03.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 116 / Tagesordnungspunkt 32

Uli GrötschSPD - Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor ein paar Wochen habe ich an gleicher Stelle gesagt, dass ich fest davon überzeugt bin, dass wir das Bundesamt für Verfassungsschutz brauchen. Genauso deutlich habe ich gesagt, dass eine Reform dringend notwendig ist. Auch jetzt nach der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses, nach der öffentlichen Debatte der letzten Wochen und nach den Gesprächen mit zahlreichen Interessenvertretern hat sich an meiner Meinung nichts geändert.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten ja mal die Datenschutzbeauftragte kommen lassen können!)

Im Gegenteil: Die Bewertungen der meisten Sachverständigen haben uns gezeigt, dass das BfV nicht abgeschafft, sondern dass dessen Befugnisse und rechtliche Grundlagen an die neuen Herausforderungen angepasst werden müssen. Insbesondere die Ergebnisse aus dem NSU-Untersuchungsausschuss waren ausschlaggebend für diese Bewertung.

In einigen Punkten gab es natürlich auch Kritik am vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes. Ich glaube aber, dass wir diese Kritikpunkte gut in unseren Änderungsantrag integriert haben. Herr Kollege Ströbele, Sie haben es inzwischen sicher schon gefunden:

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee! Wir suchen noch!) – Gegenruf des Abg. Burkhard Lischka (SPD): Der will das nicht finden!)

Die von Ihnen angesprochene Kritik an § 23 des Gesetzentwurfs befindet sich auf Seite 4, zweiter Absatz des Änderungsantrags;

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber die Begründung! Lesen Sie doch mal im Gesetz nach! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zitieren Sie mal ganz genau!)

nach unserer Lesart jedenfalls.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nichts geändert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in intensiven Gesprächen mit den Kollegen unseres Koalitionspartners den Gesetzentwurf an einigen, meiner Meinung nach wesentlichen Punkten nachgebessert.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In § 23 ändert sich keine Zeile, nicht einmal ein Komma!)

Mir war dabei ganz besonders wichtig, dass der Einsatz und die Auswahl der vom BfV eingesetzten Vertrauensleute einer strikten Kontrolle unterliegen, und damit meine ich nicht die Kontrolle durch die Fachaufsicht, sondern ausdrücklich die parlamentarische Kontrolle. Als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums begrüße ich es ausdrücklich, dass die Bundesregierung in Zukunft eine gesetzliche Berichtspflicht gegenüber dem Gremium hat. Ich meine, das war längst überfällig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Abgeordnete nehmen unsere Aufgabe als parlamentarische Kontrolleure ernst. Wir erwarten eine entsprechende Kooperation vonseiten der Bundesregierung, wenn es darum geht, deutsche – und ich füge ganz bewusst hinzu – und europäische Interessen zu schützen.

Ich erhoffe mir und erwarte von der neuen Regelung zur Berichtspflicht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz zukünftig angehalten sind, bei der Auswahl der V-Leute noch genauer hinzuschauen. Außerdem gehe ich davon aus, dass sie vor allem auf die Qualität der Informationen achten werden und nicht eine Vielzahl von unverwertbaren Dokumenten, Bildern und Dateien sammeln, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Schließlich wissen sie nun, dass sie Rechenschaft vor dem Parlament ablegen müssen. Sie werden daher im eigenen Interesse die neu aufgestellten Kriterien zum Einsatz von V-Leuten einhalten.

Ich glaube auch, dass der Einsatz von V-Leuten in Zukunft wohl zurückgehen wird,

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, die sind so wichtig!)

ganz bestimmt nicht, weil dafür keine Notwendigkeit mehr besteht, sondern weil das Ermittlungsinstrument des Einsatzes von V-Personen nicht das Allheilmittel für die Aufklärung terroristischer Strukturen in Deutschland ist. Es ist nur ein Ermittlungsinstrument unter vielen, wenn auch ein höchst sensibles, weil die Sicherheitsbehörden mit Menschen zusammenarbeiten müssen, die unseren Staat im Grunde ablehnen. Das ist an sich schon schrecklich genug, aber ihr Einsatz ist aus den schon beschriebenen Gründen und Umständen wichtig und erforderlich.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe noch keinen Grund gehört!)

Was aus unserer Sicht aber auf keinen Fall stattfinden darf, ist die Zusammenarbeit mit Verbrechern. Dieser Gesetzentwurf regelt das. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass die Anwerbung von V-Personen, die sich des Mordes oder des Totschlags strafbar gemacht haben, künftig nicht mehr möglich ist. Hier haben wir eine ganz klare Grenze gezogen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte an dieser Stelle die gute Zusammenarbeit mit dem Bundesinnenministerium loben. Ich habe die Gespräche als konstruktiv und zielführend empfunden. Die Ankündigung von Bundesinnenminister de Maizière in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, dass er für Änderungsvorschläge offen ist, hat, wie ich finde, dazu geführt, dass wir ein wirklich gutes Ergebnis gefunden haben.

Was den NSU-Untersuchungsausschuss in der letzten Wahlperiode stark gemacht hat, das hat bei den Beratungen des heute zur Abstimmung stehenden Gesetzes auch die Mehrheit des Parlaments stark gemacht: der gemeinsame Wille, das gemeinsame Arbeiten an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses und jetzt der gemeinsame Weg hin zu einem Gesetz, das sich sehen lassen kann und dafür sorgen wird, dass die Missstände, die in der Vergangenheit vorgeherrscht haben, in der Zukunft nicht mehr möglich sein werden. Das ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber, und dieser Aufgabe sind wir mit diesem Gesetzentwurf gerecht geworden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch ich will, wie mein Vorredner, gegen Ende meiner Redezeit eine Lanze für das Bundesamt für Verfassungsschutz brechen: Es greift zu kurz, alle Verantwortung beim Bundesamt für Verfassungsschutz abzuladen und es sozusagen zur Strafe gleich abzuschaffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, in Ihren Anträgen fordern Sie genau das, meiner Meinung nach völlig zu Unrecht. Das BfV ist eine zentrale Säule in der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beschützt die Menschen in Deutschland vor den Gefahren einer Welt, die sich auch hinsichtlich terroristischer Bedrohungen so schnell und drastisch entwickelt, dass Außenstehenden leicht schwindelig werden kann. Was es meiner Meinung nach braucht, ist eine Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, eine Stärkung hinsichtlich der Personal- und der Sachausstattung. Dazu gehören natürlich der Wille und die feste Überzeugung von uns Parlamentariern, bei den nach der Sommerpause anstehenden Haushaltsberatungen dazu zu stehen, wenn es um die Stärkung des Bundesamtes geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sprechen nämlich nicht nur über den Bereich des Rechtsterrorismus, sondern wir sprechen über alle Bereiche, die unseren Staat und damit die Menschen in Deutschland bedrohen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum Schluss dieser Debatte erhält der Kollege Clemens Binninger für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5352997
Wahlperiode 18
Sitzung 116
Tagesordnungspunkt Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes
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