Andrea LindholzCDU/CSU - Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht völlig außer Frage, dass wir Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten, Asyl in Deutschland gewähren und sie zügig und bestmöglich versorgen und integrieren.
Wir brauchen ein verlässliches Asylrecht, um wirklich schutzbedürftigen Flüchtlingen schnell helfen zu können. Aktuell werden allerdings bei zwei Dritteln aller Asylbewerber keine Schutzgründe festgestellt. Am 31. Dezember 2014 standen rund 154 000 ausreisepflichtige Personen im Ausländerzentralregister. Im gesamten Jahresverlauf 2014 wurden bundesweit nur knapp 11 000 Abschiebungen und circa 13 000 freiwillige Ausreisen verzeichnet. Diese Diskrepanz zeigt, dass unser Asylrecht nicht konsequent umgesetzt wurde.
Viele Menschen leben seit Jahren ohne gesicherten Aufenthaltsstatus bei uns. Der vorliegende Gesetzentwurf soll diese Schieflage im deutschen Asylrecht korrigieren. Ausländer, die schon lange ohne gesicherten Aufenthaltsstatus bei uns leben und sich nachweislich gut integriert haben, sollen nun ein gesichertes Bleiberecht erhalten. Das ist auch richtig so.
Gleichzeitig werden aber Ausweisungshindernisse beseitigt. Die veraltete dreistufige Kann-Soll-Muss-Regelung im Ausweisungsrecht wird abgeschafft. Künftig sollen Behörden und Verwaltungsgerichte in jedem Einzelfall zwischen individuellen Bleibeinteressen und öffentlichen Ausweisungsinteressen abwägen, die im Gesetzentwurf klar definiert wurden.
Mit den neuen Einreise- und Aufenthaltssperren soll Asylmissbrauch vorgebeugt werden. Personen, die mehrfach unbegründete Asylanträge gestellt haben, können für den gesamten Schengen-Raum gesperrt werden.
Unter den zehn Hauptherkunftsländern befinden sich seit Jahren fünf Balkanstaaten, obwohl die Asylbewerber aus diesen Ländern zu quasi 100 Prozent abgelehnt werden. Diese Menschen suchen – das geben sie in den Anhörungen im Wesentlichen so an – bei uns Arbeit. Das ist verständlich, aber für sie gibt es legale Wege, wie zum Beispiel die Einwanderung über einen der 70 Mangelberufe in Deutschland. Asyl – auch wenn das manch einer nicht hören will – dient dem Schutz vor Verfolgung und eben nicht der Anwerbung von Fachkräften und auch nicht der Bekämpfung von Armut.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Außerdem schließen wir eine Regelungslücke im deutschen Recht. Der BGH hat uns ausdrücklich angemahnt, dass es im deutschen Recht an klaren Kriterien für die sogenannte Dublin-Haft fehlt. Die Abschiebehaft steht künftig unter Richtervorbehalt. Entlang ganz klar definierter Indizien, die zusammen die Annahme von Fluchtgefahr begründen können, muss ein Richter diese in jedem Einzelfall prüfen und auch die Verhältnismäßigkeit der Haft feststellen. Es ist damit auch keine Verschärfung vorgenommen worden.
Tatsächlich Schutzbedürftige, vor allem Flüchtlinge aus Neuansiedlungsprogrammen und Jugendliche, werden aufenthaltsrechtlich deutlich besser gestellt. Wir schaffen einen neuen Aufenthaltstitel, um durch nachträgliche Bildungsmaßnahmen in Deutschland die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen zu erleichtern. Natürlich hilft die Klarstellung in § 60 a Aufenthaltsgesetz, lieber Herr Beck, dass die Betriebe in Zukunft Rechtssicherheit erhalten. Jugendliche, die vor dem 21. Lebensjahr eine Ausbildung begonnen haben, können sie definitiv in Deutschland abschließen, wenn die Länder entsprechende Regelungen umsetzen. Das werden sie auch tun.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es liegt weiterhin im Ermessen der Ausländerbehörde, die Duldung für eine Ausbildung erstmalig für ein Jahr zu erteilen. Wenn die Ausbildung ordnungsgemäß absolviert wird, muss die Duldung jedes Jahr verlängert werden. Wir schaffen damit deutschlandweit eine einheitliche Regelung.
In diesem Jahr werden insgesamt 450 000 Asylbewerber erwartet. Das entspricht einem Anstieg von über 1 600 Prozent innerhalb der letzten acht Jahre. Angesichts dieses gewaltigen Anstieges ist es für die öffentliche Akzeptanz unseres Asylsystems von entscheidender Bedeutung, dass wir neben einer verbesserten Bleiberechtsregelung, neben schnellerer und unbürokratischer Hilfe für Kriegsflüchtlinge und andere schutzberechtigte Asylbewerber auch dafür sorgen, dass die vielen aussichtslosen Asylbewerber von der illegalen Einreise abgehalten oder zügig zurückgeführt werden.
Wenn wir in diesen Tagen Kritik an unseren neuen Regelungen zu hören bekommen, wie auch heute hier, dann möchte ich den bisherigen UNHCR-Vertreter in Deutschland, den niederländischen Diplomaten Hans ten Feld, zitieren, der zu Recht eine europäische Asylpolitik angemahnt hat, uns aber gleichzeitig einen solidarischen und verantwortlichen Umgang mit Flüchtlingen bescheinigt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist zwar auch eine europäische Aufgabe. Aber er hat den Deutschen eines bescheinigt – das hat er wörtlich gesagt; dieses Zitat möchte ich zum Schluss bringen –:
– denn auch das wird oft nicht berücksichtigt –
Insofern stellt der heutige Gesetzentwurf, den wir zur Abstimmung stellen, einen weiteren Baustein im Rahmen unserer Gesamtschau der Asyl- und Entwicklungspolitik dar. Wir sind auf einem richtigen Weg. Ich bitte Sie heute um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich schließe die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5350778 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 115 |
Tagesordnungspunkt | Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung |