Antje LeziusCDU/CSU - Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Der aktuelle Streik bei der Post fügt sich nahtlos ein in zahlreiche Arbeitsniederlegungen der letzten Zeit: der Lokführer, der Piloten und der Erzieher. Ich glaube, den Bürgern reicht es mittlerweile.
(Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])
Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass wir über das Spannungsverhältnis zwischen Streikrecht und Daseinsvorsorge reden. Ich bin den Linken deswegen dankbar, dass wir diesen Punkt auf der Tagesordnung haben.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Das ist aber schön!)
Ohne Frage, das Streikrecht ist ein wichtiges Mittel zur Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen. Allerdings nutzt sich dieses Mittel sehr schnell ab, weil seine Wirkung im Wesentlichen auf der Außenwahrnehmung beruht.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das hat sich in den letzten 150 Jahren nicht abgenutzt!)
Streikende sind zur Durchsetzung ihrer Interessen auch darauf angewiesen, dass die übrige Bevölkerung Verständnis für ihre Position hat und diesen Streik als legitim empfindet. Dies ist aber nicht mehr der Fall, wenn dieses letzte Mittel in der tarifpolitischen Auseinandersetzung zu oft oder unverhältnismäßig angewendet wird.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Das ist aber bei der Post nicht der Fall! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer entscheidet, was zu oft ist? – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann hat die Post zum letzten Mal gestreikt?)
Wenn Verdi hier einen unbefristeten Streik ankündigt, dann sollten wir hinterfragen, ob hier eine Gewerkschaft nicht womöglich im eigenen Interesse handelt und nicht im Interesse der Arbeitnehmer, die sie zu vertreten hat.
(Zuruf der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE])
Dieser Streik wird auf dem Rücken von Millionen Menschen ausgetragen, die auf die Dienstleistungen der Post wie auch die der Lokführer oder der Erzieher angewiesen sind.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Wesen eines Streiks!)
Hunderttausende Arbeitnehmer konnten ihre Kinder nicht mehr zur Kita bringen, ebenso konnten Hunderttausende wegen des Lokführerstreiks ihre Familien nicht sehen oder versäumten wichtige Geschäftstermine.
(Klaus Barthel [SPD]: Also wollen Sie doch das Streikrecht einschränken? – Zurufe von der LINKEN)
Ich finde es problematisch, wenn Einkommen nicht mehr erwirtschaftet werden können und Existenzen in Gefahr sind, weil manche Dienstleistungen nicht mehr erbracht werden.
(Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])
Diejenigen, die zum Streik aufrufen, müssen sich fragen lassen:
(Markus Paschke [SPD]: Es ist problematisch, wenn Arbeit nichts mehr wert ist!)
Ist der Streik wirklich das letzte Mittel der Wahl? Hätte nicht noch mehr verhandelt werden können? Denn es kostet viel, viel Geld. Streiks bedeuten immer auch einen immensen wirtschaftlichen Schaden. Und der wirkt sich im Endeffekt natürlich auch wieder auf die Beschäftigten aus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nehmen wir zum Beispiel den Hamburger Hafen. Sie haben gesehen, wie der Hamburger Hafen durch den nicht mehr erfolgten Containertransport während des Lokführerstreiks regelrecht lahmgelegt war.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ei! Ei!)
Und somit kommen wir direkt zur Deutschen Post. Die Deutsche Post hatte in diesem Sinne angeboten, den Beschäftigten in der Paketzustellung zwar weniger Entgelt zu zahlen – übrigens nach dem von Verdi verhandelten Logistiktarifvertrag –, sie dafür aber aus den befristeten Beschäftigungsverhältnissen in unbefristete zu überführen.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Die wollen den Posttarifvertrag haben! – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Zum Billigtarif!)
Dieses Mehr an Sicherheit für die Beschäftigten ist zu begrüßen. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Linke einmal gegen unbefristete Arbeitsverhältnisse wendet, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das würden wir nie tun! – Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Wir wenden uns gegen Lohndumping!)
Unternehmen sind einerseits in der Fürsorgepflicht für ihre Arbeitnehmer, aber andererseits müssen sie im Hinblick auf die Konkurrenz am Markt auch dafür sorgen, dass sie wettbewerbsfähig bleiben. Hierzu sind selbstverständlich auch Umstrukturierungen nötig. Das sind unternehmensinterne Entscheidungen im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung, bei denen sich der Staat nicht einmischen darf. Wir von der Unionsfraktion sind dagegen der Meinung, dass sichere Arbeitsplätze den Menschen helfen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und dass dies auf jeden Fall besser ist als betriebsbedingte Kündigungen.
Sprechen wir zum Schluss doch einmal über die Arbeitsverhältnisse der Zukunft. Wie sehen diese aus? Was können wir tun, um geeignete Rahmenbedingungen für gute Arbeit zu schaffen? In Zukunft werden sich die Arbeitsverhältnisse grundlegend wandeln – das belegen die Fakten –, und zwar aus technischen, demografischen und gesellschaftlichen Gründen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt das?)
Arbeit wird sich zukünftig auch stärker an diese Gegebenheiten und an die geänderten Bedürfnisse der Menschen anpassen müssen. So muss beispielsweise Teilzeitarbeit kein Indiz für prekäre Beschäftigung sein. Sie kann eine Möglichkeit sein, eine individuelle Work-Life- Balance herzustellen.
Die Zukunft der Arbeit ist etwas, das die Tarifpartner originär betrifft. Sie sollten sie aktiv gestalten. Bei den Gewerkschaften vermisse ich diesen in die Zukunft gerichteten Gestaltungswillen. Stattdessen verkämpft sich Verdi gerade in Gefechten von vorgestern, um die eigene Existenz zu rechtfertigen.
Ich wünsche mir, dass die Gewerkschaften den Strukturwandel in der Arbeitswelt begreifen und den Menschen hier Hilfestellung geben; denn damit würden sie ihre Bedeutung für die Zukunft unterstreichen, anstatt sie infrage zu stellen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller- Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was müssen die Arbeitgeber machen?)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Markus Paschke, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5343467 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 114 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG |