Tobias ZechCDU/CSU - Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns vor drei Monaten hier im Deutschen Bundestag schon einmal mit diesem Thema, der Tarifauseinandersetzung bei der Deutschen Post, beschäftigt. Ich habe schon damals für die Union gesprochen und gesagt, dass ich die Diskussion hier nicht für angemessen halte. Heute haben Sie das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Meine Damen und Herren von den Linken, ich muss Ihnen sagen: Aus meiner Sicht geschah das wiederum grundlos.
Auch wenn ich diese Debatte hier ungeeignet finde, gibt sie mir doch zumindest die Möglichkeit, ein paar Dinge klarzustellen.
Es handelt sich beim Konflikt zwischen Verdi und der Deutschen Post ganz klar um eine ganz klassische Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber. Sie hat hier im Plenum des Deutschen Bundestages nichts, aber auch gar nichts zu suchen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN: Oh!)
Wir sprechen hier im Deutschen Bundestag immer wieder gerne von der Tarifautonomie. Sie bedeutet, autonom und damit frei von staatlichen Eingriffen zu handeln. Das gilt übrigens für alle. Das heißt, auch wenn der Bund Anteilseigner ist, gibt uns das bei weitem noch nicht das Recht, uns in jede Verhandlung und in jeden Konflikt von Unternehmen, an denen wir beteiligt sind, einzumischen. Was Sie hier machen, ist nichts anderes als ein politisches Schaulaufen ohne inhaltliche Substanz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Welches Zeichen möchten Sie denn setzen? Wir haben über hundert Beteiligungen. Wollen Sie in Zukunft bei jeder Streitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Unternehmen, an denen wir beteiligt sind, den Deutschen Bundestag bemühen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN – Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Wir sind nicht der Betriebsrat der Nation!)
Es ist klar, warum Sie das wollen. Sie können nämlich überhaupt kein Fan von Tarifautonomie sein, weil für Sie staatliches Handeln wohl immer noch die oberste aller Prämissen ist.
Ich möchte drei Punkte herausgreifen.
Erstens. Die Situation der Arbeitnehmer sehen wir hier sehr wohl, und die nehmen wir hier auch ernst.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wie denn?)
Man muss aber auch sehen, welche Folgen die Gründung der DHL Delivery GmbH langfristig hat. Die Post baut unbefristete Arbeitsverhältnisse auf.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! – Herbert Behrens [DIE LINKE]: In einem tariflosen Bereich!)
– Das ist so; das ist die Wahrheit. – Die Deutsche Post zahlt die Tariflöhne auch bei der DHL Delivery GmbH nicht im luftleeren Raum, sondern gemäß den zwischen Verdi und der Speditions- und Logistikbranche ausgehandelten Flächentarifverträgen. Auch das ist die Wahrheit.
(Zuruf von der LINKEN)
Dazu kommen noch Zahlungen zum Ausgleich und Zahlungen im Niedriglohnbereich. Auch das ist die Wahrheit. Ich hätte mir von Ihnen ganz gerne gewünscht, dass Sie das hier auch so sagen.
Zweitens geht es auch um die Situation der Arbeitgeber. Wir möchten hier im Land Unternehmen haben, die nachhaltig und wirtschaftlich langfristig denken. Das heißt, dass wir die Deutsche Post so aufstellen müssen und dass der Post-Vorstand alles dafür tut, dass das Unternehmen langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein wird. Das ist nicht nur den Kunden in Deutschland, sondern vor allem auch den Arbeitnehmern, die Sie hier zu vertreten meinen, geschuldet, weil der Vorstand nur dann langfristig gute Arbeitsplätze garantieren kann. Auch hier muss man die Deutsche Post unterstützen.
Drittens. Da wir das Plenum schon bemühen, möchte ich die untragbare Situation für die Bürgerinnen und Bürger noch ansprechen. Nicht nur Briefe und Zeitungen kommen nicht mehr an, sondern teilweise werden auch Medikamente nicht zugestellt. Labor- und Arztberichte kommen nicht an. Rechnungen werden nicht fristgerecht zugestellt.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie nicht gerade von einer Tarifautonomie gesprochen?)
Ein kleiner Handwerksbetrieb wird unter Liquiditätseinbußen leiden, weil es keine Zahlungseingänge gibt. Das ist die Politik, die Sie hier betreiben.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Tarifautonomie!)
Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, zu sagen, dass das sinnvoll ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Inzwischen leiden auch Schwerbehinderte unter dem Streik, weil sie ihre Wertmarken für eine freie Fahrt mit Bus und Bahn nicht bekommen. Ihnen geht es um Ideologie, nicht um die Menschen in diesem Land. Auch das muss man einmal deutlich sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sonst halten Sie die Fahne der Tarifautonomie immer so hoch!)
Ich sehe, ich muss zum Ende kommen. Deswegen nur noch ganz kurz: Die Arbeitsplätze, die die Deutsche Post aufbaut, gehören zu den bestbezahlten in der Branche; auch das ist korrekt. Ich plädiere für Folgendes: Lassen Sie Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Ruhe verhandeln. Wir als Politiker dürfen uns nicht einmischen.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Sie haben sich doch gerade eingemischt!)
Das ist Tarifautonomie. Die Tarifpartner sollen das regeln; dafür gibt es sie.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Beate Müller- Gemmeke, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5343366 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 114 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG |