08.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 119 / Einzelplan 07

Roland ClausDIE LINKE - Justiz und Verbraucherschutz

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Maas, ich fasse Ihre Rede einmal kurz zusammen und komme zu dem Schluss: Biete viel Rechtsstaatlichkeit für relativ wenig Geld. – Das wäre die Chance für die Koalition zum Beifall gewesen. Relativ wenig Geld: Das stimmt in der Tat; denn die Steuerzahler kostet jeder Euro für das Ministerium von Heiko Maas nur 25 Cent. Das hängt mit den hohen Einnahmen dort zusammen.

Herr Bundesminister, Sie haben Anfang dieses Jahres zu einer denkwürdigen Begegnung eingeladen; so kann man Neujahrsempfänge auch bezeichnen. Als Hauptrednerin hatten Sie die Intendantin des Berliner Maxim-Gorki-Theaters Shermin Langhoff eingeladen. Frau Langhoff hat eine sehr bemerkenswerte Rede gehalten und dort gefragt – ich zitiere :

Sind die Unzumutbarkeiten ... des ... Zuwanderungs- und Einbürgerungsrechts mit unseren Idealen von Freiheit und demokratischer Teilhabe vereinbar? ... Wie lange wollen wir noch Migration aus nationalstaatlicher Perspektive betrachten, ohne die ... Schicksale der von Flucht betroffenen Menschen zum entscheidenden Faktor zu machen?

Ich glaube, sie hat die wichtigen und entscheidenden Fragen gestellt. Sie hat diese Fragen in Ihrem Hause, Herr Bundesminister, aber auch deshalb gestellt, weil sie Antworten von Ihnen, von uns will. Die Antworten stehen noch aus, und das, finde ich, darf nicht so bleiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb müssen wir sehr wohl über die neue Rolle von Justiz und Rechtspolitik in der Flüchtlingspolitik reden. Ja, wir erleben doch einerseits offene Arme, offene Herzen von zahlreichen Menschen, die Flüchtlingen in Not helfen, und andererseits wie noch nie zuvor öffentlich artikulierten Hass. So eine Polarisierung im Rechtsstaatsverständnis gab es seit vielen Jahren nicht mehr. Das meine ich mit dieser neuen Herausforderung an die Justiz auf allen Ebenen. Da haben wir es natürlich damit zu tun, dass in Deutschland die Justiz wegen fehlender radikaler Reformen vorwiegend an sich selbst erstickt. Ich finde, da kann auch das Bundesjustizministerium nicht stillhalten. Diese radikalen Reformen müssen endlich auf den Tisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Bundesminister, Sie haben sich an Facebook gewandt und auch zu Twitter Ihren Kommentar abgegeben. Das finden wir in Ordnung. Richtig ist: Wir alle wollen keine digitale Hasswelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber, Herr Minister, es geht nicht nur darum, den Mund zu spitzen, Sie müssen auch pfeifen, und zwar laut und mit Konsequenzen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Das macht er!)

– Die Konsequenzen sehe ich noch nicht.

Sie haben mit der CSU einen Koalitionspartner, der sich gegenwärtig dafür abfeiert, bei den Koalitionsverhandlungen das Prinzip „Sachleistungen statt Geldleistungen“ für Flüchtlinge durchgesetzt zu haben.

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das ist auch richtig so!)

Diese Entscheidung bedeutet eine Freiheitseinschränkung.

(Beifall bei der LINKEN)

Da muss ein Justizministerium einschreiten. Übrigens, die Weltmeister beim Prinzip „Sachleistungen statt Geldleistungen“ kommen aus Nordkorea.

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Haben Sie jetzt gerade Nordkorea mit Bayern verglichen? Das finde ich daneben!)

Herr Bundesminister, ich darf Sie zitieren, weil Sie in Ihrer Rede zu dem Thema nichts gesagt haben. Im Dezember 2014 haben Sie den Satz veröffentlicht: Vorratsdatenspeicherung lehne ich entschieden ab; sie verstößt gegen das Recht auf Privatheit und den Datenschutz. – Ich kann Ihnen natürlich nicht ersparen, an jenen denkwürdigen SPD-Konvent im Frühsommer dieses Jahres zu erinnern. Zuvor waren Sie von Ihrem Parteivorsitzenden öffentlich regelrecht genötigt worden, Ihre Position zu verändern. Dann kam es noch dicker. Sie sollten dem Konvent erklären, dass man jetzt zustimmen muss. Sie haben das gemacht, Herr Maas. Angesichts des knappen Ergebnisses habe ich mich gefragt: Hätte Maas vielleicht nur geschwiegen, wäre dann das Ergebnis ein anderes gewesen?

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir hatten im Sommer auch den Skandal um die Ermittlungen wegen – man höre und staune – Landesverrates gegen das Portal netzpolitik.org. Danach musste der Generalbundesanwalt gehen. Die Vorratsdatenspeicherung aber soll bleiben. Ich sage Ihnen: Die richtige Lehre aus diesem Skandal des Sommers wäre gewesen, jetzt auch die Vorratsdatenspeicherung zu beerdigen, Herr Bundesminister.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb sage ich Ihnen: Ehe Ihre von mir mit „viel Rechtstaatlichkeit für relativ wenig Geld“ kurz zusammengefasste Ansage haushaltspolitische Wahrheit wird, müssen Sie noch sehr viele Vorschläge der Opposition annehmen. Das Gute daran ist: Die Opposition will helfen. Die Opposition kann das auch, liebe Kollegen von der Koalition.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass wir alle eine lebendige Parlamentsdebatte wollen. Bundesminister Schäuble hat heute Morgen gesagt, die Spielräume im Haushalt seien jetzt erschöpft. Es hat nur noch gefehlt, dass er dann „Basta!“ gesagt hätte. Was heißt es denn, dass die Spielräume erschöpft sind? Das heißt doch nichts anderes, als dass Regierung und Parteivorsitzende entschieden haben, das Parlament solle abnicken und sich allenfalls vor der schwarzen Null verneigen. Dazu sagen wir: Mit uns nicht. Wir wollen eine lebendige Haushaltsdebatte. Diese werden wir auch haben.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die schwarze Null ist Ihnen unheimlich!)

Der Kollege Dr. Patrick Sensburg spricht jetzt für die CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5752402
Wahlperiode 18
Sitzung 119
Tagesordnungspunkt Justiz und Verbraucherschutz
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