Reiner MeierCDU/CSU - Suizidprävention
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder Suizid ist eine große Tragödie, eine, die jedes Jahr rund 10 000 Menschen in unserem Land betrifft. Wie viel Leid für Partner, Familie, Freunde aus einer Selbsttötung unmittelbar folgt, können wir nur erahnen. Die Motive sind höchst individuell; sie lassen sich nicht pauschal einordnen. Unerkannte Depressionen und Kurzschlusshandlungen oder jahrzehntelange Traumata können im Nachhinein oft nur vermutet werden. Es ist deshalb außerordentlich wichtig, dass wir versuchen, wenigstens jene Menschen zu erreichen, die von einer Selbsttötung noch abgebracht werden können.
Im Versorgungsstärkungsgesetz haben wir verankert, dass Patienten schneller einen Termin beim Psychotherapeuten bekommen. Dadurch erhalten die Betroffenen prompt die Hilfe, die sie brauchen. Ebenso verbessern wir durch den Auftrag zur Bedarfsplanung und die erweiterten Verordnungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten die flächendeckende Versorgung ganz erheblich. Aber auch die würdige Versorgung von Kranken am Lebensende hat für uns höchste Priorität. Deshalb schaffen wir mit dem Hospiz- und Palliativgesetz für unheilbar Kranke bessere Perspektiven für ein lebenswertes Leben. An dieser Stelle darf ich den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen für die konstruktiven Gespräche zu diesem Thema danken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zu dieser Debatte gehört aber auch, dass wir uns die Grenzen der Suizidprävention bewusst machen. Wir wissen, dass eine Selbsttötung oft auf einem ganzen Bündel von Faktoren beruht. Dem heute vorliegenden Antrag liegt aber die Auffassung zugrunde, wir könnten spontane Suizide durch punktuelle Maßnahmen zum Beispiel im Bau- oder Waffenrecht verhindern. Meine Damen und Herren, das glaube ich nicht. Wenn der Entschluss zur Selbsttötung erst einmal gereift ist, ist es reine Illusion, zu glauben, wir könnten alle potenziellen Mittel und Wege beseitigen.
In manchen Fällen, wie etwa beim Zugang zu Beruhigungs- und Schmerzmitteln, sind pauschale Verbote sogar außerordentlich problematisch. Vor drei Jahren hat die Bundesregierung die Apothekenbetriebsordnung und das Betäubungsmittelrecht novelliert. Damit können Ärzte schwerstkranken Patienten ihre Medikamente unbürokratisch überlassen. Für diese Patienten ist das eine wesentliche Entlastung und eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität. An dieser Stelle wieder einen Schritt zurück zu mehr Bürokratie zu gehen, halte ich ausdrücklich für falsch.
(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir auch ausdrücklich nicht!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten die heutige Debatte nicht führen, ohne an die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beratungseinrichtungen für Suizidprävention zu denken. Sie leisten täglich nicht nur eine höchst verantwortungsvolle, sondern auch eine persönlich schwierige und belastende Arbeit für ihre Mitmenschen. Dafür gebührt ihnen, glaube ich, der höchste Respekt dieses Hauses.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der vorliegende Antrag beleuchtet in der Tat ein schwieriges Thema. Erst heute früh haben wir uns eingehend mit den Fragen der Sterbehilfe auseinandergesetzt. Dabei wurde eines klar: Wir alle tun uns schwer, die Grenze zwischen Suizid und selbstbestimmtem Tod zu definieren. Für uns als Union ist das Leben der höchste Wert, und deshalb sollte auch stets ein lebenswertes Leben angestrebt werden. Dazu müssen wir den Menschen gute Perspektiven anbieten, wohl wissend, dass unsere Möglichkeiten, Suizide zu verhindern, leider immer begrenzt sein werden.
Der Antrag enthält einige gute Ansätze, etwa bei der psychotherapeutischen Versorgung oder bei der Sterbebegleitung. Vieles davon haben wir schon umgesetzt, anderes setzen wir gerade um. In seiner Summe wird der Antrag diesem komplexen Thema jedoch nicht gerecht.
Sicherlich werden sich einige Zuschauer von der heutigen Debatte besonders angesprochen fühlen. Ihnen möchte ich zurufen: Es gibt Hilfe! Bundesweit stehen Ihnen zahlreiche Beratungsstellen zur Verfügung. Sie erreichen die Telefonseelsorge sogar rund um die Uhr. Die Nummer lautet: 0800/1110111. Bitte nutzen Sie dieses Angebot!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Birgit Wöllert, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5350197 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 115 |
Tagesordnungspunkt | Suizidprävention |