01.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 114 / Zusatzpunkt 2

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke war in den letzten Wochen auf verschiedenen Streikkundgebungen der Kolleginnen und Kollegen der Post. Ich finde, wir sollten hier heute zuallererst den Kolleginnen und Kollegen Respekt für ihren Kampf zollen;

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn sie kämpfen nicht nur für sich, sondern auch für die Beschäftigten der Posttochter DHL Delivery, welche dieselbe Arbeit machen, aber mit deutlich schlechteren Löhnen abgespeist werden.

Millionen Beschäftigte haben in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, ausgegliedert zu werden, für weniger Geld und natürlich zu schlechteren Bedingungen arbeiten zu müssen. Der Streik der Kolleginnen und Kollegen ist auch ein Zeichen, dass dieses Lohndumping endlich ein Ende haben muss.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nun haben wir heute eine Information bekommen, die eine bodenlose Frechheit ist. Es gibt Hinweise darauf, dass die Arbeitsagentur für die Post Streikbrecher sucht. Ich will Ihnen hier die Anzeige – ich habe sie extra groß kopiert – für das Postfrachtzentrum Magdeburg zeigen und aus dem Stellenangebot der Arbeitsagentur zitieren: Wir suchen Postsortierer für einen befristeten Einsatz von zwei bis drei Monaten. – Die Krönung ist, dass das Ganze für 8,20 Euro im Rahmen von Leiharbeit geschehen soll, für die der Mindestlohn überhaupt nicht gilt. Wenn das hier in Deutschland so passiert, ist das eine große Sauerei, meine Damen und Herren. Ich fordere eine klare Stellungnahme der Bundesregierung, die leider nicht anwesend ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Streikenden werden unter Druck gesetzt, und es wird mit weiteren Ausgründungen gedroht. Wissen Sie, was die Beschäftigten von ihren Vorgesetzten gesagt bekommen: Wenn Du mein Sohn wärst, würde ich Dich zur Arbeit prügeln. – Oder: Wenn Sie den Vertrag zu den schlechteren Bedingungen nicht unterschreiben, dann melden wir das dem Jobcenter, und dann kriegen Sie noch eine Sperrfrist obendrauf. – Das, meine Damen und Herren, ist Erpressung. Ich bin entsetzt, dass so etwas in einem Unternehmen in Deutschland, bei dem die Regierung im Aufsichtsrat sitzt, möglich ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Es muss Schluss sein damit, dass sich das Management mit derart simplen Rezepten wie brutalem Lohndumping eine goldene Nase verdient. Das Einkommen von Postchef Frank Appel hat sich in diesem Jahr um über 50 Prozent erhöht. Wofür eigentlich? Wir reden hier von 5,2 Millionen Euro Einkommen. Und diejenigen, die die Leistung für das Unternehmen erbringen, sollen auf bis zu 20 Prozent des Lohnes verzichten. Das darf doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil die Kolleginnen und Kollegen so viel leisten, zeigt dieser Streik auch Wirkung. Die Post kann noch so viele Autos leer durch Hamburg fahren lassen oder Hallen für nicht ausgelieferte Pakete anmieten: Die Menschen merken, dass die Briefe und die Pakete nicht mehr so ankommen, wie sie es gewohnt waren. Dass sich die Post aber jenseits legaler Möglichkeiten alles Mögliche einfallen lässt, diesen Streik zu unterlaufen, ist unglaublich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann es nicht anders sagen: Es regt mich auf, wenn ich sehe, wie man hier mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgeht.

Ich will Ihnen hier zwei weitere Bilder zeigen, die ich ebenfalls extra auf Großformat kopiert habe. Diese zeigen nicht etwa Baucontainer, sondern Container, welche die Post für slowakische Streikbrecher beim Postverteilzentrum in Greven-Reckenfeld –

Nehmen Sie jetzt bitte die Blätter wieder runter! Sie haben sie gezeigt, aber nun nehmen Sie sie bitte wieder runter. Es gelten für alle hier im Haus gleiche Bedingungen.

– angemietet und auf dem Gelände eines Gartenbaubetriebs in Hörstel aufgestellt hat. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen sogar noch Miete für diese „Luxuswohnungen“. Das ist eine Frechheit. So etwas kann man nicht verstehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei alldem schweigt die Bundesregierung – und duldet es noch dazu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union und von der SPD, Sie haben vor etwa 20 Jahren die Privatisierung der Post auf den Weg gebracht. Nun müssen Sie zugeben, dass dieser Konflikt ein Ergebnis dieser Entscheidung ist. Das Unternehmen arbeitet profitabel; aber um die Gewinne zu erhöhen, ist jedes Mittel recht. In den vergangenen zehn Jahren wurden 8 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgeschüttet – Geld, das bei den Löhnen und den Arbeitsbedingungen abgeknapst wurde und bei der Modernisierung des Unternehmens fehlt.

Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung dem Post-Vorstand für eine solche Unternehmenspolitik freie Hand lässt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss schon fragen – diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen –: Wofür sind Sie eigentlich gewählt worden? Für die Millionen Beschäftigten, die unter anderem auch bei der Post arbeiten, oder für einzelne Vorstandsmitglieder, die für Millioneneinkünfte stehen?

Für die Linke ist klar: Wir sagen Nein zum Lohndumping bei der Post und Ja zum Streik der Kolleginnen und Kollegen. Wir unterstützen sie innerhalb und außerhalb des Parlamentes.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Da einige Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke so verstört zu mir herübergeschaut haben, will ich sagen: Die Regeln, die wir hier haben, haben wir alle gemeinsam beschlossen – einschließlich der Fraktion Die Linke.

Nächster Redner ist Tobias Zech, CDU/CSU-Fraktion. – Bitte.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5343356
Wahlperiode 18
Sitzung 114
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG
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