. Dass sie ein verbessertes Angebot nun nicht annehmen wollte, zeigt: Die griechische Regierung hatte von Anfang an ganz andere Pläne. Ihr geht es nicht um die Einhaltung der Vereinbarungen, nicht um die Einhaltung der Regeln. Vielmehr will sie die Grundregeln Europas ändern. Sie will eine andere Euro-Zone. Sie will eine Transferunion. Letztlich will sie Geld zur Erfüllung unrealistischer Wahlversprechen, ohne die Auflagen zu erfüllen. Das wird es, das kann es und das darf es mit uns nicht geben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Unser Kurs bleibt: Solidarität, Hilfe und Unterstützung ja, aber nur mit Eigenverantwortung, und zwar deshalb, damit dauerhaft die Grundlagen dafür gelegt werden können, dass sich Griechenland positiv entwickelt. Das war und ist die Geschäftsgrundlage für jede unserer Hilfen. Das gilt für die vergangenen und natürlich genauso für mögliche aktuelle Hilfen.
Der gestrige Brief aus Athen enthält wieder vor allem Forderungen ohne konkrete Reformzusagen. Bisher hat die Regierung ihre Reformzusagen nicht eingehalten. Genau das ist das Problematische: Es wurde so viel an Vertrauen zerstört. Dieses Vertrauen wieder aufzubauen, ist jetzt auch Aufgabe der griechischen Regierung. Denn ohne Vertrauen ist eine Zusammenarbeit in einer so schwierigen Situation, wie wir sie jetzt haben, nicht denkbar. Natürlich muss man sich bei jeder Entscheidung fragen: Welche Konsequenzen hat sie? Welche Konsequenzen hat sie für die Menschen in Griechenland? Welche Konsequenzen hat die Entscheidung für die Stabilität der gesamten Euro-Zone und dabei auch für die Menschen in der Euro-Zone? Es ist ja nicht so, dass es nur in einem Land Menschen gibt, auf die wir schauen müssen. Wir haben auch Verantwortung für die Menschen, die in unserem Land wohnen. Das will ich bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben mit dem ESM, wir haben mit dem Fiskalpakt, wir haben mit der Bankenunion heute bessere Konditionen, eine bessere Grundlage, um schwierige Krisen in Europa bewältigen zu können. Das zeigt übrigens auch die Reaktion der Märkte in diesen Tagen. Viele Länder haben Strukturreformen durchgeführt – ich habe es vorhin erwähnt –, insbesondere die Programmländer Spanien, Portugal, Irland und Zypern. Sie haben sich dabei gut entwickelt.
Nur zur Erinnerung: Auch Griechenland hatte sich verbessert und war auf einem guten Weg. Im letzten Jahr, im Jahr 2014, ist die griechische Wirtschaft nach sechs Jahren Rezession erstmals wieder gewachsen. Die Herbstprognose der Europäischen Union sah für dieses Jahr sogar 3 Prozent Wachstum voraus. Die Arbeitslosigkeit ist leicht gesunken. Aber nach wenigen Monaten hat die jetzige Regierung in Griechenland dieses wieder verspielt und das Land wieder an den Abgrund geführt. Das gehört zur Wahrheit. Griechenland ist jetzt wieder in der Rezession.
Das Vertrauen ist verspielt. Das Vertrauen der europäischen Partner ist verspielt. Das Vertrauen der Investoren ist verspielt. Das Vertrauen der Geldgeber ist verspielt. Es muss wieder aufgebaut werden. Das hat nichts mit dem aktuellen Kurs in Richtung Crash zu tun. Wenn jemand diesen Kurs zu verantworten hat, dann ist das die jetzige Regierung in Griechenland, die dazu den Boden bereitet hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Halten Sie dieses Schwarze-Peter-Spiel überhaupt für schlau?)
Wir alle spüren in diesen Tagen, dass die Wirtschafts- und Währungsunion vor einer ganz entscheidenden Herausforderung steht. Es ist gut, dass wir miteinander um eine gute Lösung ringen. Ich will aber auch hinzufügen: Wir sollten die positiven Signale, die gerade in diesen Tagen spürbar sind, nicht unbeachtet lassen.
Das erste positive Signal ist, dass die Europäische Union, insbesondere die Euro-Zone, bei ihrem Verhalten Geschlossenheit und auch Stringenz gezeigt hat. Ich möchte dem Bundesfinanzminister und unserer Bundeskanzlerin herzlich für den Einsatz danken, der nicht nur in den letzten Tagen und Wochen, sondern auch schon in den vergangenen Monaten und Jahren gezeigt wurde.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Positiv ist zweitens der Blick auf die Struktur dessen, was in den letzten Jahren entschieden wurde. Ich meine das, was ich anfangs gesagt habe, nämlich dass diese Struktur erfolgreich war, dass der Kurs richtig ist – Solidarität und Eigenverantwortung gehören zusammen – und dass auch richtig ist: Regeln müssen eingehalten werden. Nur das macht Europa stark. Dass auch dieser Kurs beibehalten wird, ist eine gute Botschaft.
Die dritte gute Botschaft ist: Wir haben in den vergangenen Jahren durch die vielen Maßnahmen im Rahmen von ESM, Fiskalpakt und Bankenunion die Grundlagen dafür gelegt, dass die Ansteckungsgefahren jedweder Entscheidung minimiert wurden. Das ist eine ganz wichtige Grundlage dafür, dass wir zu guten Entscheidungen mit guten Auswirkungen kommen.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte uns Mut machen, sodass wir mit Zuversicht sagen können: Wir werden diese Krise nicht nur bewältigen, sondern aus dieser Krise auch gestärkt hervorgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Johannes Kahrs für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5342837 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 114 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte/ Griechenland |