02.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 115 / Tagesordnungspunkt 8

Yvonne MagwasCDU/CSU - Wohngeldrecht und Wohnraumförderung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Debatte schließen wir die Novelle zum Wohngeldgesetz erfolgreich ab. Damit setzen wir ein weiteres Vorhaben des Koalitionsvertrages um. Das Leistungsniveau des Wohngeldes wird angehoben. Einkommensschwache Haushalte werden damit auch angesichts der zunehmenden regionalen Engpässe auf dem Wohnungsmarkt sowie der steigenden Mieten und Heizkosten schnell, wirkungsvoll und treffsicher entlastet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Insbesondere Bürger mit niedrigem Einkommen und niedrigen Renten sowie kurzfristig Arbeitslose profitieren von unserer Reform. Damit schaffen wir auch eine schnelle Verbesserung für diejenigen, die fortan wieder Wohngeld beziehen können oder einen höheren Wohngeldanspruch haben.

Ich denke, es ist uns gelungen, den ordentlichen Gesetzentwurf der Bundesregierung in den parlamentarischen Beratungen der letzten Wochen abzurunden. Sowohl die Anregungen des Bundesrates als auch die Erkenntnisse aus der Anhörung der Experten konnten aufgegriffen werden. Zusätzlich haben wir die Baustellen für die Zukunft in unserem Entschließungsantrag festgehalten. Damit nehmen wir auch die weitere Entwicklung im Wohngeldbereich in unser Blickfeld. Unsere wohnungspolitische Perspektive ist aber insgesamt weiter zu fassen.

Mit dem vor einem Jahr gegründeten Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen soll ein ganzes Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Lage auf dem Wohnungsmarkt erarbeitet werden. Nach nun zwölf Monaten warten wir mit Spannung auf den angekündigten Zwischenbericht. Sie kennen mein Credo: Bauen, bauen, bauen! Der Blick auf die Zahlen bestätigt es nämlich täglich: Wir sind noch weit weg von den Wohnungsbauzahlen, die für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt erforderlich sind. Die konkreten Vorschläge des Bündnisses müssen geeignet sein, genau diese Lücke zu schließen. Wer eine neue Wohnung braucht, sollte sie auch in einer vertretbaren Zeit finden können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein kleiner Vorgeschmack auf das Maßnahmenpaket ist hoffentlich das neue Förderprogramm für nachhaltiges Wohnen für Studierende und Auszubildende. Architektonische, bauliche und technische Innovationen sollen helfen, die Lage auf diesem Segment des Wohnungsmarktes zu verbessern. Gerade auch mit Blick auf den Zuzug von Studierenden und Auszubildenden ist dies dringend geboten. Mit insgesamt 120 Millionen Euro können viele Modellvorhaben gefördert werden, und das Problem kann mittelfristig gelöst werden.

Meine Damen und Herren, ich sage ganz bewusst: Wir brauchen insgesamt mehr Investitionen in den Wohnungsmarkt. Auch wollen wir uns nichts vormachen: Die öffentliche Hand oder die öffentlichen Unternehmen allein sind damit hoffnungslos überfordert. Wir brauchen also auch wirksame Anreize für zusätzliche private Investitionen in den Wohnungsmarkt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vor diesem Hintergrund warne ich vor der gegenwärtig vielerorts aufkommenden Stimmungsmache gegen private Vermieter oder die Wohnungswirtschaft im Allgemeinen. Sicher, es gibt vereinzelt schwarze Schafe,

(Ulli Nissen [SPD]: Leider viel zu viele!)

aber diese kritikwürdigen Einzelfälle rechtfertigen noch lange keine Verallgemeinerung und schon gar keinen gesetzgeberischen Aktionismus.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nun zurück zum Wohngeld. Das Wohngeld ist eines der wichtigsten Werkzeuge der sozialen Wohnungspolitik in Deutschland. Es hat sich bewährt und wird von den Bürgern als echte Hilfe geschätzt. Neben der Mietpreisbremse und dem angesprochenen Bündnis ist die Erhöhung des Wohngeldes ein weiterer wichtiger Schritt der Koalition, das Wohnen in Deutschland bezahlbar zu machen.

Bereits heute beziehen knapp 700 000 Haushalte einen Wohngeldzuschuss. Der Zuschuss entlastet sie bei der Miete oder den Aufwendungen für Wohneigentum. Das Wohngeld sorgt dafür, dass die bezugsberechtigten Haushalte trotz eines geringen Einkommens ihre Kostenbelastung durch die Miete deutlich senken können. Es hilft, steigende Mieten auszugleichen, ohne die gewohnte Umgebung durch Wegzug in günstigere Quartiere verlassen zu müssen. Damit schützen wir auch die Quartiere vor Gentrifizierung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wohngeld ist effizient und treffsicher. Es ist auf den individuellen Bedarf eines Haushaltes ausgerichtet. Auch regionale Faktoren wie das unterschiedliche Mietniveau werden berücksichtigt. Wegen der steigenden Mieten und Einkommen muss das Wohngeld in Abständen nachjustiert werden. Seit der Einführung des Gesetzes wurde es aus diesem Grund in der Vergangenheit mehrfach novelliert, zuletzt im Jahr 2009. Mit der diesjährigen Erhöhung werden künftig rund 870 000 Haushalte zusätzlich Wohngeldleistungen erhalten können. 90 000 Haushalte werden durch die Wohngeldreform künftig, statt Leistungen aus der Grundsicherung zu beziehen, wieder in den Wohngeldbezug wechseln.

Mit der Reform werden auch die Kommunen entlastet. Für sie macht es nämlich einen großen Unterschied, ob jemand Wohngeld oder Grundsicherung bezieht. Die Grundsicherung muss die Kommune stemmen, während das Wohngeld aus den Mitteln von Bund und Ländern finanziert wird. Wenn 90 000 Haushalte wieder Wohngeld statt Grundsicherung beantragen können, dann entlasten wir damit auch die Haushalte der Kommunen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wohngeld hat eine bessere strukturelle Anreizwirkung als die Grundsicherung. Höheres Einkommen bei Wohngeldbezug führt automatisch zu einem höheren Nettoeinkommen für den Haushalt. Wer ein zusätzliches Einkommen von 10 Euro bezieht, der verliert im Gegenzug nur circa 3 Euro Wohngeld. Damit setzt das Wohngeld bessere Anreize zur Einkommenssteigerung als das Grundsicherungssystem. Das, meine Damen und Herren, ist ein weiterer Grund, warum die uns heute vorliegende Novelle so wichtig ist.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat eine Anhörung von Sachverständigen zum Gesetzentwurf durchgeführt. Dort haben alle Sachverständigen unisono die Reform des Wohngeldgesetzes begrüßt. Natürlich haben wir mit den Experten auch darüber beraten, wie wir das Wohngeld auch in Zukunft leistungsfähig halten können. Wir werden gesetzlich verankern, dass das Wohngeld alle zwei Jahre überprüft wird.

(Ulli Nissen [SPD]: Das war schon ein harter Kampf!)

Das bleibt kein interner Prozess, meine Damen und Herren; vielmehr muss die Bundesregierung die Prüfergebnisse dem Deutschen Bundestag und damit der Öffentlichkeit vorlegen.

(Ulli Nissen [SPD]: Sehr gut!)

Die Prüfung betrifft die Höchstbeträge für Mieten, die Mietenstufen und die Höhe des Wohngeldes. Dabei ist der bundesdurchschnittlichen und der regionalen Entwicklung der Wohnkosten sowie der Veränderung der Einkommensverhältnisse und der Lebenshaltungskosten Rechnung zu tragen. Diese aufgezählten Bedarfsfaktoren verändern sich ständig und sind regional unterschiedlich. Wir wollen das Wohngeld in seiner Leistungsfähigkeit und Effizienz erhalten und einer jährlich abnehmenden Leistungswirkung sinnvoll begegnen. Ohne Anpassung würden wie bislang zahlreiche Haushalte durch Einkommenssteigerungen aus dem Wohngeldbezug herauswachsen. Andere Haushalte wechseln in die Grundsicherung oder Hartz IV. Der damit verbundene bürokratische Aufwand – sowohl für die Kommunen als auch für die Betroffenen – ist sinnlos und hilft niemandem.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir möchten eine präzise Überprüfung und eine möglichst umfassende Information über die Lage am Wohnungsmarkt. Die Berechnung des Wohngeldes bezieht, wie gesagt, viele unterschiedliche Einflüsse mit ein, zum Beispiel die Mietenhöhe, die Einkommensentwicklung und die regionalen Faktoren. Das sich daraus ergebende Bild fällt für Deutschland sehr heterogen aus. Für die Berechnung brauchen wir daher dringend einen fundierten Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung. Dafür wollen wir auch die Bundesländer mehr in die Verantwortung nehmen. Das macht Sinn; denn die Länder sind seit 2007 für Wohnungsbaumaßnahmen wie den sozialen Wohnungsbau oder, ganz neu, für die Ausweisung von Gebieten, in denen die Mietpreisbremse gilt, zuständig. Zentraler Bestandteil wird dabei sicherlich der freiwillige Bericht der Länder gegenüber dem Bund sein. In diesem Bericht wollen die Länder den Bund regelmäßig über die Wohnraumförderung und den Einsatz der Entflechtungsmittel zur Finanzierung von Maßnahmen des Wohnungsbaus informieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe unseren Entschließungsantrag bereits erwähnt. Wir wollen ergebnisoffen prüfen, ob es einen cleveren, einen intelligenten Mechanismus gibt, der das leidliche immer wiederkehrende Herauswachsen bzw. Herausfallen aus dem Wohngeldbezug und Hineinfallen in die Grundsicherung stoppt. Ich bin sehr optimistisch, dass wir den Drehtüreffekt gut in den Griff bekommen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Abschließend möchte ich allen Beteiligten herzlich für die wirklich sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit in den letzten Wochen danken.

(Ulli Nissen [SPD]: Kann ich zurückgeben!)

Sowohl die Führungs- und Fachebene des BMUB als auch die Länderministerien als auch die Mitglieder der Koalitionsfraktionen haben gute Arbeit geleistet. Dem Gesetzentwurf kann damit mit gutem Gewissen zugestimmt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Christian Kühn von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5349886
Wahlperiode 18
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Wohngeldrecht und Wohnraumförderung
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