03.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 116 / Tagesordnungspunkt 33

Karamba DiabySPD - Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das ist die Botschaft, die von dem Anerkennungsgesetz ausgeht.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was zu beweisen wäre!)

Das ist eine gute Willkommensbotschaft in Deutschland. Das stimmt.

Mit diesem Versprechen beendete ich meine Rede in der Debatte im Herbst 2014. Nun sind wir einige Schritte weiter. Wir beraten heute in erster Lesung die Novelle des Anerkennungsgesetzes, und es liegt ein ganz aktueller Evaluierungsbericht vor.

Ich möchte auf zwei Gesichtspunkte eingehen. Zum einen will ich die Erfolge benennen, und zum anderen will ich die Haltung der SPD für die Weiterentwicklung klarmachen. Wir sind mit dem Anerkennungsgesetz auf einem guten Weg. Ich mache das an folgenden Facetten fest: Es besteht ein Rechtsanspruch auf Antragstellung, unabhängig von einem Aufenthaltstitel und von der Staatsbürgerschaft. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit liegt bei 59 Tagen. Ich meine, das ist eine hervorragende Voraussetzung, damit das Gesetz seine volle Wirkung entfalten kann.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Gesetz bietet die Möglichkeit, den Antrag vom Ausland aus zu stellen oder zwecks Anerkennung nach Deutschland einzureisen. Das ist neu im Gesetz. Auch für Menschen ohne Zertifikate ist es möglich, beispielsweise mit dem Kompetenzfeststellungsverfahren ihre Qualifikation anerkennen zu lassen. Als SPD-Fraktion sagen wir aber deutlich, dass wir mehr Begleitmusik zum Anerkennungsgesetz brauchen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Anerkennungsgesetz ist im Jahr 2012 in Kraft getreten. Wir haben es also mit einem jungen Gesetz zu tun. Damals ging die Bundesregierung davon aus, dass bis zu 500 000 erwerbsfähige Personen in Deutschland durch das Gesetz erreicht werden. Seither wissen wir – die Zahl wurde schon genannt – von 26 000 Anträgen im Bund. Das sind gerade einmal 5 Prozent des Gesamtpotenzials. Übrigens sind die seither neu Eingewanderten und hierher Geflüchteten dabei nicht eingerechnet.

Ich bin der Meinung: Trotz aller bereits laufenden und guten Werbe- und Informationsportale brauchen wir noch mehr Engagement, damit die Botschaft vom Anerkennungsgesetz dort ankommt, wo sie gehört werden soll, nämlich bei den vielen Menschen mit ausländischen Qualifikationen und bei den Arbeitgebern, die nach Fachkräften suchen. Auch in meiner Region, in Halle an der Saale, suchen die Arbeitgeber Fachkräfte. Darauf werde ich immer wieder angesprochen, wenn ich auf Besuchen in Betrieben bin.

Unser Ziel muss sein, dass jeder Mensch entsprechend seiner Qualifikation arbeiten kann. Daher dürfen wir uns mit diesen Zahlen nicht zufriedengeben.

(Beifall bei der SPD)

Hier stellt sich meine Fraktion beispielsweise einen Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung vor, so wie er bereits in einigen Landesanerkennungsgesetzen verankert ist. Zum Beispiel weiß ich aus Hamburg und aus meinem Bundesland Sachsen-Anhalt, dass man dort mit dem Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung bereits positive Erfahrungen macht.

Nun komme ich zum zweiten Bereich. Die Frage der Finanzierungsangebote für Antragsteller treibt uns Sozialdemokraten um. Dies betrifft die Höhe der Verfahrenskosten und die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen sowie des Lebensunterhalts. Im aktuellen Evaluationsbericht heißt es nämlich – ich bitte meinen Koalitionspartner, genau zuzuhören; ich zitiere –:

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das ist ein tapferer Konjunktiv!)

Das steht also im Bericht. Für meine Fraktion gilt: Keine Person darf aus Angst vor den Kosten des Anerkennungsverfahrens zurückweichen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE] – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir schon bei! Überzeugen Sie mal die auf der rechten Seite!)

Gleichzeitig wissen wir, dass vom neuen ESF-Förderprogramm der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles 9 000 Personen profitieren können. Ich rufe noch einmal die Zahlen in Erinnerung: Von bis zu 500 000 Infragekommenden haben bislang nur 26 000 ein Anerkennungsverfahren durchlaufen. Ich meine, das ist zu wenig. Daher sehe ich das Bildungsministerium in Verantwortung. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, es reicht nicht, abzuwarten und sich die Frage zu stellen, ob es überhaupt Bedarf gibt. Ich denke, da müssen wir wirklich handeln.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Es gibt einen Bedarf. Da sprechen die Zahlen ihre eigene Sprache.

Wir als SPD-Fraktion wollen ein bedarfsorientiertes Einstiegsdarlehen zur Finanzierung des Lebensunterhalts und der Nachqualifizierungen. Dieses Darlehen soll die Regelungslücke schließen für diejenigen, die nicht vom ESF-Programm profitieren, und für diejenigen, die nicht im SGB-II- oder SGB-III-Bezug stehen. Die Finanzierungsfrage berührt uns also. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Anerkennungsverfahren darf nicht vom Geldbeutel der Antragsteller abhängen. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass es im Sinne der Bekämpfung des Fachkräftemangels volkswirtschaftlich vernünftig ist, hier ein Darlehensprogramm aufzulegen.

Nun komme ich zum dritten und letzten Aspekt – meine Zeit ist fast zu Ende –: Vorausgesagt ist ein Bedarf an Einwanderung aus Drittstaaten von 500 000 Personen jährlich; wir wissen aber, dass über die Bluecard nur 25 000 seit dem Jahr 2012 zu uns gekommen sind. Das ist viel zu wenig. Daher muss das Anerkennungsgesetz einen Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels leisten. Bei insgesamt etwa 600 Anträgen aus Drittstaaten ist da, wie ich finde, noch sehr viel Luft nach oben.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind, wie ich vorhin sagte, auf einem guten Weg. Das Anerkennungsgesetz ist gut. Aber wir wollen mehr.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Diaby, auch was die Einhaltung der Redezeit betrifft. Sie sind ja auch Schriftführer und wissen die Disziplin zu schätzen. Vielen Dank.

(Heiterkeit)

Jetzt kommt der Kollege Özcan Mutlu für Bündnis 90/Die Grünen.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Auch Schriftführer! Da werden wir mal sehen, wie er sich an die vorgegebene Redezeit hält!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5355223
Wahlperiode 18
Sitzung 116
Tagesordnungspunkt Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz
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