Manuel SarrazinDIE GRÜNEN - Regierungserklärung Stabilitätshilfe für Griechenland
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Merkel, ich habe einen Vorschlag für Sie: Wir haben ja gelernt, dass es vor dem Hintergrund des Problems in Ihrer Fraktion mit den 56 Kollegen, die nicht genau wissen, wie sie abstimmen sollen, für Sie eigentlich am besten wäre, wenn Griechenland eine Erfolgsgeschichte schriebe, wenn es jetzt bergauf ginge, wenn es Wachstum gäbe und man wieder sagen könnte: Es klappt doch und alles läuft.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat sie doch gesagt! – Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin: Ist doch klar!)
Dann würden vielleicht auch die 56 Kollegen zu der Einsicht kommen, dass man tatsächlich etwas für Griechenland tun sollte und der Grexit eine blöde Idee ist. Vielleicht ist bei dem Punkt dann sogar noch ein 57. Kollege dabei. Dazu sage ich gleich noch etwas.
Ich würde Ihnen vorschlagen: Geben Sie Griechenland mehr Möglichkeiten für Investitionen und wirklich essenzielle Schuldenerleichterungen im Oktober, um den positiven Weg von Herrn Tsipras, den er jetzt beschreiten kann, abzustützen und um Ihre eigene Regierung in diesem Land zu retten. Das wäre mein Vorschlag für Sie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben heute etwas Bemerkenswertes erlebt. Wenn man sich die Reden angehört hat, die heute gehalten wurden – von Herrn Schäuble, von Herrn Oppermann –, dann stellt man fest: Da fehlte eine Tonlage, die in den letzten Monaten so viel zwischen Deutschland und Griechenland kaputt gemacht hat. Wie kam das eigentlich? Herr Schäuble, Sie haben heute extrem rational den Inhalt dieses Pakets vorgetragen, der Licht und Schatten hat, der aber meiner Ansicht nach nicht so schlecht ist wie der Deal im Juli; ich glaube, das sehen Sie vielleicht anders.
(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das war kein Deal! Wir haben doch nur gesagt, wir nehmen Verhandlungen auf!)
Ich glaube, die Essenz Ihrer ruhigen und sachlichen Rede war, dass Sie sich mit Ihren Vorstellungen eines zeitweiligen Grexits nicht durchsetzen konnten. Das analysiert man auch in dem Punkt, dass Sie sich schwergetan haben. Warum haben Sie sich mit diesem Deal denn so schwergetan, wenn er offenkundig zumindest besser ist als die alten Programme? Weil Sie sich mit Ihren eigenen Vorstellungen, Griechenland herauszudrängen, bei diesem Deal nicht durchsetzen konnten, und das muss festgehalten werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben auch gesagt: Ein starkes Europa geht über Verlässlichkeit. – Wenn wir diesen Streit über den Grexit sozusagen einmal zur Seite packen und sagen, da haben die Grünen gegen Schäuble gewonnen – man kann es auch anders diskutieren: vielleicht Merkel gegen Schäuble oder so –, und wir Ihren Punkt aufgreifen, ein starkes Europa braucht Verlässlichkeit, dann stimme ich Ihnen zu,
(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Da sehe ich keinen roten Faden!)
möchte Ihnen aber sagen: Ich erwarte von dieser Bundesregierung Verlässlichkeit, dass das Thema Grexit damit jetzt auch vom Tisch ist, denn Griechenland braucht politische Stabilität. Da ist es auch unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das nicht wieder passiert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die letzten Wochen haben uns doch gezeigt, dass Europa anders agieren kann als in diesem Kampf nationaler Interessen,
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Dass Tsipras die Unsicherheit gebracht hat!)
die auf Gipfeln in einem großen Showdown aufeinanderkrachen und wo es dann Gewinner und Verlierer für die Debatten zu Hause braucht. Das zeigt, dass, wenn man Vertrauen in europäische Institutionen und in gemeinsame Verhandlungserfolge hat, man dann auch etwas erreichen kann, was die Menschen in verschiedenen Öffentlichkeiten nicht gegeneinander aufbringt. Deswegen müssen wir jetzt endlich die Frage der demokratischen Integration in Europa angehen und die Institutionen, die Europa zusammenführen können – wie das Europäische Parlament, die Europäische Kommission –, stärken, damit sie auch in solchen Krisenfragen mehr Einfluss haben und mehr zu konstruktiven, positiven, immer noch nicht perfekten, aber besseren Lösungen als vorher beitragen können.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort erhält nun der Kollege Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5631419 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 118 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung Stabilitätshilfe für Griechenland |