Dagmar SchmidtSPD - Rentenversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser allererstes Anliegen als SPD ist es, allen Menschen ein gesundes Arbeiten bis zum Regelrenteneintrittsalter zu ermöglichen. Das Problem ist ja nicht – das ist an vielen Stellen schon angesprochen worden –, länger arbeiten zu können. Es ist gesagt worden: Diese Möglichkeiten haben wir geschaffen. Das Problem ist doch eigentlich, dass viele Menschen es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht schaffen, Vollzeit bis zur Rente zu arbeiten.
Unser Rentensystem ist an verschiedenen Stellen reformbedürftig. Wichtige Reformen sind von uns bereits umgesetzt worden. Lasst mich einmal sagen: Wir regieren seit anderthalb Jahren. Zeigen Sie mir eine andere Bundesregierung, die so viel auf den Weg gebracht und in der Rente und darüber hinaus umgesetzt hat wie wir!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel Geld haben Sie ausgegeben! Das stimmt!)
Ich nenne die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren, die Mütterrente, die Verbesserung bei der Erwerbsminderung und bei der Reha.
Aber bei allen Reformen, eines wird das Rentensystem nicht leisten können, nämlich soziale Härten, Ungerechtigkeiten und Defizite, die im Erwerbsleben entstanden sind, vollständig auszugleichen oder zu korrigieren. Deswegen ist es eine wichtige sozialpolitische Aufgabe und ein notwendiger Beitrag zur Armutsbekämpfung, dafür zu sorgen, dass Menschen länger gesund bei gerechtem Lohn arbeiten können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gerade die flexiblen Übergänge dürfen nicht nur eine Möglichkeit für Besserverdienende sein. Es braucht Ordnung am Arbeitsmarkt und starke Tarifpartner, damit die Voraussetzungen für alle geschaffen werden können.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die gesetzlichen Rahmenbedingungen!)
Auch dafür haben wir in den letzten anderthalb Jahren schon einiges getan – wir haben aber auch noch einiges vor –: Genannt seien der Mindestlohn, die Öffnung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, die Vereinfachung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die Stärkung der Tarifpartner – die Regulierung von Werkverträgen und Leiharbeit liegt noch vor uns –, die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen, aber auch die Stärkung der sozialen und der Erziehungsberufe durch entsprechende Mittelerhöhung in der Pflegeversicherung und zusätzliche Mittel für Bildung und Betreuung für Länder und Kommunen. All das haben wir in den letzten anderthalb Jahren schon geschafft.
(Beifall bei der SPD)
Mit dem Präventionsgesetz haben wir die betriebliche Prävention gestärkt. Bei alledem, was wir auf den Weg gebracht haben, gilt es aber auch, sich die einzelne Erwerbsbiografie anzuschauen und passgenaue Unterstützung – über Prävention, Reha, Beratung, Fort- und Weiterbildung – zu gewährleisten, damit Gesundheit und Arbeitsplatz geschützt werden. Wenn man Neues und manchmal auch Großes vorhat, dann sollte dies wohlgeprüft, durchdacht und durchgerechnet werden. In manchen Koalitionen – vielleicht ist das ja in den Koalitionen auf Landesebene, an denen Sie von den Grünen beteiligt sind, anders – muss man über die Dinge auch noch diskutieren.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Ich möchte Ihnen eines unserer Vorhaben – das ist mein Lieblingsvorhaben – vorstellen: den Ü-45-Check-up, formerly known as Ü-50-Check-up.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Daran sehen Sie schon, dass es sich lohnt, über manche Dinge etwas länger nachzudenken. Denn bei genauem Hinsehen erkennt man, in welch großem Umfang bereits mit Mitte 40 Rehamaßnahmen, aber auch eine Erwerbsminderung stattfinden. Insbesondere betrifft das den Bereich der psychischen Probleme, der ja schon angesprochen worden ist. Deshalb haben wir unsere Idee des Check-ups fünf Jahre vorgezogen.
Um was geht es uns genau? Wir wollen mit dem Ü-45- Check-up einen wichtigen individuellen Baustein zur Gesundheitsprävention und zur Arbeitsplatzsicherheit etablieren. Es gibt viele Berufe und auch persönliche, gesundheitliche Situationen, bei denen man schon mit 45 weiß, dass man nicht mehr 20 Jahre wie bisher weiterarbeiten kann. Deswegen wollen wir vor allem den Menschen in kleinen und mittleren Betrieben, die es schwerer haben, Prävention und individuelle Gesundheitsförderung umzusetzen, und in denen es meistens keine Arbeitnehmervertretung gibt, die sich um einen verbesserten Gesundheitsschutz kümmert, rechtzeitig und früh ein individuelles Recht auf Prävention und Hilfe zukommen lassen.
(Beifall bei der SPD)
Im 46. Lebensjahr – jeder und jede soll darüber in einem persönlichen Anschreiben informiert werden – kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin einen berufsbezogenen Gesundheitscheck machen und sich im und mit dem Unternehmen beraten lassen, welche Maßnahmen am Arbeitsplatz selbst oder durch einen Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Betriebes, aber auch durch einen Berufs- und Arbeitsplatzwechsel insgesamt ergriffen werden sollten, um Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu sichern. Inklusive sind persönliche Beratung, auf Wunsch Beratung und Gespräch mit dem Betrieb, ein Profiling und, wenn notwendig, Fort- und Weiterbildung, finanziert über die Bundesagentur für Arbeit, und das alles unter Berücksichtigung der realen Situation des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin und der regionalen Arbeitsmarktlage.
„Arbeit ist der Umweg zu allen Genüssen“, sagte Willy Brandt. Gute Arbeit soll dazu beitragen, dass auch das Rentenalter genießbar wird. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, dass sie in den kommenden Wochen nicht nur im Wahlkreis arbeiten, sondern auch eine schöne, freie Urlaubszeit genießen können.
In diesem Sinne: Glück auf!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nach diesen guten Wünschen hat der Kollege Albert Stegemann für die CDU/CSU das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5355110 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Rentenversicherungsrecht |