17.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 117 / Tagesordnungspunkt 1

Axel SchäferSPD - Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um drei Dinge: um das gemeinsame Europa, um das Mitgliedsland Griechenland und um das Mitgliedsland Deutschland.

Erstens. Das gemeinsame Europa, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist an diesem Wochenende Gott sei Dank eben nicht zerbrochen; denn diejenigen, die die zentrale Verantwortung haben, haben für den Zusammenhalt gesorgt. Diese zentrale Verantwortung tragen auf der einen Seite die Repräsentanten der Institutionen – der Präsident der Kommission, Juncker, der Präsident des Rates, Tusk, der Präsident der Euro-Zone, Dijsselbloem, und der Präsident des Europäischen Parlaments, Schulz –, und auf der anderen Seite die deutsch-französischen Beziehungen, also die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident. Diese Konstellation hat einen Kompromiss und einen einstimmigen Beschluss ermöglicht. Diese europäische Konstellation, bestehend aus drei Sozialdemokraten und drei Christdemokraten, trägt die Verantwortung. Auch die Koalition in diesem Haus muss die gemeinsame Verantwortung wahrnehmen.

(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])

Ich sage das bewusst, weil nicht alle in diesem Haus dafür waren, dass Jeroen Dijsselbloem weiterhin Präsident der Euro-Gruppe bleibt. Herzliche Gratulation zu seiner Wiederwahl.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Zu Griechenland. Ja, die Probleme sind vielschichtig und widersprüchlich. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, vieles ist leider auch schrecklich grau. Aber eines ist klar: Die griechische Regierung trägt eine besondere Verantwortung. Es hilft den Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei überhaupt nicht, dies in Abrede zu stellen, dies zu leugnen. Vielmehr geht es darum, dass eine linke Partei, die Verantwortung hat, auch Verantwortung übernimmt. Heute geht es hier wie auch in Athen um eine ganz simple Frage: Stimmen die Parlamente mit Ja – es kann also verhandelt werden – oder sagt ein Parlament Nein? Wenn das alle tun, dann hätte das zur Folge, dass Europa am Ende ist. Heute geht es darum, dies zu verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, wir unterstützen Alexis Tsipras bei seinen Bemühungen, die er in Brüssel zugesagt hat. Wir sagen auch: Hüte dich vor falschen Freunden, es sind deine wahren Gegner. – Es ist schon ein Problem, wenn bei der Rede des griechischen Ministerpräsidenten im Europäischen Parlament nicht nur Linke – das ist okay –, sondern auch diejenigen, die Europa zerstören wollen, wie Le Pen und UKIP – und das sind auch Ihre Gegner –, frenetisch Beifall spenden. Auch hier in diesem Haus müssen die Zerstörer Europas zurückgewiesen werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Drittens. Zur Situation hier in Deutschland. Ja, wir führen eine schwierige Debatte, sowohl innerhalb der Parteien als auch mit unseren Wählerinnen und Wählern. Das ist bei den Grünen, der Linkspartei, der Union und der SPD fast gleich. Aber es gibt einen Unterschied, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei: Unter Ihren Wählerinnen und Wählern gibt es eine große Mehrheit, die für ein Ja plädiert, aber Sie hier im Bundestag wollen mit Nein stimmen. Das ist eine hochinteressante Unterscheidung. So viel zu den Interessen der Wählerinnen und Wähler.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eines ist mittlerweile ein Problem geworden – ich will das hier einmal hart aussprechen –: Wir haben in Deutschland einen sich entwickelnden neuen Nationalismus. Wenn ich das sage, hat das nichts mit Knobelbechern, Krieg oder sonst etwas zu tun. Es geht um eine Diskussion über ein „Europa unter Vorbehalt“, um ein Europa unter Vorbehalt all dessen, was man dagegen einwenden kann. Europa unter Vorbehalt: Darum geht es auch in einer Begründung des Bundesverfassungsgerichts, in der 56 Mal von nationaler Souveränität gesprochen wird, während in unserer Verfassung steht, dass wir Deutsche gleichberechtigt in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen wollen. Das ist der Impetus unserer Verfassung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eines finde ich besonders problematisch – da sollten wir alle in diesem Haus wirklich widersprechen –: Es kann nicht sein, dass uns ganz bestimmte Medien, deren Freiheit uns ganz wichtig ist – deshalb nehmen wir uns auch die Freiheit, zu widersprechen –, der Bundeskanzlerin in großen Überschriften diktieren wollen, wie sie sich zu verhalten hat. „ Frau Merkel, Sie müssen …“, stand in der Bild-Zeitung. „ Frau Merkel, Grexit“, stand in der Bild-Zeitung. An dieser Stelle möchte ich deutlich widersprechen. Das liegt in der Verantwortung des Parlaments, und es ist Aufgabe der Regierung, zu handeln. Wir lassen uns von populistischen Kampagnen nicht zu einer Form des neuen Nationalismus drängen. Wir wollen dieses gemeinsame Europa, und deshalb wollen wir auch ein Ja bei der heutigen Abstimmung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Fraktion.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5438531
Wahlperiode 18
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands
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