01.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 114 / Zusatzpunkt 2

Axel KnoerigCDU/CSU - Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG

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Werte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist nun schon das dritte Mal, dass die Linke eine Aktuelle Stunde zum Tarifkonflikt bei der Post beantragt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir sind fleißig!)

Letzte Woche haben Sie eine andere Priorisierung vorgezogen und Ihren Antrag dazu zurückgezogen.

(Klaus Barthel [SPD]: Da haben sie geschwächelt!)

Auch heute geht es nur um einen Schaufensterantrag,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch kein Antrag!)

der mich an dem politischen Grundwissen der Linken zweifeln lässt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen immer wieder fragen, inwiefern der Bund hier eine tragende Rolle spielt. Ich wiederhole es gerne und fasse es noch einmal zusammen:

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Welcher Antrag eigentlich?)

Erstens. Der Bund ist zwar über die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit 21 Prozent an der Post beteiligt, doch er hat keinerlei Einfluss auf das Geschäftsgebaren und die Betriebsorganisation des Unternehmens.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Er nimmt seine Verantwortung nicht wahr!)

Zweitens. Dieser Konflikt ist ausschließlich Sache der Tarifpartner. Tarifpartner sind die Deutsche DHL Group und die Gewerkschaft Verdi.

(Beifall der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU] – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So einfach ist die Welt!)

Drittens. In einer sozialen Marktwirtschaft mischen sich Staat und Politik nicht in Tarifangelegenheiten ein, und das ist auch gut so.

Auf Ihr Verlangen hin wollen wir das heute trotz alledem tun. Dabei muss man das Thema genau reflektieren: Die Post hat unter dem Namen DHL Delivery 49 regionale Tochtergesellschaften gegründet. Verdi sieht darin einen Verstoß gegen den laufenden Beschäftigungspakt, der jegliche Fremdvergabe, auch konzernintern, ausschließt.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zusätzliche Fremdvergabe! Nicht „jegliche“, sondern zusätzliche!)

Verdi hat daraufhin Tarifverhandlungen abgelehnt. Die Post hat deshalb den Tarifvertrag des Arbeitgeberverbandes SPEDLOG für die Tochterfirmen übernommen. Die Gewerkschaft wertet dies als Flucht aus dem Haustarifvertrag und ist daher nach gescheiterten Verhandlungen in den unbefristeten Streik getreten.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)

Fremdvergabe und Tarifflucht – das sind also die Streitpunkte in diesem Konflikt. Dabei sind folgende Fakten zu berücksichtigen:

Erstens. Die Paketbranche ist hart umkämpft und zugleich streng reguliert durch die Bundesnetzagentur. Dadurch besteht nur geringer Spielraum in der Preisgestaltung. Da die Post die höchsten Paketpreise hat, muss sie ihre Personalkosten senken, um gegen die billigere Konkurrenz bestehen zu können.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum steigen eigentlich die Umsätze?)

Zweitens. Traditionell werden bei der Post die höchsten Löhne gezahlt. Im Durchschnitt sind es 17,72 Euro pro Stunde.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Davon kann man wenigstens leben!)

Bei Hermes, GLS und DPD gilt hingegen nur der Mindestlohn.

Drittens. Die Mitbewerber – auch das ist entscheidend – erledigen die gesamte Paketzustellung über Fremdvergabe, während die Deutsche Post 95 Prozent ihres Paketgeschäfts selbst verwirklicht.

Viertens. Im Vergleich zur Konkurrenz ist die Post auch der attraktivere Arbeitgeber, weil sie unbefristete Arbeitsverträge statt Zeitverträge anbietet.

Genauso ist aber auch die Post gefordert, ihre Mitarbeiter am guten Geschäft der letzten Jahre, vor allem bedingt durch den Internetboom, teilhaben zu lassen. Schließlich wurde im Bereich „Post – eCommerce – Parcel“ eine überdurchschnittliche Rendite von 8,3 Prozent erzielt. Von daher kann es nicht sein, dass die DHL-Beschäftigten je nach Region jährliche Verluste von 2 000 bis 5 700 Euro hinnehmen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Botschaft an die Deutsche Post lautet deshalb: Wer Marktanteile und Gewinne erhöht, muss auch die Mitarbeiter fair entlohnen und darf keine Zweiklassenbelegschaft schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Botschaft an Verdi lautet: Wer erst eine 36-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich fordert und dann wieder zu 38,5 Stunden zurückkehrt, verschenkt mit überzogenen Forderungen gute Argumente.

Noch etwas wird in diesem Konflikt deutlich: Tarifverhandlungen mit ehemaligen Staatsbetrieben wie Post, Bahn und Lufthansa sind immer mehr durch härtere Fronten geprägt. In diesem Fall sind bereits sechs Verhandlungsrunden gescheitert. Die langen Auseinandersetzungen schaden nicht nur den betroffenen Branchen, sondern unserer gesamten Wirtschaft. In meinem Wahlkreis haben mittelständische Unternehmen seit Wochen keine Post mehr erhalten.

(Zuruf von der LINKEN)

Am Freitag werden nun endlich die Gespräche wieder aufgenommen. Das ist sehr gut. Dafür gilt einmal mehr der altbewährte Ratschlag von Ludwig Erhard: Haltet Maß!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5343563
Wahlperiode 18
Sitzung 114
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde/ Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG
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