Thomas StritzlCDU/CSU - Private Kranken- und Pflegeversicherung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
(Mechthild Rawert [SPD]: Er hat eine App!)
– Nein, ein Handy.
(Heiterkeit)
Frau Zimmermann, ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie auch etwas zu dem Thema Ihres Fraktionsantrags sagen, wonach Sie die private Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen wollen. Das haben Sie in Ihrem Beitrag leider nicht erwähnt. Trotzdem haben Sie den Antrag gestellt. Es kann sein, dass das schlechte Gewissen einen gewissen Schatten vorauswirft.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Auf gar keinen Fall!)
– Doch; denn der Antrag auf Abschaffung der privaten Krankenversicherung als Vollversicherung, den Sie eingereicht haben, ist im Grunde zunächst einmal ein Evergreen aus roter Feder.
(Mechthild Rawert [SPD]: Richtig! Wir werden ihn auch wiederholen!)
– Genau. – Er macht deutlich, dass es die Linke trotz jahrelanger Agitation gegen das Bestehen der PKV immer noch nicht hinbekommen hat, selbst einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Ich muss sagen: Das finde ich erstaunlich. Sie fordern die Bundesregierung auf, Ihre Arbeit zu machen. Machen Sie die einmal selber.
(Beifall bei der CDU/CSU – Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Dafür ist sie doch da! Wir helfen auch gern dabei mit! Kein Problem!)
Warum machen Sie das nicht? Ich werfe Ihnen keine bewusste Untätigkeit vor, aber das ist Ausdruck dessen, dass Sie selbst nicht wissen, wie Sie das rechtlich einwandfrei hinbekommen.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Sagen Sie doch einmal inhaltlich etwas! – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wollen Sie das denn wissen?)
Das ist nämlich genau der Punkt. Es gibt seit Jahren schwerste – Ihnen bekannte – verfassungsrechtliche Bedenken. Jetzt sollen andere Ihren Job machen, damit Sie den Offenbarungseid nicht zu leisten brauchen. Das kommt mit uns nicht infrage.
(Beifall bei der CDU/CSU – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Wenn wir etwas schreiben, lehnen Sie es ab, selbst wenn wir schreiben: Die Sonne scheint!)
– Die Sonne scheint heute. Das hätten Sie hineinschreiben können. Dann wäre mehr Wahrheit in Ihrem Antrag gewesen als jetzt.
(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Den hätten Sie abgelehnt!)
– Den hätten wir nicht abgelehnt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist doch ganz einfach: Wenn die Sonne scheint und lacht, dann hat’s die CDU gemacht.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD – Lachen bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Erlauben Sie Zwischenbemerkungen von den restlichen Fraktionen hier im Haus?
(Mechthild Rawert [SPD]: Lieber nicht! Es brennt! Das geht auch ins Gehirn!)
Jederzeit. Das tut ja der Wahrheit keinen Abbruch.
(Zuruf des Abg. Dr. Edgar Franke [SPD])
– Das muss nun gerade ein Nordhesse sagen.
Wie gesagt, einerseits scheuen Sie den Arbeitsaufwand, selber einen rechtlich einwandfreien Gesetzentwurf zu erarbeiten. Sie haben natürlich auch nicht vor, zu sagen, welche Nebenwirkungen dieses rote Medikament wirklich hätte.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Medikament ist grün!)
Schauen wir uns doch einmal gemeinsam an, was auf den Beipackzetteln zur Patienteninformation stehen müsste, sollte es tatsächlich zugelassen und verordnet werden. Was wären das für Warnhinweise?
Erstens: Verlust von bis zu 100 000 Arbeitsplätzen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für eine Rede?)
– Frau Klein-Schmeink, Sie können doch die Gelegenheit nutzen und sich einmal die Stellungnahmen von Verdi anschauen oder aber auch lesen, was die Hans- Böckler-Stiftung dazu schreibt; dann werden Sie diese Zahlen wiederfinden.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selber Denken hilft auch!)
Sie kommen ja nicht von mir. Dass Sie sich meinen Rat nicht zumuten wollen – bitte! Aber den Rat von unabhängigen Experten sollten Sie vielleicht in Betracht ziehen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Leute können wir gut an anderer Stelle gebrauchen!)
Zweitens: Milliardenverluste bei den Ärztehonoraren.
Drittens: negative volkswirtschaftliche Effekte, und zwar nur negative volkswirtschaftliche Effekte. Das sagt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung. Wenn man ferner Herrn Montgomery, der ganz bestimmt nicht jahrelang unserer Partei angehört hat, glauben dürfte, dann ist es eine Mogelpackung mit Turbolader für eine Zweiklassenmedizin.
(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der will selbst Privathonorare nehmen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der Deutsche Facharztverband befürchtet eine überbordende Zweiklassenmedizin, getrieben durch den Mix von Einheitsversicherung auf der einen Seite und teuren Zusatzversicherungen auf der anderen Seite. Genau so wollen Sie es von der Linken ja auch; denn es heißt in Ihrem Antrag – Zitat –:
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kennt die sich auch am besten aus!)
Eine Aufforderung, ein Wollen der besonderen Art, wenn ich es einmal so sagen darf. Einerseits würde die Umsetzung dieses Vorschlags die Gefahr bergen, der Treiber einer Zweiklassenmedizin zu werden. Andererseits ist die Forderung der Linken so gewählt, dass man berechtigte Zweifel haben muss, was eigentlich wirklich gewollt ist. Denn wird es überhaupt einen Versicherungsmarkt für medizinisch nicht notwendige Leistungen geben können? Wer bestimmt berechenbar und belastbar, was medizinisch nicht notwendig ist?
(Zuruf von der LINKEN – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kennen sich mit der GKV aber schlecht aus, Herr Stritzl!)
– Na ja, ich schaue mir das ja an bei den Linken. – Ja, Frau Klein-Schmeink, gerne. Wissen Sie, dass die private Krankenversicherung im Wesentlichen die Heilpraktiker bezahlt, nicht die gesetzliche? Halten Sie das nun für medizinisch notwendig oder nicht? Sagen Sie es. Sie haben ja gleich die Chance dazu. Nur das Ausweichen ins Konkrete hilft da weiter.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir arbeiten daran und haben die Forderung, dass das evidenzbasiert sein muss!)
Viertens: Auf welcher Rechtsgrundlage und auf welchem Gesellschafts- bzw. Menschenbild fußt eigentlich die Anmutung, selbstbestimmt lebenden Bürgerinnen und Bürgern vorzuschreiben, was sie an Risiko wo versichern wollen?
(Beifall bei der CDU/CSU – Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Kommen Sie einmal zur Sache! Das ist unerträglich!)
Was ist das für ein Menschenbild? Was wollen Sie als Linke also wirklich? Nutzen Sie heute die Gelegenheit, den Menschen in diesem Lande reinen Wein einzuschenken, zumal Sie noch einen Fraktionsvorsitzenden haben, der zumindest in seinen öffentlichen Reden immer von der Wahrheit schwärmt.
Unter II. d) des Antrags der Linken steht ferner – Zitat –:
Dies ist eine Passage, welche man den betreffenden Betriebsräten zunächst einmal zur Lektüre anempfehlen sollte. Offensichtlich weiß auch die Linke, dass mit ihrer Initiative für die Abschaffung des dualen Systems Arbeitsplätze in erheblichem Umfang und auf allen Ebenen zerstört würden. Die bis zu 100 000 Arbeitsplätze – diese Zahl beruht auf wissenschaftlich erhobenen Daten –, welche gemäß der Linken in die GKV-Obhut zu überführen wären, würden für das System der gesetzlichen Krankenversicherung, welches sich bekanntlich um Bürokratieabbau und sozialverträglichen Personalabbau bemüht, eine milliardenschwere zusätzliche jährliche Last bedeuten. Die Antragsteller dürften wissen, dass die GKV dies nicht wird leisten können. Die Übernahmegarantie der Linken für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der PKV ist also bestenfalls sogenannte weiße Salbe, in jedem Fall jedoch, aus meiner Sicht, eine Verhöhnung der berechtigten Existenzsorgen der Beschäftigten und ihrer Familien.
(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Als ob Sie sich dafür einsetzen!)
– Wir müssen uns ja dafür einsetzen, weil Sie sie ja bedrohen.
Wozu das alles? Wenn es zutreffend ist, dass bei den Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion das politische Interesse die Wahrnehmung steuert,
(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Bei Ihnen nicht, nein?)
dann haben Sie selbst die Antwort auf die berechtigte Frage „Wozu dies alles?“, in Ihrem Antrag gegeben:
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Genau so ist es!)
Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ich bin, ehrlich gesagt, etwas zusammengezuckt, als ich dieses Wording las. Ich hatte gehofft, wir wären gemeinsam ein Stück weiter.
Auch wenn Sie uns die Sonne schenken: Kommen Sie zum Schluss!
Frau Präsidentin, selbstverständlich folge ich Ihrem Rat, muss meine Rede dann abkürzen.
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist mehr als ein Rat.
Lassen Sie mich im Ergebnis sagen: Ein System der dualen Krankenversicherung, das sich national und international bewährt hat, das das leistungsfähigste im internationalen Vergleich ist, soweit wir es wissen – –
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Das ist international aber nicht gut unterwegs! Gucken Sie sich das mal in den skandinavischen Ländern an!)
– Gucken Sie mal in die skandinavischen Länder! Wenn Sie gute Verbindungen zur Provinzialverwaltung in Schweden haben, dann bekommen Sie dort vielleicht eine Operation. Das ist die dortige Genehmigungssituation.
Die Versorgungsvielfalt, die Versorgungssicherheit, die Versorgungsqualität sind im dualen System herausragend. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen stützt dieses System.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie können von uns nicht verlangen, dass wir diesen guten Weg verlassen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Danke, Herr Stritzl. – Nächste Rednerin: Elisabeth Scharfenberg für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5355498 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Private Kranken- und Pflegeversicherung |